Preußischer 501 Breslau bis 506 Breslau

Preußischer 501 Breslau bis 506 Breslau
Preußischer 501 Breslau–506 Breslau
DRG-Baureihe ET 87
Nummerierung: 501–506
ET 87 01–05
Anzahl: 6
Hersteller: Mechanik: LHW
Elektrik: AEG
Baujahr(e): 1914
Ausmusterung: 1945/1959
Achsformel: 2'1'+B'1'+1'2'
Spurweite: 1.435 mm
Länge über Puffer: 42.520 mm
Leermasse: 99,1 t
Radsatzfahrmasse: 17,1 t
Höchstgeschwindigkeit: 70 km/h
Stundenleistung: 2×250 kW = 500 kW
Dauerleistung: 376 kW
Anfahrzugkraft: 75 kN
Stromsystem: 15 kV 16 2/3 Hz AC
Stromübertragung: Oberleitung
Anzahl der Fahrmotoren: 1 Doppelmotor
Antrieb: Stangenantrieb über Blindwelle
Bremse: Kuntze-Knorr
Zugsicherung: keine
Sitzplätze: 113

Die 501 Breslau bis 506 Breslau waren elektrische Triebwagen der Preußischen Staatseisenbahnen. Die Deutsche Reichsbahn ordnete die Fahrzeuge ab 1940 in die Baureihe ET 87 ein.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nachdem die Preußische Staatsbahnen mit der Entwicklung und Indienststellung des AT 3 eine Vorreiterrolle bei Akkumulator-Triebwagen übernommen und positive Erfahrungen im Betrieb gesammelt hatte, wurde 1911 die Elektrifizierung der Schlesischen Gebirgsbahn von Görlitz über Waldenburg nach Breslau sowie einiger ihrer Nebenstrecken beschlossen.

Im April 1914 nahm die Preußische Staatseisenbahn den ersten Triebwagen mit der Nummer E.T. 831/831a/832 ab, die übrigen fünf Triebwagen E.T.833/833a/842 bis E.T.841/841a/842 wurden bis Juni 1914 in Dienst gestellt.

Die Fahrzeuge kamen vor allem zwischen Nieder-Salzbrunn und Halbstadt (heute: Meziměstí/Tschechien) zum Einsatz. Bis 1918 fuhren die Triebwagen ohne besondere kriegsbedingte Einschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen dem Deutschen Reich und der k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarns.

Spätestens seit 1923 trugen die Triebfahrzeuge de Bezeichnungen E.T. 501 Breslau bis E.T. 506 Breslau. Die Deutsche Reichsbahn änderte 1930 wieder ihr Nummersystem, das zwischen „elektrischen Triebwagen (elT)“ und „elektrischer Steuerwagen (elS)“ unterschied, so dass die Triebfahrzeuge nunmehr die Nummern elT 1001–1006 und elS 2001–2006 bzw. 2011–2016 zugewiesen wurden. 1937 erlitt der damals als elT1002 einen schweren Unfall, der 1940 zu seiner Ausmusterung führte; dabei überlebte sein Steuerwagen elS 2002 als Tauschfahrzeug. Gleichzeitig erhielten die fünf verbliebenen Fahrzeugen nach den neuen Nummerschema die Baureihenbezeichnung ET/ES 87 und damit die Ordnungsnummern ET/ES 87-01-05.

Im Frühjahr 1945 wurden die elektrischen Fahrzeuge der schlesischen Strecken vor der näherrückenden Kriegsfront über Böhmen evakuiert. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges gelangten von den verbliebenden fünf Triebfahrzeugen 1949 nur noch die drei Triebfahrzeuge ET 87 03-05 in das Gebiet der Deutschen Bundesbahn. 1950 wurden sie im BW Nürnberg Hbf beheimatet, die letzte Einheit ET/ES 87 03 wurde erst am 7. September 1959 ausgemustert. Von den ET 87 blieb kein Triebwagen museal erhalten.

Konstruktion

Wagenbau

Der ET 87 folgt dem Konzept eines dreigliedrigen Zuges mit einem auswechselbaren Mittelwagen nach einer Idee des Geheimen Oberbaurates Gustav Wittfeld. Der Antrieb war dabei in einem zweiachsigen Drehgestell konzentriert. Dort trieben zwei Fahrmotoren in einem Stahlgußgehäuse über Zahnräder eine zwischenliegende Blindwelle an. Diese übertrug das Drehmoment über beidseitige Schlitzkuppelstangen auf die beiden Treibradsätze. Dieses damals innovative Antriebskonzept setzte sich jedoch in der weiteren Entwicklungsgeschichte der elektrischen Triebwagen nicht durch. Erst in jüngerer Zeit wurde mit dem GTW 2/6 von Stadler Rail dieses alte Prinzip wieder aufgegriffen.

Der zentrale Mittelwagen, der den Antrieb beherbergte, besaß ein Untergestell, das aus vernieteten Walzprofilen hergestellt wurde und dazu extra verstärkt wurde. Es stützte sich auf der einen Seite über einen kugeligen Drehteller auf das Triebgestell, auf der anderen Seite auf eine Einzelachse, die sogenannte Vereinslenkachse, ab, mit der das Untergestell über Blattfedergehänge und Schraubenfedern abgestützt war. Diese Konstruktion war eigentlich nicht erforderlich, da die Lenkwirkung der in Schaken geführten Blattfedern äußerst gering war.

Der anfangs als Anhängewagen bezeichnete Steuerwagen folgte den damals häufig angewendeten Konstruktionsprinzip, der sich aus dem D-Zug-Wagenbau ableitete: Das Untergestell, das ebenfalls aus genieteten Walzprofilen bestand, wurde durch ein Sprengwerk in Längsrichtung verstärkt, wobei die bei D-Zug-Wagen benötige Wiege fehlte. Am Kurzkuppelende war wiederum nur eine Vereinslenkachse vorhanden.

Die Fahrzeugkästen aller drei Einheiten bestanden aus einem tragenden Stahlprofilgerippe mit Holzverkleidung; die Seitenwänden waren überdies mit dünnem Blech verschalt. Das Dach mit Laterne (Oberlichtaufbau) wurde mit geerdetem Bleiblech ausgelegt, um Spannungsübertragungen, die von der Oberleitung herrührten, zu vermeiden. Neben der Laterne war beidseitig eine Reihe von Dachlüftern der Bauart Grove angeordnet.

Einteilung

Der Mittelwagen war innen zweigeteilt: Neben dem Motorenraum befand sich ein Raum, der nicht nur die Ventilatoren, die durch Bänke verdeckt waren, aufnahm. Dieser wurde als Gespäck- und Postraum verwendet. Teilweise ist auch eine Verwendung als Traglastenabteil 4. Klasse nachweisbar. Neben der Hochspannungskammer befand sich der Abort. Dieser war als Trockentoilette mit Torfmull konstruiert, um die elektrische Ausrüstung vor Schmutz und Feuchtigkeit zu schützen. Damit fand sich hier ein geschlossenes Toilettensystem, für das der ET 87 eines der ersten Beispiele darstellt.

Der a-seitige Steuerwagen war der 2. und 3. Klasse vorbehalten; der b-seitige Steuerwagen hatte zwei Großraumabteile 4.Klasse, ein Abteil der 3.Klasse und einen Großraum der 3. Klasse. Damit hatte der Triebwagen rund 140 Sitzplätze. Die Toiletten waren mit Wasserspülung und Fallrohr ausgestattet.

Elektrische Ausrüstung

Die Ausrüstung mit Wechselstrom-Kommutator-Motoren der AEG entsprach den damaligen Stand der Technik. Die Kühlung war den gebirgigen Verhältnissen angepasst und erfolgte über Luftkühlung von außen. Durch patentrechtliche Bindungen bedingt fertigte die AEG zwei Winter-Eichberg-Motoren an, die im Betrieb noch viele Schwierigkeiten bereiten sollten. Der Hauptschalter bestand - entsprechend dem damaligen Stand der Technik - aus einem Ölkessel, der bei schwerem Kurzschluss explodieren konnte. Daher wurde das Traglastenabteil der 4. Klasse später für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Die Stromaufnahme erfolgte über zwei Stromabnehmer der Bauart AEG.

Der Triebwagen zeichnete sich von Anfang durch ein sehr leises Motorengeräusch aus, das sogar geringer war als der der damaligen Straßenbahnen. Dennoch zeigten sich im Laufe der Zeit ein erheblicher Kohlebürstenverschleiß, der Überschläge am Kommutator nach sich zog.

1925/1926 wurden daher die Fahrmotoren durch die AEG auf eine einfache Reihenschaltung mit Wendepolen umgestellt. Damit stieg die Leistung von 367 kW (500 PS) auf 500 kW (680 PS).

Farbgebung

Die ursprüngliche Farbgebung ist nicht mit letzter Sicherheit zu rekonstruieren. Wahrscheinlich trugen die Triebwagen ein creme-olivgrünes Kleid mit hellbleigrauem Dach und mit K.P.E.V.-Wappen schmuckverziert. Zwischen 1933 und zirka 1940 erhielten die Triebwagen den für Reichsbahn-Triebwagen verfügten Einheitsanstrich in Beige-Rot nach DV 984. Nach ihrer Übernahme durch die Deutsche Bundesbahn erhielten die Triebwagen den damaligen roten Nahverkehrsanstrich.

Vorteile im Betrieb

Mit dem Prinzip der Dreigliedrigkeit, das eine Konzentration des Antriebs im Mittelwagen und die Kurzkupplung zweier weiterer Wagen an den jeweiligen Enden vorsieht, sollten eine Reihe von Problemen gelöst werden. So sollte zum einen der Fahrkomfort gesteigert werden, da durch die räumliche Trennung die Geräuschbelastung sank. Gleichzeitig waren Vorteile bei Wartung und Inspektion des Zuges vorhanden: die einzelnen Triebwagenteile konnten jeweils für sich gewartet werden, da für die Antriebseinheit und für die Wagen unterschiedliche Behandlungsfristen vorlagen. So bedeutete eine Wartung nicht gleichzeitig eine Stillstandszeit für die anderen Triebwagenteile.

Einsatz

Die im Bw Nieder Salzbrunn beheimaten Triebwagen bedienten mit großen Erfolg die grenzüberschreitende Strecke Nieder Salzbrunn–Halbstadt. Spätestens ab 1923 kamen die ET 87 auf ihrer Stammstrecke kaum noch zum Einsatz; durch die Gründung der Tschechoslowakei im Jahre 1918 brach der Verkehr nach Halbstadt ein. Die neu gegründete Tschechoslowakische Staatsbahn ČSD wollte sich an den Kosten nicht beteiligen. Daher bedienten anstelle des ET 87 die vierachsigen Triebwagen E.T. 507–510 Breslau, die später als ET 88 geführt wurden, die Strecke. Diese hatten den Vorteil, dass am Grenzbahnhof in Friedland der Steuerwagen abgehängt werden und auf das Fahrgastaufkommen flexibler und wirtschaftlicher reagiert werden konnte. Die ET 87 hatten während dieser Zeit keinen Regeleinsatz mehr.

Ab 1934 wurden die Fahrzeuge von Hirschberg aus auf den elektrifizierten Nebenbahnen ins Riesengebirge eingesetzt. Ein altes Foto von 1935 zeigt einen ET 87 abfahrbereit in Hirschberg zur Fahrt nach Schmiedeberg (heute: Kowary) an der Nebenbahn Hirschberg–Landeshut.

Nach dem Anschluss des Sudetenlandes an Deutschland im Herbst 1938 entwickelte sich das Verkehrsaufkommen auf der Verbindung Nieder Salzbrunn–Halbstadt wieder auf das Niveau vor 1918, sodass auch die ET 87 wieder nach Halbstadt fuhren. Mindestens bis zu den sogenannten „Chaostagen“ im Februar 1945 erfolgte ein mehr oder weniger störungsfreier Betrieb.

Nach 1949 wurden die Triebwagen bis zu ihrer Ausmusterung im Nürnberger Vorortverkehr eingesetzt, hauptsächlich auf den Strecken nach Fürth und Altdorf bei Nürnberg.

Literatur

  • Horst Joachim Obermayer: Taschenbuch Deutsche Triebwagen. 6 Auflage. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1986, ISBN 3-440-04054-2. 
  • Christian Tietze: Triebwagen-Urahn. In: Eisenbahn-Magazin. 44, Nr. 12, Alba, Düsseldorf 2006, ISSN 0342-1902, S. 6-12. 
  • H.-J. Wenzel, G. Greß: Die Eisenbahn in Schlesien. In: Eisenbahn-Kurier Spezial 3/2005. EK-Verlag, Freiburg i. Breisgau 2005, ISSN 0170-5288. 

Weblinks


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