- Panoptismus
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Panoptismus (vom griech. panoptes=„das alles Sehende“) ist ein von dem französischen Philosophen Michel Foucault eingeführter Begriff, der die zunehmenden Überwachungs- und Kontrollmechanismen und daraus resultierende soziale Konformität des Individuums in der Entwicklung der westlichen Gesellschaft seit dem 18. Jahrhundert beschreibt.
Der Begriff Panoptismus ist angelehnt an den architektonischen Entwurf eines perfekten Gefängnisses, des „Panopticons“, von Jeremy Bentham.
Inhaltsverzeichnis
Panoptismus als Machtphänomen
Nach Foucault setzte sich im 18. Jahrhundert mit dem „Erwachen eines Interesses am menschlichen Körper“ aufgrund der sich ändernden Produktionsverhältnisse hin zum Kapitalismus, ein effektiverer Mechanismus zur Kontrolle und Disziplinierung der Gesellschaft durch, als bisher über übliche repressive Machttechniken.
Diese „Mikrophysik der Macht“ ist getragen von einer Zwangsform, die die Bevölkerung zunehmend durch ein sich über alle Sphären der Gesellschaft spannendes Netz von Disziplinaranstalten (v. a. Schule, Militär, Krankenhaus) kontrolliert und reguliert, dem Panoptismus. Das Wirkungsprinzip des Panoptismus ist das Wissen um die ständige Möglichkeit der Beobachtung eines Überwachten durch seine Überwacher: "Derjenige, welcher der Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel der Macht und spielt sie gegen sich selber aus; er internalisiert das Machtverhältnis in welchem er gleichzeitig beide Rollen spielt, er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung."[1]
Unabhängig von einer tatsächlich stattfindenden Überwachung diszipliniert sich das unter potentieller Beobachtung stehende Individuum selbst, indem es sein Verhalten an die an es gestellten normativen Erwartungen anpasst. Über einen längeren Zeitraum führt dieser Mechanismus zu einer Verinnerlichung der erwarteten Normen, und somit von einem aus Sicht der Normaufsteller kostenintensiven Fremdzwang zu einem kostengünstigen Selbstzwang (Selbstdisziplinierung).
Benthams Panopticon
Als Rundbau konstruiert, mit den Zellen entlang der Außenmauer, mit Sichtfenstern allerdings nur nach innen auf den runden Hof, in dessen Mitte sich ein Wachturm befindet, sollte Benthams Panopticon die perfekte Überwachung der Häftlinge mit geringst möglichen Personalaufwand ermöglichen.
Eine konsequente Weiterentwicklung dieses Prinzips führt zu weiteren Überwachungsräumen in konzentrischen Kreisen, sodass die Überwacher selbst wiederum überwacht werden, und so die ihnen zugewiesene Aufgabe möglichst diszipliniert ausführen. Am Ende dieser Überlegungen steht ein Netz aus überwachten Überwachern, deren subjektive Freiheit immer schon durch die verinnerlichte Macht vermittels des Panoptismus teilweise vorgegeben, bzw. eingeschränkt ist.
Panoptismus als Analyse-Instrument
Die philosophisch-theoretischen Überlegungen zum Panoptismus können zur Analyse heutiger Machtstrukturen verwendet werden. Wichtig sind hierbei die Fragen:
- Wer oder was sind die Normsetzer, deren Normen mittels des panoptischen Prinzips verinnerlicht werden?
- Durch welche Instrumente, technischen Entwicklungen und deren (potentielle) praktische Anwendung werden heutzutage disziplinierende Zwänge ausgeübt? Stichworte hierbei sind beispielsweise Videoüberwachung, Telefonüberwachung, Rasterfahndung.
Literatur
- Foucault, Michel (1977): Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt am Main: Suhrkamp. ISBN 9783518387719
- Miran Bozovic (2000): An Utterly Dark Spot. Gaze and Body in Early Modern Philosophy, University of Michigan. ISBN 9780472111404
Siehe auch
- Pastoralmacht (Foucault), Submacht (Foucault)
- Informationelle Selbstbestimmung, Anonymität
- Postpanoptikum
Einzelnachweise
- ↑ Michel Foucault: Überwachen und Strafen – Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt/M. 1992, S. 260
Kategorien:- Philosophische Strömung
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