- Quantitätenkollaps
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Als Quantitätenkollaps bezeichnet man eine sprachgeschichtliche Erscheinung im Lateinischen auf dem Weg zu den romanischen Sprachen.
Quantitäten
Im Lateinischen wurde zwischen kurzen und langen Vokalen unterschieden (den „Vokalquantitäten"); zu jedem der fünf Vokale gab es also eine lange und eine kurze Variante, wobei die Länge bedeutungsunterscheidend war: malus mit /a/ (kurz gesprochen) hieß „schlecht“, mālus mit /a:/ (lang gesprochen) „Apfelbaum“.
Beschreibung des Kollapses
Im Laufe der Zeit, etwa vom 3./4. Jahrhundert an, ging die Unterscheidung der Vokalquantitäten langsam verloren; das bisherige System, das auf Längen und Kürzen beruhte, brach zusammen (Quantitätenkollaps).
Fortan wurde nicht mehr zwischen kurzem und langem Vokal unterschieden, sondern zwischen offenen und geschlossenen (z. B. offenes e [ɛ] oder [æ] vs. geschlossenes e [e]). Die Veränderung der Klangfarben der Vokale führte schließlich im Vulgärlatein zu einer Vereinfachung im Vokalsystem: Kurzes /i/ und langes /ē/ fielen im geschlossenen /e/ zusammen, ebenso langes /ō/ und kurzes /u/ im geschlossenen /o/.
Beispiel für Auswirkungen des Quantitätenkollapses
Konnten mit Hilfe der langen und kurzen Vokale im klassischen Latein noch unterschiedliche Kasus markiert werden, war dies im Vulgärlatein nicht mehr möglich, da die beiden Formen nun gleich lauteten. So musste man verstärkt Präpositionen verwenden, um die Kasus eindeutig voneinander zu unterscheiden. Deshalb werden heute etwa im Französischen alle Kasus durch Präpositionen wie z. B. à und de ausgedrückt.
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