- Pluralistische Ignoranz
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Pluralistische Ignoranz ist ein Begriff aus der Sozialpsychologie. Wenn ein Mensch sich in einer mehrdeutigen, schwer einschätzbaren Situation befindet und nicht weiß, was zu tun ist, schaut er sich danach um, was die anderen tun. Die Gruppe der Anwesenden übt auf ihre einzelnen Mitglieder informativen sozialen Einfluss aus. Wenn die anderen aber auch nicht wissen, was los ist, entsteht pluralistische Ignoranz. Diese führt, gemeinsam mit der Verantwortungsdiffusion, in einer Notfallsituation dazu, dass niemand einschreitet und hilft, da sich alle im Nicht-Reagieren einander anpassen. Dies kann fatale Folgen haben, wenn sich niemand aus dieser pluralistischen Ignoranz herauslöst und zum Modell wird, dem die anderen Bystander (Zuschauer) folgen können.[1]
Der Begriff stammt aus dem decision model of bystander intervention von Latané & Darley, mit welchem die Hilfeleistung bzw. ein Unterlassen der Hilfeleistung in Notsituationen durch die Menge der Zeugen erklärt werden soll (Bystander-Effekt). Notsituationen können leicht uneindeutige bzw. schwer zu deutende Situationen sein, die nicht durch die Hinweisreize der Situation selbst eingeordnet werden können. In solchen uneindeutigen Situationen versuchen Menschen, Informationen über ihre Umwelt zu gewinnen, indem sie die Reaktionen ihrer Mitmenschen als Deutungshilfe benutzen.
Dieses Phänomen wurde im Experiment zum informationalen sozialen Einfluss von Muzaffer Şerif untersucht.
Einzelnachweise
- ↑ * E. Aronson, T. D. Wilson, R. M. Akert: Sozialpsychologie. Pearson Studium. 6. Auflage 2008. ISBN 978-3-8273-7359-5, S. 369
Siehe auch
Literatur
- Latané, Darley (1968): Group inhibition of bystander intervention. Journal of Personality and Social Psychology, 10, S. 215-221
- Latané, Darley (1970): The unresponsive bystander: Why doesn't he help?. Eaglewood Cliffs, NJ: Prentice Hall
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