Papyrus 52

Papyrus 52
Manuskripte des Neuen Testaments
PapyriUnzialeMinuskelnLektionare
Papyrus \mathfrak{P}52
Text Johannes 18:31-33.37-38
Sprache griechisch
Datum c. 125
Gefunden Ägypten
Lagerort John Rylands Bibliothek
Quelle C. H. Roberts, "An Unpublished Fragment of the Fourth Gospel in the John Rylands Library" (Manchester, 1935)
Größe Fragment
Typ nicht ermittelbar
Kategorie I
John Rylands Library Papyrus P52, recto (Vorderseite)
John Rylands Library Papyrus P52, verso (Rückseite)

Der Papyrus 52, auch als das Johannesfragment bekannt, ist ein Fragment aus einem Papyruscodex mit den Maßen 9 x 6,4 cm. Es wird mit den Rylands Papyri in der John Rylands Library in Manchester aufbewahrt. Der griechische Text stammt aus dem Johannesevangelium. Die Vorderseite (recto) enthält Teile aus Joh 18,31-33 EU, die Rückseite (verso) aus Joh 18,37-38 EU.[1]

Obwohl Rylands \mathfrak{P}52 im allgemeinen als die früheste bekannte Aufzeichnung eines kanonischen Textes des Neuen Testaments akzeptiert wird, so herrscht unter den Forschern keineswegs Konsens über die Datierung des Papyrus. Der Stil der Schrift ist streng hadrianisch, was ein Datum zwischen 125 und 160 n. Chr. vermuten lässt. Eine Zeitbestimmung des Fragmentes allein auf den paläographischen Beweisen basierend erlaubt einen Zeitraum vor 100 n. Chr. bis nach 150 n. Chr.

Inhaltsverzeichnis

Griechischer Text

Der Papyrus ist auf beiden Seiten beschrieben. Die im folgenden fett gedruckten Buchstaben sind auf dem Papyrus \mathfrak{P}52 sichtbar.

Johannes 18,31-33 (recto)

„ΕΙΠΟΝ ΑΥΤΩ ΟΙ ΙΟΥΔΑΙΟΙ ΗΜΙΝ ΟΥΚ ΕΞΕΣΤΙΝ
ΑΠΟΚΤΕΙΝΑΙ OYΔΕΝΑ ΙΝΑ Ο ΛΟΓΟΣ ΤΟΥ ΙΗΣΟΥ
ΠΛΗΡΩΘΗ ΟΝ ΕΙΠΕΝ ΣΕΜΑΙΝΩΝ ΠΟΙΩ ΘΑΝΑΤΩ
ΗΜΕΛΛΕΝ ΑΠΟΘΝΕΣΚΕΙΝ ΕΙΣΗΛΘΕΝ ΟΥΝ ΠΑΛΙΝ
ΕΙΣ ΤΟ ΠΡΑΙΤΩΡΙΟΝ Ο ΠΙΛΑΤΟΣ ΚΑΙ ΕΦΩΝΗΣΕΝ
ΤΟΝ ΙΗΣΟΥΝ ΚΑΙ ΕΙΠΕΝ ΑΥΤΩ ΣΥ ΕΙ ΒΑΣΙΛΕΥΣ
ΤΩΝ ΙΟΥΔΑΙΩN“

„[…] sprachen zu ihm die Juden, "Uns ist erlaubt zu töten niemanden," damit das Wort Jesu sich erfüllen sollte, das er gesagt hatte, um anzuzeigen welche Art des Todes er sollte sterben. Er ging wieder in das Praetorium des Pilatus und rief Jesus und sprach zu ihm, "Bist du der König der Juden? […]“

Johannes 18,37-38 (verso)

„ΒΑΣΙΛΕΥΣ ΕΙΜΙ ΕΓΩ ΕΙΣ
ΤΟΥΤΟ ΓΕΓΕΝΝΗΜΑΙ ΚΑΙ (ΕΙΣ ΤΟΥΤΟ) ΕΛΗΛΥΘΑ ΕΙΣ ΤΟΝ
ΚΟΣΜΟΝ ΙΝΑ ΜΑΡΤΥΡΗΣΩ ΤΗ ΑΛΗΘΕΙΑ ΠΑΣ Ο ΩΝ
ΕΚ ΤΗΣ ΑΛΗΘΕIΑΣ ΑΚΟΥΕΙ ΜΟΥ ΤΗΣ ΦΩΝΗΣ
ΛΕΓΕΙ ΑΥΤΩ Ο ΠΙΛΑΤΟΣ ΤΙ ΕΣΤΙΝ ΑΛΗΘΕΙΑ
ΚΑΙ ΤΟΥΤΟ ΕΙΠΩΝ ΠΑΛΙΝ ΕΞΗΛΘΕΝ
ΠΡΟΣ ΤΟΥΣ ΙΟΥΔΑΙΟΥΣ ΚΑΙ ΛΕΓΕΙ ΑΥΤΟΙΣ
ΕΓΩ ΟΥΔΕΜΙΑΝ ΕΥΡΙΣΚΩ ΕΝ ΑΥΤΩ ΑΙΤΙΑΝ“

„[…] ich ein König bin. Ich bin dazu geboren worden und (dazu) bin ich gekommen in die Welt, damit ich Zeugnis ablege für die Wahrheit. Jeder, der ist auf der Seite der Wahrheit hört auf meine Stimme. Sprach zu ihm Pilatus, "Was ist Wahrheit?" und nachdem er dies gesagt hatte, ging er wieder hinaus zu den Juden und sprach zu ihnen: "Ich nicht finde bei ihm Schuld."“

Es scheint unzureichend Platz für die wiederholte Phrase (ΕΙΣ ΤΟΥΤΟ) in der zweiten Zeile der Rückseite zu sein, und es wurde vermutet, dass diese Worte versehentlich durch Haplographie ausgelassen wurden.

Die Schrift ist großzügig eingeteilt - die Buchstaben variieren zwischen 0,3 und 0,4 cm Höhe, die Zeilen sind ca. 0,5 cm voneinander entfernt und es gibt einen Rand von 2 cm an der Oberseite. C.H. Roberts kommentierte: "Nach den Abständen und der Textgröße zu urteilen ist es unwahrscheinlich anzunehmen, dass das Format durch Ökonomieüberlegungen beeinflusst wurde. Demnach wäre das Manuskript für das öffentliche Vorlesen gedacht gewesen. Wenn der Originaltext tatsächlich den gesamten Text des kanonischen Evangeliums nach Johannes enthielt, dann hätte es aus einem einzelnen zusammengefaltetem Buch mit etwa 130 Seiten (z. B. 33 gefalteten beidseitig beschriebenen Papyrusseiten) bestanden. Geschlossen hätte es etwa die Maße 21x20 cm gehabt. Roberts beschreibt die Handschrift als "schwer, geschwungen und eher kunstvoll", aber dennoch nicht die Arbeit eines "erfahrenen Schreibers" (z. B. kein professioneller Abschreiber).

Geschichte und Datierung

Das Fragment gehörte zu einer Gruppe von Dokumenten, die Bernard Grenfell 1920 auf einem Ägyptischen Markt erwarb. Wegen dieser Herkunft und der Tatsache, dass die ältesten neutestamentlichen Papyri vornehmlich aus Ägypten stammen, weil sie wegen der klimatischen Verhältnisse dort besser erhalten blieben, wird auch für diesen Text eine ägyptische Herkunft vermutet.[2] Die erste Transkription und Übersetzung wurde erst 1934 von Colin H. Roberts durchgeführt.[3] Roberts fand Vergleichshandschriften auf Papyrus, die damals auf den Zeitraum zwischen 50 und 150 u. Z. datiert wurden, wobei die größte Übereinstimmung mit einem hadrianischen Datum bestand. Da der Inhalt wahrscheinlich nicht vor 100 u. Z. geschrieben wurde,[4] schlug er ein Datum in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts vor. In den 70 Jahren seit Roberts' Essay haben sich die Datierungen seiner Vergleichshandschriften zu späteren Dekaden hin verschoben (wie die meisten undatierten antiken Papyri); doch wurden zwischenzeitlich auch andere Vergleichshandschriften entdeckt, deren wahrscheinliches Datum ebenfalls in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhundert liegt.

Die Bedeutung von \mathfrak{P}52 basiert sowohl auf seinem frühen Datum als auch seiner geographischen Entfernung vom angenommenen Ort der Urheberschaft des Textes in Palästina. Da weithin nicht damit gerechnet wird, dass es sich hier um das Original des Evangeliums handelt und eine gewisse Zeitspanne nötig erscheint, um das Werk nach Ägypten gelangen zu lassen, muss die Entstehung des Johannesevangeliums mindestens einige Jahre vor dem Datum von \mathfrak{P}52 liegen. Das Johannevangelium wird wahrscheinlich von Justin dem Märtyrer zitiert und ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit vor 160 n. Chr. geschrieben worden. Doch viele Forscher des Neuen Testaments verlegen das vermeintliche Datum von \mathfrak{P}52 noch weiter vor, sodass das Evangelium noch früher hätte geschrieben sein müssen - und tatsächlich nahe an das traditionell akzeptierte Datum von ca. 90 n. Chr. herankommt.

Textkritik

Trotz der geringen Größe von \mathfrak{P}52 ist eine plausible Rekonstruktion für die meisten der 14 Zeilen möglich. Weil sein Umfang gemessen am Gesamttext des Johannesevangeliums aber gering ist, wird das Fragment nur sehr selten als Zeugnis bei der Textkritik des Evangeliums herangezogen.[5] Einige Auseinandersetzungen gab es darüber, ob der Name ΙΗΣΟΥ(Ν) (Jesus) in den fehlenden Teilen von recto Zeile 2 und 5/6 ursprünglich als nomina sacra geschrieben und daher zu ΙΣ oder ΙΗΣ zusammengezogen erschienen sei. Dies stünde in Übereinstimmung mit der sonst üblichen Darstellungspraxis in den erhaltenen frühen Evangelienmanuskripten. Roberts meinte ursprünglich, dass der Name Jesu wahrscheinlich vollständig ausgeschrieben worden sei. Später jedoch änderte er seine Meinung und wurde darin auch von Larry. W. Hurtado unterstützt. C.M. Tuckett dagegen vertritt Roberts' ursprüngliche Ansicht.

Die in \mathfrak{P}52 enthaltenen Verse werden auch vom Bodmer Papyrus \mathfrak{P}66 bestätigt. Dieser wird üblicherweise auf den Beginn des 3. Jahrhunderts datiert. Doch aufgrund des geringen Umfangs des erhalten gebliebenen Textes von \mathfrak{P}52 hat es sich als unmöglich erwiesen, diesen zweifelsfrei dem gleichen pro-Alexandrinischen Texttyp zuzuordnen.

Einzelnachweise

  1. Kurt und Barbara Aland, Der Text des Neuen Testaments. Einführung in die wissenschaftlichen Ausgaben sowie in Theorie und Praxis der modernen Textkritik. Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 1989, S. 109. ISBN 3-438-06011-6
  2. Der Papyrus stammt über Umwege wahrscheinlich aus Oxyrhynchos; zur allgemein angenommenen ägyptischen Herkunft vgl. Ingo Broer, Einleitung in das Neue Testament, Band 1, Würzburg 2006, S. 206.
  3. Roberts, “An Unpublished Fragment of the Fourth Gospel in the John Rylands Library”, Bulletin of the John Rylands Library XX, 1936:45-55.
  4. Zur Datierung des Textes siehe Evangelium nach Johannes.
  5. Tuckett 2001:544; New Testaments Manuscripts: Papyri; "The oldest New Testament: P52".

Referenzen

  • Hurtado, Larry. W., 2003. "P52 (P.Rylands Gr 457) and the Nomina Sacra; Method and Probability." Tynedale Bulletin 54.1.
  • Nongbri, Brent, 2005. "The Use and Abuse of P52: Papyrological Pitfalls in the Dating of the Fourth Gospel." Harvard Theological Review 98:23-52.
  • Roberts, C.H., 1936. “An Unpublished Fragment of the Fourth Gospel in the John Rylands Library.” Bulletin of the John Rylands Library 20:45-55.
  • Schnelle, Udo, 1998. The History and Theology of the New Testament Writings.
  • Tuckett, Christopher M., 2001. "P52 and Nomina Sacra." New Testament Studies 47:544-48.

Weblinks


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