- Pflichtenkatalog
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Das Pflichtenheft beschreibt in konkreterer Form, wie der Auftragnehmer die Anforderungen im Lastenheft zu lösen gedenkt.
Ein wesentlicher Unterschied zu einem Lastenheft besteht darin, dass das Pflichtenheft dem Auftragnehmer gehört. Ein Lastenheft beschreibt die Gesamtheit der Forderungen des Auftraggebers, im Pflichtenheft ist in konkreterer Form beschrieben, wie der Auftragnehmer die Anforderungen im Lastenheft zu lösen gedenkt.
Neben dem Begriff Pflichtenheft findet man in der Praxis auch unscharfe Bezeichnungen wie Fachspezifikation, fachliche Spezifikation, Fachfeinkonzept, Sollkonzept, Funktionelle Spezifikation, Gesamtsystemspezifikation, Implementierungsspezifikation oder Feature Specification. Da diese Bezeichnungen in der Regel nicht standardisiert sind, können damit durchaus Dokumente im Sinne des Pflichtenhefts gemeint sein, aber auch Fachkonzept, Lastenheft oder etwas anderes.
Laut DIN 69905 umfasst das Pflichtenheft die „vom Auftragnehmer erarbeiteten Realisierungsvorgaben aufgrund der Umsetzung des vom Auftraggeber vorgegebenen Lastenhefts“. Die Anforderungen des zuvor ausgearbeiteten Lastenhefts sind nun mit technischen Festlegungen der Betriebs- und Wartungsumgebung verknüpft.
Nach VDI-Richtlinie 2519 Blatt 1 ist das Pflichtenheft die Beschreibung der Realisierung aller Kundenanforderungen, die im Lastenheft gefordert werden.
Das Pflichtenheft wird vom Auftragnehmer formuliert und auf dessen Wunsch vom Auftraggeber bestätigt. Idealerweise sollten erst nach dieser Bestätigung die eigentlichen Entwicklungs-/Implementierungsarbeiten beginnen. Der Auftragnehmer hat einen durch den Vertrag bestimmten Anspruch auf solche Bestätigung (Mitwirkungspflicht nach §643 BGB).
Es ist bewährte Praxis, bei der Erstellung eines Pflichtenheftes das Ein- und Ausschlussprinzip zu verwenden, d. h., konkrete Fälle explizit ein- oder auszuschließen.
Bei Lieferung der Software wird formell eine Abnahme vollzogen, die die Ausführung des Werkvertrages oder auch des Kaufvertrages beschließt. Diese Abnahme wird häufig über einen Akzeptanztest ausgeführt, der feststellt, ob die Software die Forderungen des Lastenheftes in dem Verständnis des Bestellers erfüllt.
In der Softwareentwicklung wird das Pflichtenheft unter anderem im V-Modell 97 definiert. Im aktuellen V-Modell XT wurde die Bezeichnung in Gesamtsystemspezifikation (Pflichtenheft) geändert. Für internationale Projekte wird heutzutage stattdessen meist eine Software Requirements Specification, welche die Inhalte des Lasten- und Pflichtenhefts enthält, erstellt.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau
Ein Pflichtenheft sollte wie folgt gegliedert sein[1]:
- Zielbestimmung
- Musskriterien: für das Produkt unabdingbare Leistungen, die in jedem Fall erfüllt werden müssen
- Sollkriterien: die Erfüllung dieser Kriterien wird angestrebt
- Kannkriterien: die Erfüllung ist nicht unbedingt notwendig, sollten nur angestrebt werden, falls noch ausreichend Kapazitäten vorhanden sind.
- Abgrenzungskriterien: diese Kriterien sollen bewusst nicht erreicht werden
- Produkteinsatz
- Anwendungsbereiche
- Zielgruppen
- Betriebsbedingungen: physikalische Umgebung des Systems, tägliche Betriebszeit, ständige Beobachtung des Systems durch Bediener oder unbeaufsichtigter Betrieb
- Produktübersicht: kurze Übersicht über das Produkt
- Produktfunktionen: genaue und detaillierte Beschreibung der einzelnen Produktfunktionen
- Produktdaten: langfristig zu speichernde Daten aus Benutzersicht
- Produktleistungen: Anforderungen bezüglich Zeit und Genauigkeit
- Qualitätsanforderungen
- Benutzungsoberfläche: grundlegende Anforderungen, Zugriffsrechte
- Nichtfunktionale Anforderungen: einzuhaltende Gesetze und Normen, Sicherheitsanforderungen, Plattformabhängigkeiten
- Technische Produktumgebung
- Spezielle Anforderungen an die Entwicklungsumgebung
- Software
- Hardware
- Orgware
- Entwicklungsschnittstellen
- Gliederung in Teilprodukte
- Ergänzungen
- Glossar: In dem eventuelle Fachausdrücke für Laien erläutert werden.
Ganzheitliches Pflichtenheft
Ein ganzheitliches Pflichtenheft besteht nicht nur aus technischen, sondern auch aus marktwirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen. Dabei sind Herstellung, Gebrauch und Beseitigung des Produktes einzubeziehen, mit den Auswirkungen auf Boden, Wasser und Luft. Diese Checkpoints sind übersichtlich im Bilanzierungswürfel dargestellt, der bei der Kontrolle auf Vollständigkeit des ganzheitlichen Pflichtenheftes hilft.
Siehe auch
- Anforderungserhebung
- Anforderungsmanagement (Requirementsmanagement)
Quellen
- ↑ nach Helmut Balzert
Weblinks
- Zielbestimmung
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