Fish and Chips

Fish and Chips
Fish ’n’ Chips

Fish and Chips (kurz Fish ’n’ Chips) ist ein Gericht aus in Backteig frittiertem Fischfilet (Fish) und dicken frittierten Kartoffelstäbchen (chips). Sie gelten als inoffizielles Nationalgericht des Vereinigten Königreiches und sind bis heute ein fester Bestandteil der englischen und schottischen Küche und Esskultur, auch wenn sie in den letzten Jahren an Popularität verloren haben. Chips sind die britische Variante der Pommes frites, sind aber meist dicker als die in Deutschland üblichen Pommes frites und eher weich statt knusprig.

Inhaltsverzeichnis

Der Fisch

Auf der Liste der zur Zubereitung von Fish ’n’ Chips verwendeten Speisefische nimmt traditionell der Kabeljau (cod) den ersten Platz ein. Geeignet sind viele Fische mit weißem Muskelfleisch, wie zum Beispiel Schellfisch (haddock), Seelachs (pollock), Merlan (whiting) oder Scholle (plaice). In vielen Fish-’n’-Chips-Läden kann der Kunde aus mehreren Sorten auswählen.

Zur Herstellung des Bierteigs werden Mehl und ein wenig Backpulver unter Zugabe dunkelbraunen englischen Ales vermischt, bis der entstehende Teig eine etwas dickere Konsistenz als Pfannkuchenteig aufweist. Der ausgenommene und entgrätete Fisch wird sodann in zwei bis drei Zentimeter dicke Streifen geschnitten, die mit etwas Maisstärke bestäubt und anschließend in den vorbereiteten Bierteig getunkt werden. Bei 190 Grad Celsius wird der Fisch dann für etwa zwei Minuten in pflanzlichem Öl frittiert, bis er eine tief goldbraune Farbe angenommen hat, innen jedoch noch saftig ist.

Abgefallene Teigstückchen, die im Frittieröl schwimmen, werden manchmal und hauptsächlich gegen Ende des Tages als Beilage gereicht; in leichter Abwandlung des Originalnamens heißt die Mahlzeit dann Scraps ’n’ Chips, ist allerdings von eher zweifelhaftem Ruf.

In Irland ist eine Variante mit geräuchertem Kabeljau bekannt und gilt als lokale Spezialität.

Die Chips

Chips

Ausgangspunkt der Zubereitung original britischer Chips (Kurzform für chipped potato) sind Speisekartoffeln. Nach dem Schälen werden diese in etwa einen bis eineinhalb Zentimeter breite und acht Zentimeter lange Streifen geschnitten, die für kurze Zeit in kaltes Wasser gelegt werden, um überschüssige Kartoffelstärke zu entfernen. Nach dem Trocknen wird Öl oder Fett in einer tiefen Pfanne erhitzt, die Kartoffelstäbchen in einer Schicht auf dem Boden eines Gittersiebs angeordnet und sodann im heißen Fett frittiert. Die Idealtemperatur beim Frittieren liegt bei ca. 185 Grad Celsius. Fertig sind die Chips nach vier bis sechs Minuten, wenn sie eine tief goldgelbe Farbe angenommen haben und sich eine leicht krosse, aber auf Druck noch gut nachgebende Kruste gebildet hat – auf keinen Fall dürfen die Chips zu dunkel oder gar hart werden. Verzehrt werden echte Chips in Süd- und Mittelengland und Westschottland vorzugsweise mit Salz und Malzessig (salt ’n’ vinegar), in Nordengland und Ostschottland auch mit Salz und Brown sauce (salt ’n’ sauce).

Beilagen

Fish, chips und mushy peas

Gelegentliche Beilagen zu Fish ’n’ Chips sind ein Brei aus zerstampften Erbsen (mushy peas), eingelegte Zwiebeln, Essiggurken (gherkins) oder in Tomatensoße eingekochte Bohnen (baked beans). Typisch in Nordengland ist außerdem die Variante chips and gravy (Chips mit Bratensoße), die aber im Süden und in Schottland selten anzutreffen ist. Häufig wird dazu Tee getrunken, da Fish-and-Chips-Shops in Großbritannien üblicherweise keine Lizenz zum Ausschank alkoholischer Getränke besitzen.

Die Kultur

Fish & Chips Restaurant
Fish & Chips unterwegs

Fish ’n’ Chips werden nur selten zu Hause zubereitet. Dies liegt daran, dass Fish ’n’ Chips als „Streetfood“ gelten. Sie werden oft als Take-away verkauft, also zur Mitnahme für den Verzehr unterwegs oder zu Hause. Im Zuge der gentrification, der kulturellen Veredelung der Spezialität, führen mittlerweile auch Restaurants der gehobeneren Klasse das Gericht auf ihren Speisekarten. Ebenso ist es in vielen Pubs Bestandteil des am besten mit dem englischen Begriff Pubfood umschriebenen kulinarischen Angebots. Mit Harry Ramsden’s existiert sogar eine auf Fish ’n’ Chips spezialisierte Restaurant-Kette. Dennoch ist der traditionsgemäße Verzehr von Fish ’n’ Chips immer noch mit den in fast allen britischen Städten vorhandenen, spezialisierten und in der Regel in Familienbesitz befindlichen Fish ’n’ Chips-Läden verbunden. In diesen wird der morgens frisch auf dem Markt eingekaufte Fisch in unbedrucktem Papier serviert. Dies war nicht immer so: Traditionell wurden Fish ’n’ Chips in der Boulevardzeitung des Vortags gereicht – seit dem Einzug moderner Hygienevorschriften gehört dieser Brauch allerdings der Vergangenheit an.[1]

Traditionell wird Fish ’n’ Chips mit den Fingern gegessen. Allerdings haben auch hier moderne Sitten häufig die Tradition verdrängt, sodass heute fast immer kleine Holz- oder Plastikgabeln ausgehändigt werden.[1] Besonders beliebt sind Fish ’n’ Chips am Freitag und am Samstagabend – ursprünglich mag dies eine religiöse Bedeutung gehabt haben; heute steht der Verzehr vor allem mit der Kultur des Night-Clubbing im Zusammenhang: Fish ’n’ Chips dienen dann als stärkende Mahlzeit vor dem eigentlichen Beginn des Abends.

Geschichte

Der Ursprung von Fish ’n’ Chips liegt bis heute im Dunklen. Wahrscheinlich kam das Gericht aber auf getrennten Wegen ins Land: die Chips aus Frankreich und die Zubereitungsart des Fischs mit jüdischen Einwanderern. [2] Bekannt ist auf jeden Fall, dass Fish ’n’ Chips erst im 19. Jahrhundert zum Nationalgericht aufstiegen. Grundlage des Erfolgs waren kleine Familienbetriebe, die traditionell und oft unter lautstarkem Werben die verschiedensten Esswaren auf den Straßen Londons und der großen Industriestädte Nordenglands feilboten. Seit den ersten Anfängen seiner Besiedlung war London ein Zentrum des Fischhandels, im Norden war dagegen die Kartoffel als Grundnahrungsmittel weit verbreitet. Die ersten Chips waren jedoch keinesfalls wie heute Kartoffelstäbchen, sondern frittierte Brotstücke (fried bread).[3] Mit der Verknappung des Weizens trat aber schon bald die Kartoffel als Ersatz in Erscheinung.

Offiziell gilt der jüdische Emigrant Joseph Malin [4] als Gründer des ersten Ladens für Fish 'n' Chips im Londoner East End im Jahre 1860.[1] Doch die ersten Fish ’n’ Chips-Shops öffneten schon in den 1850er- und 1860er-Jahren in verschiedenen Londoner Stadtteilen [2] und 1863 in Oldham, Lancashire.[5] Sie wurden möglich durch die Expansion des Fischfangs weit in den Atlantik hinein und durch die Eisenbahn, die erstmals über Nacht frischen Fisch von den Küsten in die Hauptstadt brachte, und fügten sich dort nahtlos in die bestehende Kultur der Straßenstände und pastry shops ein. Nach amtlichen Schätzungen gab es 1910 bereits etwa 25.000 Läden im ganzen Königreich,[6] die sich ab dem Jahre 1913 in der National Federation of Fish Friers organisierten. In und nach dem Ersten Weltkrieg trugen Fish ’n’ Chips wesentlich zur politischen und sozialen Stabilität Großbritanniens bei, da sich auch die Mitglieder der britischen Arbeiterklasse das preisgünstige und nahrhafte Gericht leisten konnten und damit der schlimmste Hunger des vorigen Jahrhunderts besiegt war. So konnte die Fischfrittierervereinigung Northern Counties Federation of Fish Friers in der Nachkriegszeit mit Recht schreiben:

Fish 'n' chips-Laden in Shrewsbury, 2001

“We stood between the Government and grave discontent […] and, more than any other trade in the country, between the very poorest of our population and famine and revolt.[7]

„Wir standen zwischen der Regierung und schwerster Unzufriedenheit […] und mehr als jedes andere Gewerbe in diesem Land zwischen den Ärmsten der Armen und Hungersnot und Revolte.“

Doch nicht nur sozialer Rückhalt, sondern auch Unternehmergeist zeigte sich im Zusammenhang mit Fish ’n’ Chips: 1936 kam ein Anbieter in Keighley erstmalig auf die Idee, das Gericht vom Beiwagen seines Motorrades aus in die zu dieser Zeit neu entstehenden Arbeitersiedlungen zu liefern – der erste Fast-Food-Lieferservice war geboren.[8]

Fish ’n’ Chips in einem Pub in London, Variante mit Pommes Frites und Erbsen

Trotz aller durch den Krieg notwendigen Einschränkungen wurden selbst im Zweiten Weltkrieg Fish ’n’ Chips als gehaltvolle und billige Mahlzeit nicht durch das britische Ernährungsministerium rationiert [9] und dienten auch zur Versorgung der kämpfenden Truppe. Kriegsbedingt aus den Städten aufs Land evakuierte Bürger wurden durch spezielle Fish ’n’ Chips-Wagen versorgt.

Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts kam es in Großbritannien zu einem starken Popularitätsrückgang dieser traditionellen Spezialität: Kebab-Stände und Curryhäuser nahmen besonders in den Innenstädten mehr und mehr die Rolle der traditionellen Fish ’n’ Chips-Verkäufer ein.[10] Trotzdem werden in Großbritannien zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch jährlich 60.000 Tonnen Fisch und 500.000 Tonnen Kartoffeln zu Fish ’n’ Chips verarbeitet.[11] Allerdings werden heute auch Gerichte als Fish ’n’ Chips angeboten die teilweise von dem traditionellen Gericht abweichen so zum Beispiel mit Pommes Frites und ganzen Erbsen.

Fish ’n’ Chips aus San Diego

Heute hingegen findet das Gericht als Vorzeigeprodukt britischer Küche weltweit neue Anhänger. So existieren Fish ’n’ Chip-Shops nicht nur in Irland, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika und den USA, sondern auch in der Volksrepublik China und sogar in Oman. Eine besondere kulturelle Verbindung gibt es nach Italien: das toskanische Städtchen Barga feiert seine Verbundenheit mit Großbritannien jeden August mit dem Fest La Sagra Del Pesce e Patate – das Festival der Fish ’n’ Chips.[12]

Vergleichbare Gerichte

Ebenfalls aus Fisch im Backteig bestehende Gerichte sind etwa der deutsche Backfisch oder der niederländische Kibbeling. Da auch diese manchmal mit Pommes frites verzehrt werden, können sie als internationale Verwandte des Fish ’n’ Chips angesehen werden.

Literatur

  • John K. Walton: Fish and Chips and the British Working Class. Leicester University Press, Leicester 1992, ISBN 0-7185-1327-4. - Ausschnitte in Google Bücher.
  • Roddy Doyle: Fish & Chips. Übersetzt von Renate Orth-Guttmann. Krüger, Frankfurt 2001; S. Fischer, Frankfurt 2002, ISBN 978-3596153022. (Englische Originalausgabe: The Van (1991), erschienen in der The Barrytown Trilogy (1992): The Commitments / The Snapper / The Van).
  • Marc Petrou: Fish and chips. A national treasure. Book on Demand, 2010, Besprechung: [13]

Filme

  • Fisch & Chips. (OT: The Van.) Spielfilm, Irland, 1996, 96 Min., Regie: Stephen Frears, Sozialsatire.
  • 150 Jahre Fish 'n' Chips. Videoblog, Deutschland, 2010, 6:01 Min., Regie: Annette Dittert, Produktion: Tagesschau.de, Reihe: London calling, Erstsendung: 12. Juni 2010, Online-Video.
  • Fish 'n' Chips: das britische Nationalgericht feiert Geburtstag. Fernseh-Reportage, Deutschland, 2010, 5:00 Min., Regie: Sarah Judith Hofmann, Produktion: Deutsche Welle, Reihe: euromaxx highlights, Erstsendung: 31. Oktober 2010, Online-Video.

Weblinks

 Commons: Fish and Chips – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Josef Pömmerl: So britisch wie Tee und die Queen, Main-Echo, 13. Januar 2010.
  2. a b Walton, Fish and Chips and the British Working Class, 1992, S. 24, Online-Quelle.
  3. Exkurs in die englische Esskultur, Offährte Sprachreisen, abgerufen am 8. Dezember 2010.
  4. Jay Rayner: Enduring love, The Observer, 19. Januar 2003.
  5. Walton, Fish and Chips and the British Working Class, 1992, S. 25, Online-Quelle.
  6. Walton, Fish and Chips and the British Working Class, 1992, S. 15, Online-Quelle.
  7. Zitat der Northern Counties Federation of Fish Friers in: Walton, Fish and Chips and the British Working Class, 1992, S. 17, Fn. (Google Bücher).
  8. Walton, Fish and Chips and the British Working Class, 1992, S. 148, Online-Quelle.
  9. Walton, Fish and Chips and the British Working Class, 1992, S. 19f. Online-Quelle.
  10. Buying a Fish and Chip Shop, businessesforsale.com, 14. Juli 2006.
  11. Fish & Chips - The Nation's Favourite, sugarvine.com, March 2004, letzter Absatz.
  12. Glenys Casci: La Sagra Del Pesce e Patate, scotsitalian.com, abgerufen am 8. Dezember 2010.
  13. Businessman publishes fish and chip guide to Britain’s favourite take-away. In: Ely Standard, 23. September 2010; Bezugsquelle; Online-Video der Deutschen Welle, 31. Oktober 2010.


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