Peter-Pauls-Kirche Zingst

Peter-Pauls-Kirche Zingst
Zingster Kirche
Altarraum der Zingster Kirche

Die Peter-Pauls-Kirche Zingst ist eine neugotische evangelische Kirche in der Gemeinde Zingst auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, die 1860–1862 errichtet wurde. Sie ist ein Schlüsselbau preußischer neugotischer Architektur in Vorpommern und gilt als das wichtigste architektonische Denkmal in Zingst. Die Kirche ist Mittelpunkt des kirchlichen Lebens und ein für alle Besucher offener Ort im Ostseebad.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kirche gehört zu den jüngeren Kirchenbauten der Region. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstand der Ort Zingst durch Zusammenschluss der Ansiedlungen Pahlen, Hanshagen und Straminke, sowie des heute nicht mehr lokalisierbaren fürstlichen Hofes „Rothem Haus“ und anschließend wurde auch über einen Kirchenbau in Zingst nachgedacht. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Prerower Pfarrei für Zingst zuständig. Die Königlich-Preußische Regierung beschloss in den 1840er Jahren den Bau einer Kirche in Zingst. Vorausgegangen waren Bitten der Bewohner an die Regierung in Berlin. Die Pläne fertigte nach Vorarbeiten pommerscher Architekten der Geheimbaurat Friedrich August Stüler, ein Schüler von Karl Friedrich Schinkel. König Friedrich Wilhelm IV., der „Romantiker auf dem Throne“ genannt wurde, nahm laut Kirchenchronik persönlich auf die Pläne Einfluss.

Durch eine Schenkung des Bauern Schütt wurde der spätere Kirchplatz Eigentum der Kirchengemeinde und nach langjährigen Verhandlungen über die Finanzierung, denen zum Beispiel auch ein ursprünglich geplanter Turmbau zum Opfer fiel, übernahm der Kronprinz im Jahre 1860 das Baupatronat, die königlich-preußische Regierung die Finanzierung und die Bauarbeiten an der Kirche begannen noch im gleichen Jahr. Bereits 1858 wurde der Glockenstuhl errichtet. Die Grundsteinlegung der Kirche erfolgte am 11. September 1860. Nach zweijähriger Bauzeit wurde die Kirche am 26. Oktober 1862 eingeweiht. Im Anschluss wurde das Pfarrhaus errichtet, das zusammen mit der Kirche und dem Freitor in der Kirchenallee ein architektonisches Ensemble bildet. Der Name Peter-Pauls-Kirche wurde durch Allerhöchste Cabinets-Ordre von der Regierung in Berlin erteilt.

Bereits zwanzig Jahre nach ihrer Fertigstellung mussten größere Reparaturen an der Kirche ausgeführt werden, die wegen der Finanznot der Kirchgemeinde von der preußischen Regierung finanziert wurden. Die finanzielle Lage der Gemeinde Zingst besserte sich aber allmählich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, zuerst dank der florierenden Seeschifffahrt und später vor allem durch den einsetzenden Fremdenverkehr.

Während der Zeit der Nazidiktatur predigte Dietrich Bonhoeffer am 6. Juni 1935 (Sonntag Exaudi) in der Zingster Kirche. Er leitete ein Predigerseminar der Bekennenden Kirche auf dem Zingsthof. Unter dem Einfluss von Bonhoeffer trat der damalige Zingster Pastor Gerhard Krause der Bekennenden Kirche bei und wurde aus christlicher Überzeugung zum Gegner der Nationalsozialisten. Er äußerte sich wiederholt öffentlich kritisch zur NSDAP und der Kriegsführung. 1944 wurde er verhaftet und zum Tode verurteilt. Die Zerstörung der Akten des „Volksgerichtshofes“ während eines alliierten Luftangriffs rettete ihn vor der Vollstreckung des Urteils. Nach Kriegsende wurde Krause vom sowjetischen Geheimdienst bedroht, nachdem er an der Gründung der CDU in Zingst mitgewirkt hatte. 1950 starb er an den Folgen der Nazi-Haft.

Der bauliche Unterhalt der Kirche in der DDR-Zeit mit ihrer Mangelwirtschaft stellte die Zingster Kirchengemeinde immer wieder vor schwere Probleme. Trotzdem konnte im Jahre 1982 eine umfangreiche Sanierung des Kirchengebäudes vorgenommen werden.

Historisches Orgelgehäuse

Im Jahre 1986 erhielt die Kirche eine neue Orgel der Firma Sauer aus Frankfurt (Oder) mit 19 klingenden Registern (Schleifladen). Diese neue Orgel wurde dabei in das Gehäuse der alten Mehmel-Orgel eingebaut. Die Trakturen sind mechanisch. Das Oberwerk ist als Schwellwerk ausgestattet.[1]

I Hauptwerk C–g3
1. Prinzipal 8’
2. Koppelflöte 8’
3. Oktave 4’
4. Rohrnasat 22/3
5. Quintatön 2’
6. Mixtur III–V
7. Trompete 8’
Tremulant
II Oberwerk C–g3
9. Gedackt 8’
10. Spitzflöte 4’
11. Prinzipal 2’
12. Terz (aus Nr. 13) 13/5
13. Terzian 13/5’+11/3
14. Scharff III
15. Krummhorn 8’
Tremulant
Pedal C–f1
16. Subbaß 16’
17. Gemshorn 8’
18. Nachthorn 4’
19. Posaune 16’

Friedhof

Portal vor der Zingster Kirche

Dem Kirchenbau ging 1857 die Einrichtung des Friedhofes voraus. Der Friedhof beherbergt neben dem Grab der plattdeutschen Heimatdichterin Martha Müller-Grählert („Wo die Ostseewellen ...“) auch etliche Kapitäns- und Seemannsgräber sowie Grabstellen einiger Zingster Maler.

Heute

Nach der Wiedervereinigung wurden an Kirche und Pfarrhaus nach und nach umfangreiche Sanierungsarbeiten vorgenommen. Das Pfarrhaus wurde 1997 renoviert, die alte Pfarrscheune 2000 zum Lesecafé umgebaut. Der ursprüngliche neugotische Altar Stülers wurde um 1929 entfernt. Im Jahre 2006 erarbeitete der Holzbildhauer Ludvik Cejp aus Hannover eine neue Altarkonzeption, in die fast alle erhaltenen Fragmente des alten Altars integriert sind. Im Jahre 2008 wurde auch die blaue Originalbemalung des Gewölbes wieder hergestellt und ein Teil der alten Bemalung des Chorraums freigelegt. Ein Rollstuhlzugang wird im Sommer 2008 eingerichtet. Weitere Erhaltungs- und Rekonstruktionsarbeiten am Kirchengebäude sind in Planung.

Gemeinde

Die evangelische Kirchgemeinde gehört zum Kirchenkreis Stralsund in der Pommerschen Evangelischen Kirche.

Weblinks

 Commons: Peter-Pauls-Kirche Zingst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nähere Informationen zur Sauer-Orgel
54.437512.689166666667

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