Procalcitonin

Procalcitonin
Procalcitonin

Masse/Länge Primärstruktur 141 Aminosäuren
Bezeichner
Gen-Namen CALCA; CALC1
Externe IDs OMIM114130 UniProtP01258   MGI2151253
Vorkommen
Homologie-Familie Calcitonin
Übergeordnetes Taxon Euteleostomi

Procalcitonin (PCT) ist eine Vorstufe des Hormons Calcitonin und wird in den C-Zellen der Schilddrüse gebildet. Unter bestimmten Umständen wie beispielsweise Infektionen oder Operationen produzieren auch andere Zellen wie Leber- oder Fettzellen dieses Prohormon. 2005 ließ die Food and Drug Administration PCT in Verbindung mit der Bestimmung weiterer Laborwerte zur Risikoabschätzung kritisch an einer Sepsis erkrankter Patienten zu. In Verbindung deshalb, da jede Infektionskrankheit viel zu komplex abläuft, um sie auf einen einzelnen Surrogatmarker zu reduzieren. [1]

Inhaltsverzeichnis

Klinische Anwendung von PCT in der Sepsisdiagnostik

Bei kritisch erkrankten Patienten mit Symptomen einer akuten systemischen Entzündung ist es häufig schwer zu entscheiden, ob eine Sepsis oder eine andere, nicht infektiös bedingte Erkrankung (Systemisches inflammatorischen Response-Syndrom, SIRS) vorliegt. Therapien und Krankheitsausgang können jedoch bei Patienten mit und ohne Sepsis deutlich voneinander abweichen. Es besteht daher ein hoher klinischer Bedarf an diagnostischen Möglichkeiten, um zwischen Systemischen inflammatorischen Response-Syndrom (SIRS) und einer schweren bakteriellen Infektion / Sepsis zu unterscheiden.

PCT-Spiegel oberhalb von 10 ng/ml deuten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Sepsis hin, PCT-Spiegel kleiner 10 ng/ml schließen eine Sepsis aber in keinem Falle aus. Bei Neugeborenen steigt PCT physiologisch an, daher gelten für die ersten Lebenstage andere Referenzwerte. Die absolute Höhe der PCT-Konzentrationen korreliert mit dem Schweregrad der Entzündungsreaktion und unterscheidet sich dementsprechend häufig bei Patienten mit Systemischen inflammatorischen Response-Syndrom (SIRS), Sepsis, schwerer Sepsis und septischem Schock. Als Ausdruck individuell unterschiedlicher Immunreaktion kann der gleiche Infektionsherd jedoch mit unterschiedlichen individuellen Erhöhungen der PCT-Konzentration einhergehen.

PCT dient auch zur Überwachung des Infektionsverlaufes und der Prognose lebensbedrohlicher septischer Infektionen und wird zum Monitoring therapeutischer Maßnahmen genutzt.

Ein Nachteil der PCT-Bestimmung sind die hohen Kosten im Vergleich zu den klassischen Entzündungsparametern. Eine Meta-Analyse über 18 Studien aus dem Jahr 2007 ergab zudem eine vergleichsweise geringe Aussagekraft des Procalcitonin-Screenings. Die Autoren schließen, daß Procalcitonin keine zuverlässige Abgrenzung von Sepsis einerseits und nichtinfektiösen systemisch-inflammatorischen Zuständen andererseits erlaubt und daher im intensivmedizinischen Bereich weniger häufig benutzt werden sollte.[2][3]

PCT bei Atemwegsinfektionen

Bei lokal begrenzten bakteriellen Atemwegsinfektionen sind die PCT-Spiegel deutlich niedriger als bei septisch verlaufenden Infektionen. So werden bei bakterieller Bronchitis oder bei Pneumonien häufig PCT-Spiegel um 0,25 - 0,5 ng/ml gefunden. Derart niedrige Messwerte werden nur mit einer sensitiven PCT-Bestimmungsmethode fassbar. In einer Interventionsstudie dienten die PCTsensitiven-Spiegel zur Entscheidung, ob eine antibiotische Therapie bei Patienten mit Infektionen der unteren Atemwege indiziert war oder nicht. Das Ergebnis: in etwa 50 % der Fälle konnten Antibiotika eingespart werden, ohne dass sich negative Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf zeigten.[4] Weiterhin zeigte sich, dass auch die Dauer einer Antibiotikagabe verkürzt werden konnte.[5][6]

Wie sind PCT-Werte zu interpretieren?

Bei der Interpretation ist grundsätzlich zu beachten, dass auch nicht-infektiöse Ursachen zu einer Erhöhung von PCT im Blut führen können und dass niedrige Werte eine Infektion beziehungsweise Sepsis nicht ausschließen.[7] Ein Anstieg der PCT-Konzentration weist auf eine erhöhte entzündliche Aktivität hin, eine Abnahme der Konzentration spricht hingegen für eine Verringerung der entzündlichen Aktivität, was ein Zeichen für eine günstige Prognose ist. PCT reagiert nicht oder nur in geringerem Maße auf Virusinfektionen, chronisch entzündliche Erkrankungen oder Autoimmunprozesse. Mehrere Studien konnten zeigen, dass SIRS-Patienten oft niedrigere PCT-Werte haben als Patienten mit schweren bakteriellen Infektionen und Sepsis.

Kinetik von PCT

Die PCT-Konzentration steigt 2-3 Stunden nach Induktion an und erreicht nach 24 Stunden ihren Höchstwert. Werte >= 2ng/ml sind in hohem Maße mit einer Sepsis assoziiert. Nach erfolgreicher therapeutischer Intervention nehmen die PCT-Spiegel mit einer Halbwertszeit von etwa 24 Stunden wieder ab und zeigen damit eine positive Prognose an. Anhaltend hohe oder gar weiter ansteigende Konzentrationen sind ein Indikator für eine schlechte Prognose.

PCT-Protein und Messmethoden

Unter normalen Stoffwechselbedingungen wird das hormonell aktive Calcitonin in den C-Zellen der Schilddrüse durch spezifische intrazelluläre proteolytische Spaltung aus dem Prohormon PCT synthetisiert und sezerniert. Bei bakteriellen Infektionen und Sepsis wird jedoch intaktes PCT im Blut gefunden. Als Syntheseort bei bakterieller Infektion gelten alle Organe. In vivo ist PCT sehr stabil und hat eine Halbwertzeit von etwa 24 Stunden. Auch in vitro ist PCT sehr stabil, so dass keine speziellen Anforderungen hinsichtlich der Präanalytik oder der Probenaufbewahrung zu beachten sind. Zur in vitro Bestimmung von PCT existieren mehrere Immunassays. Mit allen Methoden kann PCT in Serum und Plasma bestimmt werden. Die Zeit bis zum Ergebnis beträgt je nach Methode 19 bis 90 Minuten.

PCT im Vergleich zum CRP

Im Vergleich zum C-reaktiven Protein, einem häufig verwendeten Biomarker, ermöglicht eine PCT-Bestimmung möglicherweise eine bessere Unterscheidung. [8]

Einzelnachweise

  1. Christ-Crain, M, Stolz, D, Bingisser, R, et al Procalcitonin guidance of antibiotic therapy in community-acquired pneumonia: a randomized trial. Am J Respir Crit Care Med 2006;174,84-93
  2. B. M. Tang, G. D. Eslick u.a.: Accuracy of procalcitonin for sepsis diagnosis in critically ill patients: systematic review and meta-analysis. In: The Lancet infectious diseases. Band 7, Nummer 3, März 2007, S. 210–217, ISSN 1473-3099. doi:10.1016/S1473-3099(07)70052-X. PMID 17317602. (Review).
  3. B. Uzzan, R. Cohen u.a.: Procalcitonin as a diagnostic test for sepsis in critically ill adults and after surgery or trauma: a systematic review and meta-analysis. In: Critical care medicine. Band 34, Nummer 7, Juli 2006, S. 1996–2003, ISSN 0090-3493. doi:10.1097/01.CCM.0000226413.54364.36. PMID 16715031. (Review).
  4. M. Christ-Crain, D. Jaccard-Stolz u.a.: Effect of procalcitonin-guided treatment on antibiotic use and outcome in lower respiratory tract infections: cluster-randomised, single-blinded intervention trial. In: Lancet. Band 363, Nummer 9409, Februar 2004, S. 600–607, ISSN 1474-547X. doi:10.1016/S0140-6736(04)15591-8. PMID 14987884.
  5. M. Christ-Crain, D. Stolz u.a.: Procalcitonin guidance of antibiotic therapy in community-acquired pneumonia: a randomized trial. In: American journal of respiratory and critical care medicine. Band 174, Nummer 1, Juli 2006, S. 84–93, ISSN 1535-4970. doi:10.1164/rccm.200512-1922OC. PMID 16603606.
  6. eis: Atemwegsinfekt - Bakterien oder Viren? In: Ärzte Zeitung. Vom 7. April 2008
  7. AWMF-Leitlinie "Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge der Sepsis", Registernummer 079 - 001, pdf
  8. L. Simon, F. Gauvin u.a.: Serum procalcitonin and C-reactive protein levels as markers of bacterial infection: a systematic review and meta-analysis. In: Clinical infectious diseases : an official publication of the Infectious Diseases Society of America. Band 39, Nummer 2, Juli 2004, S. 206–217, ISSN 1537-6591. doi:10.1086/421997. PMID 15307030. (Review).

Literatur

  • Assicot M, Gendrel D, Carsin H, Raymond J, Guilbaud J, Bohuon C.; High serum procalcitonin concentrations in patients with sepsis and infection; Lancet. 1993 Feb 27;341(8844):515-518; PMID 8094770.
  • Procalcitonin. Gabler-Sandberger E; Dtsch Arztebl 1997; 94(11):A-646-647.
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