- Atonikalität
-
Atonikalität beschreibt Musik, die keinen tonikalen Charakter zu einem Ton oder einer Tonart zeigt. Das heißt, dass keiner der zwölf Töne eine hervorhebende Rolle einnimmt, was bei tonaler Musik der Grundton übernimmt. Arnold Schönberg und Josef Matthias Hauer entwickelten unabhängig voneinander Systeme Zwölftonmusik, deren Musik atonikal ist.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Eine klare und eindeutige Definition der Atonikalität ist zur Zeit noch nicht möglich, da es unter Fachleuten kontroverse Auffassungen der Atonikalität, insbesondere im Bezug auf die Unterscheidung von Atonalität und Zwölftonmusik gibt. Dem Wortursprung nach bedeutet atonal, dass sich die Musik nicht einer bestimmten Tonart wie z.B.: Dur oder Moll zuzuordnen ist. Bei atonikaler Musik zeigt die Musik dem Wortursprung nach keine tonikalen Tendenzen, d.h. dass kein Ton eine prominente Rolle einnimmt. Eine absolute Atonikalität kann in der Regel nicht erreicht werden, da neben der Tonhäufigkeit und Tonlänge auch Phrasierung und Melodik einen Einfluss auf die Prominenz der Töne haben. H. Eggebrecht sieht atonikal lediglich als ein Ersatzbegriff für atonal. Schönberg selbst bezeichnete seine Musik als atonikal, da sie nicht nur keiner Tonart folgte, sondern so konstruiert war, das kein Ton durch eine Verhäufigung eine prominente Rolle bezog. Nach Johannes Fritsch gebe es kaum atonale Musik, sondern meist atonikale Musik, da "solange Beziehungen zwischen Tönen hörbar seien, sei es auch tonale Musik. Lediglich die Art der Beziehungen habe sich verändert, es gäbe eben nur keine Tonika und Dominante mehr, um es mal platt zu formulieren."
Gegensatz zur Tonikalität
Atonikale Musik verfügt im Gegensatz zur tonikalen Musik über keinen als Tonika fungierenden Grundton, der in der tonalen Musik als Ausgangs- und Bezugspunkt des harmonischen Geschehens dient. Somit lässt sich sagen, dass atonikale Musik kein Grundton hat.
Unterschied zur Atonalität
Die Unterscheidung der Fachbegriffe atonikal und atonal wird heute noch in der Fachliteratur diskutiert, sodass eine klare Trennung noch nicht möglich ist. Sie sind aber keinesfalls synonym zu verstehen. Atonikale Musik ist zwar atonal, aber atonale Musik nicht zwingend atonikal. Während es das Kriterium der atonalen Musik ist, dass man sie keiner Tonart zuschreiben kann, ist das bestimmende Kriterium der atonikalen Musik, dass kein Ton oder Tonraum dominiert. So kommt in der atonikalen Musik in der Regel jeder Ton (alle 12) exakt gleich oft vor. Dadurch nimmt kein Ton eine tonikale Stellung ein; sie ist a-tonikal. Beispiele:
- Opus 19.2 von Arnold Schönberg ist atonikal.
- Beginn der 2. Sinfonie (Schostakowitsch) von Dimitri Schostakowitsch ist atonal.
Unterschied zur Zwölftonmusik
Zwölftönige Musik, die nach Arnold Schönbergs oder Joseph Matthias Hauers Systemen funktioniert, ist in der Regel atonikal, daher auch atonal. Atonikale Musik ist zwar immer atonal, aber nicht zwingend dodekaphon. Zwölftönige Musik muss aber nicht immer atonikal sein, wie das Violinkonzert von Alban Berg (Schönbergs Schüler) zeigt. Auch in manchen Werken Schönbergs ergeben sich tonale Schwerpunkte (wenn auch nicht unbedingt eine klare Dur-Moll-Tonalität), im 3. Satz der Suite op. 29 etwa wird deutlich hörbar das Volkslied "Ännchen von Tharau" in der zwölftönigen Struktur verarbeitet.
Weblinks
- Beispiel Schönbergs Klavierstück op. 19, 2
- Hans Heinrich Eggebrecht: Terminologie der Musik im 20. Jahrhundert, S. 68
- Forum Musikdiskussion
Quellen
- Henke, Matthias (2001). Arnold Schönberg. München: dtv.
- Freitag, Eberhard (2000). Schönberg (11. Aufl.). Reinbek b. Hamb.: Rowohlt.
- Rukschcio, Burkhardt u. Schachel, Roland. Adolf Loos Leben und Werk. Salzburg und Wien: Residenz, 1982.(Zur Beziehung Loos/Schönberg siehe die Seiten 101f, 162f und 181.)
- Gerhard Kwiatkowski et al., Schülerduden Musik (2. Aufl.) Mannheim, Wien, Zürich: 1989
Wikimedia Foundation.