Palästinensischer Legislativrat

Palästinensischer Legislativrat
Gebäude des Palästinensischen Legislativrates in Ramallah 2009
Gebäude des Palästinensischen Legislativrates in Ramallah 2011

Der Palästinensische Legislativrat (arabisch ‏المجلس التشريعي الفلسطيني‎, DMG Madjlis al-taschri'i al-Filasṭini) auch bekannt unter der englischen Bezeichnung Palestinian Legislative Council (PLC) ist das Parlament der palästinensischen Gebiete und der palästinensischen Autonomiebehörde. Der Legislativrat ist ein Einkammer-Parlament mit 132 Sitzen, die je zur Hälfte über eine Listenwahl und über eine komplizierte Mehrheitswahl mit jeweils mehreren Sitzen je Wahlkreis vergeben werden. Die letzte Wahl fand am 25. Januar 2006 statt. Die Legislaturperiode beträgt vier Jahre.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Legislativrat wurde erstmal am 20. Januar 1996 als Provisorium aufgrund des als Oslo II bekannten Abkommens zwischen Israel und den Palästinensern sowie des Wahlgesetzes von 1995 gewählt. Durch das reine Mehrheitswahlrecht waren alleine 55 der 88 gewählten Abgeordneten Mitglieder der Fatah-Partei Jassir Arafats. Der Legislativrat hatte anfangs keine kodifizierten Kompetenzen. Die erste Legislaturperiode sollte ursprünglich zum Ende einer Übergangsphase, spätestens 1999 enden. Arafat verzögerte Neuwahlen jedoch immer weiter, sodass erst nach seinem Tod ein neues Wahlgesetz beschlossen und Neuwahlen angesetzt werden konnten. Diese fanden Anfang 2006 statt.

Arafat verzögerte auch das bereits 1997 vorgelegte, sogenannte Basic Law, das die Gesetzgebungskompetenz und das Budgetrecht des Legislativrates festlegte, immer weiter. Es trat erst 2002 in Kraft. Auch der Premierminister und das Kabinett sind seit 2003 vom Vertrauen des Rates abhängig.

Bei den Wahlen 2006 gewann die Hamas gut 44 % der abgegebenen Stimmen und mit 74 von 132 Sitzen die absolute Mehrheit der Mandate.[1] Die Fatah konnte dagegen nur noch 45 Sitze erringen. Am 29. Juni 2006 wurden im Rahmen der „Operation Sommerregen“ zahlreiche Parlamentarier verhaftet. „Derzeit befinden sich noch neun Abgeordnete in israelischer Haft“, meldete das zum Christlichen Medienverbund KEP gehörende Israelnetz Ende Juni 2010.[2]

Sitz des Rates

Es gibt sowohl ein Versammlungs- und Bürogebäude im Westjordanland als auch im Gazastreifen. Bis zum Neubau des Gebäudes im Zentrum Ramallahs (Khalil al-Wazir st.) befand sich der Sitz in Al-Bireh nahe der Muqata (Madschlis st.). Das Gebäude in Gaza wurde inzwischen von Israel zerstört. Wegen der Reisebeschränkungen für die Abgeordneten fanden Sitzungen mit Videokonferenzschaltungen statt. Seit der Machtübernahme durch die Hamas im Gaza sind nur mehr die Sitzungen im Ramallah relevant.

Wahlrecht

Von den 132 Sitzen des Legislativrates werden je 66 in einem Grabenwahlsystem durch zwei voneinander unabhängige Verfahren bestimmt. Dabei stimmt jeder Wahlberechtigte mit zwei Stimmen ab, das heißt Stimmensplitting ist möglich. Die eine Hälfte der Mandate wird durch einfache Verhältniswahl mit einer 2 %-Sperrklausel vergeben. Die übrigen 66 Sitze werden durch Mehrheitswahl über 16 Wahlkreise vergeben. Jeder dieser Wahlkreise entsendet entsprechend seiner Bevölkerungsstärke ein bis neun Abgeordnete in den Legislativrat. Eine Besonderheit ist, dass in vier Wahlkreisen ein bzw. zwei Sitze für Kandidaten der christlichen Minderheit reserviert sind.

Die Wähler dürfen in jedem Wahlkreis maximal so vielen Kandidaten je eine Stimme geben, wie der Wahlkreise Abgeordnete entsenden darf. Gewählt sind die Kandidaten mit den jeweils meisten Stimmen.

Das Wahlgesetz von 2005 enthält in Artikel 5 zudem ein System einer Frauenquoten für die Wahlvorschläge. Damit wird bewirkt, dass mindestens jeder dritte bis fünfte über das Verhältniswahlverfahren gewählte Abgeordnete eine Frau sein muss.

Aktuelle Zusammensetzung

Die Wahlen von 2006 brachten folgende Zusammensetzung:

Partei Sitze
Hamas 76
Fatah 43
DFLP 3
Unabhängiges Palästina 2
Dritter Weg 2
Badil 2
Unabhängige 4

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Analyse von Wahlrecht und Wahlergebnis der Wahlen von 2006 auf Wahlrecht.de
  2. „Israel lässt Hamas-Führer frei“, Israelnetz, 21. Juni 2010.

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