Papiertüte

Papiertüte
Gewickelte und geklebte Spitztüte, Flachbeutel, Kreuzboden-Beutel, Klotzboden-Beutel

Tüten sind verformbare Transportbehälter aus Papier, Kunststoff oder anderen biegsamen Materialien zur Verpackung loser kleinerer Gegenstände und Pulver. Bis ins 20. Jahrhundert gehörten sie zu den wichtigsten Utensilien des Einzelhandels.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

praktische Anwendung eines Beutels

Das Wort leitet sich aus dem mittelniederdeutschen tute (für „Horn“) ab, was früher ausschließlich „Trichterförmiges“ bezeichnete (auch als Blasinstrument, vergleiche „ins gleiche Horn tuten“). In der Schweiz und in Österreich ist das Wort unüblich, man spricht dort von Sack, in Österreich von Sackerl.

Geschichte

Über den Ursprung der Tüte lassen sich nur Vermutungen anstellen, doch da sich Spitztüten ohne Werkzeug schon aus großen Blättern oder aus Häuten herstellen lassen, dürften sie zu den ältesten Behältern überhaupt gehören. Erste literarische Hinweise auf Tüten (für Gewürze) gibt es aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Seit etwa 1400 wird in Deutschland Papier hergestellt und die Papiertüte kommt in Gebrauch. Im Wörterbuch des Erasmus Alberus von 1550 wird der Begriff „Dott“ aufgenommen und 1555 findet sich in einer Streitschrift: „Wenn gleich die Heilige Schrift sonst nirgendts zu dienet, so ist sie doch darzu gutt, daß man aus den Blettern darauff sie geschrieben ist, Teutichen mache und Pfeffer oder andere Würtze darein thut.“ In dem Bild „Kinderspiele“ von Pieter Bruegel d. Ä. aus der gleichen Zeit ist eine Tüte aus bedrucktem Papier abgebildet. Die erste Fabrik zur Herstellung von Spitztüten aus Papier entstand 1853 in Allendorf. Rechteckige Tüten mit flachem Boden konnten erst seit der Konstruktion der Klotzbodenbeutelmaschine 1901 maschinell hergestellt werden. Seitdem 1908 das Zellglas (Markenname „Cellophan“) erfunden wurde, gab es neben Papiertüten auch erste durchsichtige.

20. Jahrhundert

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Waren des täglichen Bedarfs großenteils lose im Handel angeboten und die Händler zählten oder wogen die gewünschten Mengen ab, um sie individuell für den Kunden einzutüten. Heute werden praktisch alle Produkte schon vom Hersteller mehr oder weniger aufwändig verpackt und an Stelle der klassischen Tüte ist der beidseitig verschweißte Aufreißbeutel aus Kunststoff getreten, von wenigen Ausnahmen wie dem Kurzwarenhandel und dem Süßigkeitenverkauf an Kiosken abgesehen. In Imbisslokalen wurden bis in die 1970er Jahre Pommes frites noch in Spitztüten aus Pergamentpapier verkauft, ähnlich, wie es heute noch bei Fish and Chips in England üblich ist.

Anfang des 20. Jahrhunderts kam eine Sonderform der Tüte auf, die Tragetasche, eine große Klotzbodentüte aus starkem Papier mit Griffen, ein Einwegprodukt als Ersatz für Einkaufstasche oder -korb, das zugleich als Werbemittel diente. Ohne Griffe ist sie heute noch in den USA die übliche Verpackung für den täglichen Einkauf. In Europa wurde sie seit den 1950er Jahren weitgehend durch die Plastiktragetasche aus Polyethylen verdrängt (Marktanteil um 1970: rund zwei Drittel).

Ähnliche Behältnisse

Als Sack bezeichnet man gemeinhin größere Tüten oder Stoffbeutel, besonders für Schüttgüter (beispielsweise Mehl oder Holzkohle zum Grillen). Der Ausdruck Beutel kann als Oberbegriff und Synonym für Tüten und Säcke verwendet werden (etwa Müllbeutel). Auch kleinere Säcke, besonders aus Stoff oder Leder, werden gern als Beutel bezeichnet (etwa Geldbeutel).

Literatur

  • Heinz Schmidt-Bachem: Tüten, Beutel, Tragetaschen. Zur Geschichte der Papier, Pappe und Folien verarbeitenden Industrie in Deutschland. Münster 2001

Weblinks


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