Preußische Treuhand

Preußische Treuhand
Preußische Treuhand GmbH & Co. KGaA
Rechtsform Kommanditgesellschaft auf Aktien
Gründung 2000
Sitz Düsseldorf
Leitung Torne Möbius (Geschäftsführer)
Website preussische-treuhand.org

Die Preußische Treuhand GmbH & Co. KGaA ist ein Unternehmen, das sich die Durchsetzung vermeintlicher Eigentumsansprüche enteigneter Bewohner ehemaliger Ostgebiete des Deutschen Reiches zum Ziel gesetzt hat. Die Gesellschaft untersteht einer Vereinigung mit Sitz in Düsseldorf, die mögliche Eigentumsansprüche einzelner Vertriebener juristisch klären und durchsetzen möchte. Sie steht in keiner Beziehung zur ehemaligen Treuhandanstalt des Bundes. Im Dezember 2006 reichte die Preußische Treuhand 22 Einzelbeschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Die Ansprüche wurden vom Gerichtshof im Oktober 2008 für unzulässig erklärt.

Inhaltsverzeichnis

Struktur

Das Unternehmen ist nach eigener Aussage eine „Selbsthilfeorganisation der Vertriebenen“, die private und individuelle Eigentumsansprüche sichern und geltend machen will. Die Preußische Treuhand fordert ausdrücklich keine finanzielle Entschädigung, sondern die Rückgabe der nach dem Zweiten Weltkrieg enteigneten Güter und Besitztümer. Die umstrittene englische Bezeichnung „Prussian Claims Conference“, die bewusst auf die Parallele zur Jewish Claims Conference hinweist, wird nicht mehr verwendet. Jedoch befürwortet die Preußische Treuhand auch die Rückgabe jüdischen Eigentums in den ehemaligen Ostgebieten an Überlebende des Holocausts oder ihre Erben.

Das Unternehmen wurde 2000 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung von Funktionären der Landsmannschaft Ostpreußen gegründet. 2001 wurde die Rechtsform gewechselt. Vorstandsvorsitzender der Kommanditgesellschaft auf Aktien war bis 2005 der Vertriebenenpolitiker Rudi Pawelka, der gleichzeitig Vorsitzender der Landsmannschaft Schlesien ist. Geschäftsführer der Preußischen Treuhand (PT) ist Torne Möbius. Ihre Büroadresse ist die Adresse der Landsmannschaft Ostpreußen – Landesgruppe NRW.

Politische Auseinandersetzung

Die Preußische Treuhand steht mit ihrem Anspruch im Konflikt mit der Politik der derzeitigen Bundesregierung, die die Geltendmachung solcher Ansprüche nicht unterstützt. Anfang August 2004 brachte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) dies bei einem Staatsbesuch in Polen öffentlich zum Ausdruck. Die jetzige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schloss sich dieser Haltung an.

Auch die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, hat sich mehrmals deutlich von der Preußischen Treuhand und ihren Zielen distanziert[1]. Der damalige Treuhand-Chef Pawelka bewertete dies im November 2004 allerdings als eine „Kehrtwende“ der BdV-Präsidentin: „Noch vor einem Jahr hat die BdV-Bundesversammlung entschieden, dass man im Zuge der EU-Osterweiterung alle rechtlichen Möglichkeiten, die die EU zur Heilung des Unrechts bietet, ausschöpfen will. Das ist der Klageweg.“ Das polnische Parlament drohte im Gegenzug mit Kriegsreparationsforderungen an Deutschland und forderte in einer einstimmig verabschiedeten Resolution die polnische Regierung zu entsprechenden Schritten gegen Deutschland auf.

Die Klagen der Organisation belasten das deutsch-polnische Verhältnis. Nach einer missverständlichen Äußerung der polnischen Außenministerin Anna Fotyga, dass die polnische Regierung aufgrund der Klage möglicherweise den 1990 geschlossenen Grenzvertrag zwischen beiden Nationen neu verhandeln wolle,[2] dementierten die polnische Botschaft in Berlin und das Außenamt in Warschau dies in einer Erklärung und teilten gegenüber Spiegel Online[3] mit, Fotyga habe nicht den Grenzvertrag von 1990 gemeint, sondern das Nachbarschaftsabkommen von Juli 1991.

Erfolglose Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Im Dezember 2006 verklagte die Preußische Treuhand Polen auf Rückübertragung des verlorenen Eigentums in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und wegen der Verletzung des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention, indem sie an diesem Tag 22 Einzelbeschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einreichte. Im Oktober 2008 wurden diese Ansprüche vom Gerichtshof für unzulässig erklärt. Da die Europäische Menschenrechtskonvention 1953 in Kraft trat und Polen diese 1993 ratifiziert habe, seien Klagen gegen die Konfiszierungen aus dem Jahr 1945 unzulässig. Bezüglich der in der Klage erwähnten Verstöße gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens und das Folterverbot (Art.3. EMRK) bemerkte das Gericht, dass Polen zum Zeitpunkt der Ereignisse weder juristisch noch tatsächlich Kontrolle über die deutschen Territorien in Polen gehabt habe und daher die Taten nicht dem heutigen Staat angelastet werden könnten.[4]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Süddeutsche Zeitung, Online-Ausgabe, 25. Februar 2009: Polen, Steinbach und die Presse Aufregung um die "blonde Bestie"
  2. vgl. Spiegel Online, 19. Dezember 2006, Auswärtiges Amt versucht, Polen zu besänftigen
  3. vgl. Spiegel Online, 20. Dezember 2006, Botschafter sieht deutsch-polnisches Verhältnis in der Krise
  4. tagesschau.de: Klage gegen Polen wegen Entschädigungen - "Preußische Treuhand" scheitert mit Beschwerde, 9. Okt. 2008. (nicht mehr online verfügbar)
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