- Radioaktiver Rückstoß
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Radioaktiver Rückstoß (englisch Radioactive Recoil) bezeichnet den Rückstoß, den ein Atomkern beim radioaktiven Zerfall aufgrund der Impulserhaltung erfährt.
Beispielsweise erhält der Blei-206-Kern, der aus einem Polonium-210-Kern durch Alpha-Zerfall (also Abgabe eines Helium-4-Kerns) entsteht, durch den Rückstoß eine kinetische Energie von etwa 2 % der Energiefreisetzung des Alphazerfalls von 5,3 MeV, also rund 100 keV. Diese Energie reicht aus, Molekülbindungen zu zerstören und unter geeigneten Bedingungen eine räumliche Trennung der entstandenen Tochteratome von ihren Mutteratomen zu bewirken.
Der radioaktive Rückstoß wurde 1904 von Harriet Brooks entdeckt, als sie nicht-radioaktive Platten in die Nähe radioaktiver Quellen brachte und beobachtete, dass diese Aktivität entwickelten. Ernest Rutherford erkannte die Möglichkeit, diesen Effekt zur Abtrennung von Zerfallsprodukten auszunutzen, was aber erst 1909 von Otto Hahn und Lise Meitner veröffentlicht wurde.
Praktisch der gleiche Effekt (obwohl keine Radioaktivität im Spiel ist) wird in der Szilard-Chalmers-Reaktion zur Abtrennung der Produktatome aus (n,γ)-Kernreaktionen benutzt; hierbei bewirkt der Rückstoß bei der Emission des Gammaquants die Lösung des neu entstandenen Atoms aus seiner chemischen Bindung.
Bei der Messung von Gammaspektren ist der Rückstoß, der zu einer Verbreiterung der Spektrallinien führt, unerwünscht und kann durch Einbau der Atome in ein Kristallgitter stark verkleinert werden (Mößbauer-Effekt).
Quelle
- M.Mladjenovic History of early nuclear physics 1992
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