Palaephatus

Palaephatus
Titelseite der Palaephatus-Ausgabe von J. H. F. Meineke, 1774

Palaiphatos ((Παλαιφατος) lat. Palaephatus) war vermutlich das Pseudonym eines griechischen Schriftstellers, der mit großer Wahrscheinlichkeit in der Zeit des Aristoteles (4. Jh. v. Chr.) lebte und uns nur durch ein einziges Werk bekannt ist: „Perì ápiston istorion“ (griech. = „Unglaubliche Geschichten“)

Seine „Unglaublichen Geschichten“ sind ein früher Versuch, für die alten Erzählungen über Götter, Helden und monströse Kreaturen der griechischen Mythologie vernünftige Erklärungen zu finden. Viele Historiker sind der Ansicht, dass das Werk ursprünglich als griechische Göttergeschichte in fünf Bänden in der zweiten Hälfte des 4. Jh. v. Chr. entstanden ist. Andere glauben, dass diese Erklärungen für griechische Legenden als Miniaturausgabe einer umfangreicheren Ausgabe in byzantinischer Zeit entstanden sei. Bis ins 19. Jahrhundert war es ein weit verbreitetes Unterrichtsbuch für alle Schüler, die griechisch lernten.

Suidas erwähnt das Werk als Arbeit eines Schriftstellers aus Ägypten oder Athen. Nach Suida selbst könnte der Autor von Paros oder Priene stammen. Der Verfasser könnte auch ein Zeitgenosse von Euhemeros (3. Jh. v. Chr.) gewesen sein. Sudias erwähnt zwei weitere Schreiber dieses Namens. Einen epischen Poeten aus Athen, der vor der Zeit des Homer lebte und einen Historiker aus Abydos, der ein enger Freund oder Schüler von Aristoteles war.

Palaiphatos erklärt, dass die traditionellen Erzählungen der griechischen Mythologie auf missverständlichen Überlieferungen beruhen. Für ihn sind sie eine Ansammlung von tatsächlichen historischen Ereignissen. Z. B. behauptet er, dass es weibliche Soldaten niemals gegeben hat. Die Amazonen waren in Wirklichkeit männliche, barbarische Soldaten, die mit ihren Haarbändern und glattrasierten Wangen, in ihren altertümlichen Röcken als Frauen angesehen wurden.

Interpretationen der griechischen Mythologie

Inhaltsangabe der Palaephatus-Ausgabe von J. H. F. Meineke, 1774

Die Mythologie war ein wichtiger und zentraler Bereich in der alten griechischen Gesellschaft, da sie verschiedene Rituale und bedeutende Aspekten der sozialen Existenz widerspiegelten.

Noch ist die Frage, wie weit die Menschen an diese Mythen glaubten, sehr schwer oder gar nicht zu beantworten. Sicher ist, dass Verwandlungsmythen schon in der Antike als erklärungsbedürftig galten. In hellenistischer Zeit waren sie nicht nur ein beliebtes Thema der Dichter. Manche Intellektuelle, wie eben der Schriftsteller Palaiphatos versuchten für die Mythen, die ihnen als ápista (griech. = unglaublich) erschienen, figurative, nicht literarische Beschreibungen zu finden.

Andere Denker wie der Philosoph Platon verstanden die Mythen als moralische Belehrungen, besonders diejenigen Teile, in denen Verbrechen durch die Gottheiten bestraft wurden.

Im zweiten Jahrhundert nach Christus beschrieb der griechische Reisende Pausanias die Mythen und den Kult der Plätze, die er besuchte, als immer noch lebendige Grundlage für religiösen Diskussionen und Verhaltensweisen der dortigen Bevölkerung.

Literatur

  • Lateinische Ausgaben:
    • J. F. Fischer, Palaephatus. Libellus de incredibilibus Graece, Leipzig, Langenheim 1772.
    • Benjamin Hederich listet in der Bibliographie seines „Gründlichen mythologischen Lexikons” als Werk des Palaephatus ein Buch mit dem lateinischen Titel De incredibilibus, gedruckt in einer Oktavausgabe, Frankfurt 1686 (HEDERICH, XL).
  • Deutsche Ausgaben:
    • Johann Heinrich Friedrich Meineke, Palaephatus von unglaublichen Begebenheiten, Quedlinburg bey Christoph August Reußner, 1774
    • Kai Brodersen, Die Wahrheit über die griechischen Mythen: Palaiphatos' Unglaubliche Geschichten, griechisch/deutsch, Stuttgart, Reclam, 2002. (Reclams Universal-Bibliothek; Band 18200)
  • Englische Ausgabe:
    • Jacob Stern, Palaephatus: On Unbelievable Tales, Wauconda: Bolchazy-Carducci Publishers, 1996.

Weblinks


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