Postdiktion

Postdiktion

Ein vaticinium ex eventu (lateinischWeissagung vom Ereignis her“) ist ein theologischer bzw. historiographischer Fachausdruck. Er bezeichnet die Einfügung einer Prophezeiung in einen Text, nachdem der Autor von dem Ereignis Kenntnis hatte. Die Prophezeiung wird dabei im chronologischen Ablauf des Textes vor dem Auftreten des Ereignisses eingeführt.

Darüber, in welchem Ausmaß biblische Prophetien als vaticinia ex eventu zu deuten sind, besteht keine Einigkeit.

Evangelikale und traditionalistische Theologen halten Weissagungen der Bibel in der Regel für tatsächliche Voraussagen.

Unter historisch-kritischen Exegeten geht die Mehrheit davon aus, daß die Weissagung der Zerstörung Jerusalems etwa in Lk 21,24 erst nach dem Ereignis entstanden sei. Allerdings vertritt gerade hier auch eine Minderheit die Ansicht, daß die Zerstörungsweissagungen Jesu den Geschehnissen um 70 n. Chr. keinesfalls so genau entsprächen, wie das zu erwarten wäre, wenn der Autor Jesus diese Worte nach den Geschehnissen in den Mund gelegt hätte (s. Evangelium nach Lukas, Datierung). Auch die Vorhersagen des Buches Daniel gelten im wissenschaftlichen Konsens als vaticinia ex eventu. Für die Prophezeiungen Jesu, in denen er seinen Tod und seine Auferstehung vorhersagt (z. B. Mk 8,31), halten es dagegen eine Reihe von Exegeten für plausibel, dass sie in ihrem Kern vor seinem Tod entstanden sind.

Im Hinduismus schafft der Prophet Madhva im 13. Jahrhundert ein vaticinium ex eventu, indem er eine vedische Prophezeiung auf seine Person deutet und sich somit zur göttlichen Inkarnation deklariert.

Das Buch Mormon enthält nach Ansicht von Nicht-Mormonen diverse vaticinia ex eventu, etwa über Christoph Kolumbus oder den Mormonengründer Joseph Smith.


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