- Primus (Schiff)
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Primus Abbildung auf einer zeitgenössischen Postkarte
Schiffsdaten Flagge Deutsches Reich Schiffstyp Raddampfer Reederei Pickenpack & Hink, Cranz Bauwerft Ditchburn & Mare, Blackwall Stapellauf 1839 Verbleib 1910 abgewrackt Schiffsmaße und Besatzung Länge 27,73 m (Lüa)Breite Rumpf: 3,97 m
über Radkästen: 7,92 mTiefgang max. 0,63 m Verdrängung 60 t Vermessung 24 NRT Besatzung 7 Mann Maschine Maschine 2 Zweizyl.-Dampfmaschinen Maschinen-
leistung25 PS (18 kW) Propeller 2 Schaufelräder Transportkapazitäten Zugelassene Passagierzahl 172 Die Primus war ein Raddampfer, der 1839 in England gebaut wurde. Ihr Name steht für eines der schwersten Schiffsunglücke auf der Elbe. Am 21. Juli 1902 sank sie in Höhe des Hamburger Stadtteils Nienstedten. 103 Personen kamen dabei ums Leben.
Inhaltsverzeichnis
Das Schiff
Die Primus war ein Raddampfer der Reederei Pickenpack & Hink in Hamburg-Cranz und wurde als Ausflugsdampfer eingesetzt. Sie wurde 1839 in England gebaut und kam in der Folge als erstes Stahlschiff mit Dampfantrieb auf der Elbe nach Hamburg. Die zulässige Anzahl der Passagiere belief sich auf 172.
Das Unglück
Das Schiff befand sich in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1902 auf der Rückfahrt aus Cranz im Alten Land elbaufwärts nach Hamburg. An Bord befanden sich 206 Männer, Frauen und Kinder, Mitglieder der Liedertafel „Treue von 1887 zu Eilbeck“ aus Hamburg-Eilbek, deren jährlicher Sommerausflug zu Ende ging. Dieser war „... das einzige Vergnügen (...), das sie sich im ganzen Jahr leisten können“ (so die Hamburger Nachrichten in einem Bericht über das Unglück).
Kurz nach Mitternacht wurde die Primus von dem Seeschlepper Hansa der HAPAG seitlich gerammt. Die Schiffe blieben zunächst ineinander verkeilt, dann löste sich das Wrack der Primus, trieb ab und sank wenige Minuten nach dem Zusammenstoß. Der Kapitän der Hansa versuchte noch, das Wrack an das Nordufer der Elbe zu drücken, konnte es jedoch nur auf ca. 80 bis 40 m Entfernung herandrücken (die Quellen sind hier uneinheitlich), da sein Schiff wegen seines Tiefgangs ansonsten aufzulaufen drohte.
An Bord brach Panik aus: Der Rumpf der Primus lief schnell voll Wasser. Auch war die Feuerung des Kessels außer Kontrolle geraten, sodass Rauch und Feuer für zusätzlichen Schrecken sorgten. Viele der Passagiere befanden sich unter Deck und kamen nicht heraus. Familien wurden im Durcheinander getrennt, sodass viele auf der Suche nach Angehörigen von dem schnell eindringenden Wasser überrascht wurden.
Der neunzehnjährige Kellner Emil Eberhard rettete unter Einsatz seines eigenen Lebens fünf Passagiere aus dem Schiffsrumpf, ertrank dann aber selbst bei dem Versuch, weitere Leben zu retten. Insgesamt starben 101 Menschen; die Überlebenden konnten sich auf die Hansa und den hinzugeeilten Dampfer Delphin oder ans Ufer retten.
In den Folgezeit wurden zahlreiche Tote ans Elbufer gespült. Allein in Wedel registrierte man zwischen 1902 und 1905 ein rundes Dutzend Leichenfunde, die dem Unglück zugeordnet werden konnten (Verwaltungsbericht der Stadt Wedel, Berichtszeitraum 1900 bis 1905).
Die Ursachen
Zu dem Unglück kam es durch eine Verkettung mehrerer Umstände, die jedoch nie ganz aufgeklärt wurden:
Die Primus war hoffnungslos überladen. Daher kam das Schiff, das mit über sechzig Dienstjahren eines der ältesten auf der Elbe war, nur sehr schwer gegen die Strömung im südlichen Fahrwasser an. Da die Strömung im nördlichen Fahrwasser erfahrungsgemäß geringer war, dürfte der Kapitän Johannes Peter dort auf raschere Fahrt gehofft haben. Zudem sollten einige Passagiere in Nienstedten an Land gelassen werden. Somit befand sich die Primus zum Zeitpunkt der Kollision nahe dem Nordufer der Elbe. Da dort die stromabwärts fahrenden Schiffe unterwegs waren, lief die Primus quasi als Geisterfahrer dem Verkehr entgegen. Weiterhin soll das Schiff nur über ein einziges Rettungsboot verfügt haben. Schließlich war die Zahl der Nichtschwimmer in der Bevölkerung zu Beginn des 20. Jahrhunderts deutlich höher als heutzutage, sodass die eigentlich sehr geringe Distanz zum Ufer für viele ein unüberwindliches Hindernis darstellte. Da es sich um eine Vergnügungsfahrt handelte (auch eine Musikkapelle war an Bord), dürfte ein Gutteil der Passagiere auch nicht mehr ganz nüchtern und so in ihrem Handlungsvermögen entsprechend eingeschränkt gewesen sein.
Die Primus war ferner ihrem Unfallgegner nach Größe und Leistung weit unterlegen (die Hansa hatte ca. die zehnfache Verdrängung und die zwanzigfache Maschinenleistung) und wurde durch den Aufprall dadurch ungleich härter getroffen.
Die Aussagen der Überlebenden widersprachen sich in vielen Einzelheiten; gleichwohl wurde dem Kapitän der Primus, der den Untergang überlebte, bei der Verhandlung vor dem Seeamt die Schuld an dem Unglück gegeben.
Die öffentliche Reaktion
Die Liedertafel „Treue von 1887“ war ein sozialdemokratischer Arbeitersängerverein. Die Ertrunkenen an Bord waren Arbeiter, kleine Angestellte und Handwerker. Die Erschütterung über das Unglück war im ganzen Deutschen Reich zu spüren, wurde jedoch in Hamburg, und dort vor allem in Arbeiterkreisen, besonders schmerzlich empfunden. Jedoch beteiligte sich beispielsweise auch Wilhelm II. an einer Spendenaktion für die Hinterbliebenen, die eine für damalige Zeiten geradezu astronomische Summe zusammenbrachte.
Als die Särge mit den 78 Toten, die auf dem Ohlsdorfer Friedhof bestattet wurden (die übrigen 24 wurden auf örtlichen Friedhöfen beigesetzt), von überlebenden Vereinsmitgliedern vom Hafen aus nach Ohlsdorf getragen wurden, säumten über 100.000 Menschen, zumeist mit roten SPD-Fahnen, die Straßen, sodass der Trauerzug auch zu einer Machtdemonstration der erstarkenden Sozialdemokratie wurde. In mehreren Betrieben wurde die Arbeit niedergelegt. Die SPD veranstaltete noch bis 1932 am Jahrestag des Unglücks Trauerfeiern vor dem Gemeinschaftsgrab.
Bergung und Abwrackung
Das Wrack der Primus wurde bald nach dem Unglück aus rund acht Metern Tiefe geborgen. 26 Tote wurden darin gefunden. Das Schiff wurde wieder aufgebaut und lief noch wenige Jahre unter dem Namen Buxtehude weiter. Dann wurde es abgewrackt, wohl auch deshalb, weil die Vorgeschichte des Schiffs bekannt war und es daher als Ausflugsdampfer nicht mehr allzu beliebt war.
Gedenken
Am Elbufer von Nienstedten erinnert bei „Jacobs Treppe“, die ihren Namen von dem Hotel Louis C. Jacob ableitet und unmittelbar daneben vom Elbchaussee-Niveau bis hinunter zur Elbe führt, ein Gedenkstein an das Unglück, der von der Patriotischen Gesellschaft gestiftet wurde. Das Gemeinschaftsgrab auf dem Ohlsdorfer Friedhof wurde von dem Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes selbst gestaltet. Im Mittelpunkt steht zum Andenken an die Opfer eine Christusstatue. Auf den einzelnen Gräbern liegen flache Pultsteine mit Bronzetafeln, die im Wechsel kleine Bildmotive zeigen, darunter auch die beiden Schiffe kurz vor der Kollision.
Literatur
Karl-Heinz Meier: Die "Primus"-Katastrophe. Dokumentation einer Tragödie. Sutton Verlag, Erfurt 2007, ISBN 978-3-86680-087-8
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