Papierspaltverfahren

Papierspaltverfahren

Das Papierspaltverfahren ist ein in den 60er Jahren vom Restaurator Günter Müller an der Universität Jena entwickeltes Verfahren mit dem (z. B. durch Tintenfraß) beschädigtes Papier restauriert werden kann. Das Papierspaltverfahren wird nur in schwerwiegenden Fällen angewandt, da es aufwändig (damit kostenintensiv) ist und das Original verändert wird.

Inhaltsverzeichnis

Das Verfahren

Das zu restaurierende Blatt Papier wird in ein spezielles Bad gelegt, damit es aufquillt und Schadstoffe aus dem Papier ausgewaschen werden. Dann werden Vorder- und Rückseite jeweils mit einem mit Gelatinekleber behaftetem Kaschierpapier (Trägerpapier) beklebt, wobei das Anpressen der Kaschierpapiere in einer hydraulischen Presse vorgenommen wird. Durch das Aufquellen des Blattes lässt sich dieses auseinander ziehen, und man spaltet so das Blatt in zwei Hälften. Nun wird dazwischen ein dünnes, säurefreies und gepuffertes Japanpapier (Kernblatt) unter Druck eingeklebt und so die beiden Originalpapierhälften wieder miteinander verbunden. Calciumcarbonat in der Kernblattverklebung wirkt als Puffer gegen zukünftig entstehende Säuren. Im letzten Schritt werden die Kaschierpapiere in einem Tauchbad mit Enzymen unter Auflösung des Gelatinekleberes wieder abgelöst. Die technologische Einschränkung des Verfahrens besteht in der nicht immer gleichmäßigen Aufspaltung von Originalblättern, was trotz sorgfältiger und exakter Verfahrensweisen in der großen Variantenvielfalt unzähliger Papiersorten begründet liegt. Jedes Papier besitzt, über seinen Querschnitt betrachtet, kein homogenes Fasergefüge und keine gleichmäßige Verteilung von Füllstoffen. Dieser innere Aufbau hat für die Kapillarstruktur und die gradiell verteilten Festigkeitseigenschaften im Blattquerschnitt eine hohe Bedeutung. Das trifft sowohl auf handgeschöpfte als auch auf maschinengefertigte Papiere in unterschiedlicher Spezifik zu. Wegen dieser unvermeidlichen und herstellungsbedingten Eigenschaft bezeichnen die Verarbeiter die beiden Seiten eines Papiers als Schön- und Siebseite. Folgerichtig beeinflussen diese Fragen die Technologie des Papierspaltverfahren in differenzierter Art und Weise.

Alternativ dazu können beim Papierspaltverfahren die Kaschierpapiere etwas angefeuchtet sein, so dass die Feuchtigkeit ins Kunstwerk eindringen kann und es nicht in ein Bad gelegt werden muss.

Geschichtliches

  • Die Papierspaltung ist schon im 1901 veröffentlichten "Bookbinding and the care of Book" von Douglas Cockerell erwähnt.
  • Bekannt ist diese Restaurierungsmethode vor allem durch die durch Tintenfraß in Mitleidenschaft gezogenen Notenhandschriften Johann Sebastian Bachs.

Literatur

  • Robert Schumann: Noten in Not. bild der wissenschaft 8/2000 S. 22-26
  • Douglas Cockerell: Der Bucheinband und die Pflege des Buches. Reprint der 2. deutschen Auflage, Leipzig 1925, ISBN 3-88746-382-X, Edition libri rari, Th. Schäfer, Hannover 1998 (allgemein über Buchrestaurierung)

Weblinks

Zur Papierspaltung:

Weiteres zum Thema Restaurierung:


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Druckertinte — Als Tinte (lat.: tincta [aqua] = gefärbtes Wasser) bezeichnet man eine intensiv gefärbte Flüssigkeit zur Verwendung in Federkielen, Pinseln oder Füllfederhaltern. Neben der manuellen Auftragung beim Schreiben, in der Kalligrafie und beim Zeichnen …   Deutsch Wikipedia

  • Farbstofftinte — Als Tinte (lat.: tincta [aqua] = gefärbtes Wasser) bezeichnet man eine intensiv gefärbte Flüssigkeit zur Verwendung in Federkielen, Pinseln oder Füllfederhaltern. Neben der manuellen Auftragung beim Schreiben, in der Kalligrafie und beim Zeichnen …   Deutsch Wikipedia

  • Massenentsäuerung — Unter Massenentsäuerung versteht man verschiedene Verfahren zur Entsäuerung größerer Mengen von Papier als Akten oder Büchern, um sie vor dem Papierzerfall zu retten. Die Säuren können durch Umwelteinflüsse aber auch herstellungsbedingt ins… …   Deutsch Wikipedia

  • Spalten — Spaltung oder Spalten bezeichnet: ein trennendes Fertigungsverfahren, siehe Spalten (Verfahren) einen Arbeitsgang der Lederherstellung, siehe Spaltleder das Trennen von Papieren in die zwei Oberflächen, siehe Papierspaltverfahren die Spaltung von …   Deutsch Wikipedia

  • Tinten — Als Tinte (lat.: tincta [aqua] = gefärbtes Wasser) bezeichnet man eine intensiv gefärbte Flüssigkeit zur Verwendung in Federkielen, Pinseln oder Füllfederhaltern. Neben der manuellen Auftragung beim Schreiben, in der Kalligrafie und beim Zeichnen …   Deutsch Wikipedia

  • Tintenfrass — Eisengallustinte Tintenfraß heißt die durch die getrocknete Schreibflüssigkeit (Tinte) entstehende Zersetzung des Beschreibstoffes (Papier). Notenblatt mit Tintenfrass Besonder …   Deutsch Wikipedia

  • Zentrum für Bucherhaltung — Die Zentrum für Bucherhaltung GmbH (ZFB) in Leipzig ging Anfang 1998 aus dem Zentrum für Bucherhaltung der Deutschen Bücherei als Ausgründung hervor, das als Restaurierungswerkstatt 1964 eingerichtet wurde. Restaurierungswerkstatt 1986 …   Deutsch Wikipedia

  • Archiv — Eingang zu den Archivkammern im Palast des Assurbanipals …   Deutsch Wikipedia

  • Papier — Stapel von Blattpapier Papier (von französisch papier, aus griechisch πάπυρος pápyros ‚Papyrusstaude‘) ist ein Material, das vorwiegend zum Beschreiben und Bedrucken verwendet wird und größtenteils aus …   Deutsch Wikipedia

  • Spaltung — oder Spalten bezeichnet: ein trennendes Fertigungsverfahren, siehe Spalten (Verfahren) einen Arbeitsgang der Lederherstellung, siehe Spaltleder das Trennen von Papieren in die zwei Oberflächen, siehe Papierspaltverfahren die Spaltung von… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”