Palais Paar (Wollzeile)

Palais Paar (Wollzeile)
Palais Paar, 1907
Zimmer aus dem Palais, heute im Metropolitan Museum of Art in New York

Das Palais Paar war ein Stadtpalais vom Anfang des 18. Jahrhunderts, das zu Ende der 1930er Jahre trotz massiver öffentlicher Proteste abgerissen wurde. Es befand sich in der Wollzeile 30 im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt.

Geschichte

Die Reichsgrafen und späteren Fürsten Paar hatten in der Wollzeile seit dem 16. Jahrhundert ihren Wiener Wohnsitz. Seit 1624 waren sie mit dem Obersten Hofpostmeisteramt für Österreich, Ungarn und Böhmen belehnt und standen somit in langjähriger Konkurrenz mit dem Hause Taxis. Mit der postdienstlichen Funktion (die auch nach der 1722 erfolgten Verstaatlichung des habsburgischen Postwesens aufrecht blieb), hatten die großen, prächtig geschmückten, zum Palais gehörigen Stallungen zu tun. Die Inneneinrichtung des Palais war bis nach dem Ersten Weltkrieg in dekorativem Rokoko gehalten. Die Familie Paar hatte am Habsburger Hof eine bedeutende Stellung inne, Graf Eduard Paar war beispielsweise langjähriger Generaladjutant von Kaiser Franz Joseph I. Im 19. Jahrhundert hielt sich die Familie Paar allerdings zumeist auf ihren Landschlössern in Böhmen auf und benutzte zuletzt auch während ihrer Wienbesuche nur mehr einen Teil der Appartements ihres Palais in der Wollzeile.

Damit war der Weg beschritten, der von der Unternutzung zur intensivierten Neuverwendung des attraktiv gelegenen Bauplatzes führen sollte. Eine Rolle spielte dabei, dass nach dem Ersten Weltkrieg seitens der sozialdemokratischen Gemeinde Wien zur Finanzierung der Wiener Gemeindebauten eine hohe Wohnbausteuer erhoben wurde, die als Luxusabgabe (auch auf Wohnraum) konzipiert war. Aus diesem Grund ließ Alois Paar die kostbaren Vertäfelungen abnehmen und nach Böhmen verbringen. Das Haus stand nun leer und war für Wohnzwecke unbrauchbar – ein Effekt ähnlich jenem der fatalen, von Kaiser Joseph II. eingeführten Dachsteuer, die zahllose Burgen zerstörte. Das Palais begann langsam zu verfallen. Es erhoben sich zwar zahlreiche Stimmen, die seine Erhaltung als Kulturdenkmal forderten, diese waren aber vergeblich. Im Jahre 1938 kam es zum schon lange drohenden Abriss.

Ein Zimmer aus dem Palais konnte rechtzeitig geborgen werden und befindet sich heute im Metropolitan Museum of Art in New York. Das Zimmer ist nach einem Entwurf des Architekten Isidore Canevale (1730-1786), der Holzschnitt von Johann Georg Leithner (1725-1785) hergerichtet. Die Wandtafeln sind aus bemaltem und vergoldetem Kiefernholz. Das Zimmer wurde aus finanziellen Mitteln von Mr. und Mrs. Charles Wrightsman erworben (Inventarnummer 63.229.1).

Literatur

  • Edgard Haider: Verlorenes Wien, Adelspaläste vergangener Tage. Wien 1984, ISBN 3-205-07220-0.
  • James Parker: Das blaue Zimmer aus dem Palais Paar in Wien. Eine Schenkung an das Metropolitan Museum of Art in New York. In: Alte und moderne Kunst 16, 1971, ISSN 0002-6565, S. 8-14.

Weblinks

 Commons: Palais Paar (Wollzeile) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
48.20777777777816.377777777778

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Wiener Palais — Die Liste der Palais in Wien umfasst sowohl bestehende als auch ehemalige, bereits abgerissene Palais in Wien. Ein großer Teil der Palais befindet sich im historischen Stadtkern Wien, der Inneren Stadt, etliche davon als Ringstraßenpalais entlang …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Palais in Wien — Die Liste der Palais in Wien umfasst sowohl bestehende als auch ehemalige, bereits abgerissene Palais in Wien. Ein großer Teil der Palais befindet sich im historischen Stadtkern Wiens, der Inneren Stadt, etliche davon als Ringstraßenpalais… …   Deutsch Wikipedia

  • Jacob Grimm — Jacob Grimm, ca. 1860 Jacob Ludwig Karl Grimm (auch: Carl; * 4. Januar 1785 in Hanau; † 20. September 1863 in Berlin) war ein deutscher Sprach und Literaturwissenschaftler sowie Jurist und gilt als Begründer der deutschen Philologie und Alter …   Deutsch Wikipedia

  • Joseph von Laßberg — Joseph Maria Christoph Freiherr von Laßberg (* 10. April 1770 in Donaueschingen; † 15. März 1855 in Meersburg) war ein deutscher Forstmann, Germanist und Schriftsteller …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”