- Ausschreitungen in Bern 2007
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Zu den Ausschreitungen in Bern kam es am 6. Oktober 2007 zwei Wochen vor den Parlamentswahlen, als ein bewilligter Umzug der Schweizerischen Volkspartei (SVP) durch eine unbewilligte und gewalttätige Gegendemonstration des Komitees «Schwarzes Schaf» gestört wurde.[1]
Inhaltsverzeichnis
Geschehen
Die SVP selbst rief zu einem Fest mit Umzug in Bern auf. Ihre politischen Gegner prägten hingegen dafür den Begriff Marsch auf Bern, was einen Bezug zu einer Demonstration der faschistischen Nationalen Front von 1937 bzw. direkt zu Mussolinis Marsch auf Rom von 1922 suggerieren sollte. Das Komitee «Das schwarze Schaf», das von Linksextremen (vergleiche auch Autonomen), Gewerkschaften und einigen linken Parteien getragen wurde, rief trotz abgelehntem Bewilligungsgesuch zu einer Gegendemonstration und einer Blockade der – durch die Berner Stadtbehörden bewilligten – SVP-Kundgebung auf. Damit wollte es nach eigenen Angaben den «rassistischen Grossaufmarsch» verhindern und die «Abscheu gegen die SVP-Hasskampagnen» ausdrücken.[2]
In der Folge versuchten Hunderte von Gegendemonstranten, die mehrere tausend Teilnehmer umfassende SVP-Kundgebung in der Berner Innenstadt zu Beginn durch Sitzstreiks zu blockieren, später auch gewaltsam aufzulösen. Dabei verletzten sie mehrere Dutzend Demonstranten, Passanten und Einsatzkräfte, darunter zahlreiche auch schwer. Weiter demolierten sie Autos, Imbissstände und öffentliche Einrichtungen und setzten sie zum Teil in Brand. Der Bundesplatz, auf dem die SVP ihre Kundgebung abschliessen wollte, wurde gestürmt.[3]
Das Komitee «Schwarzes Schaf» bezeichnete die Aktion als Erfolg; endlich habe man sich unmissverständlich dem «angebräunten Mob» entgegengestellt.
Öffentliche Wirkung
Alle Schweizer Parteien verurteilten die Ausschreitungen als Angriff auf die Demonstrationsfreiheit. Linke Parteien postulierten aber gleichzeitig eine Mitschuld der SVP wegen ihres polarisierenden Stils ganz allgemein und wegen der als Provokation empfundenen Abhaltung der zur Debatte stehenden Demonstration. Gegenüber letzterer äusserten auch einzelne Vertreter der politischen Mitte, aber auch der damalige SVP-Bundesrat Samuel Schmid, gewisse Reserven. [4] Vertreter der extremen Linken werteten die – letztlich erfolgreiche – Blockade der SVP-Kundgebung als Sieg. [5] Die SVP-Kundgebung – an sich eine unspektakuläre Veranstaltung im Vorfeld der Wahlen – wurde aufgrund des hart geführten Wahlkampfs von verschiedenen Seiten als unnötige oder übertriebene Machtdemonstration der SVP kritisiert.
Mit Verwunderung und Sorge nahmen einzelne internationale Medien zur Kenntnis, dass in der Schweiz die grösste an der Regierung beteiligte Partei derartige Werbung machen kann und es politische Ausschreitungen gibt. Sie zeichneten vereinzelt ein Bild eines egoistischen, rassistischen und gespaltenen Landes. The Independent fragte am 7. Oktober auf der Titelseite: «Ist die Schweiz das Herz der Finsternis in Europa geworden?».[6] Die New York Times berichtete am 8. Oktober auf der Frontseite von den Ausschreitungen in Bern.[7]
Politische Folgen
Den Entscheidungsträgern der Berner Polizei wurde vorgeworfen, die eingesetzten Verbände nicht mit dem erforderlichen Mannschaftsbestand und den nötigen Kompetenzen ausgestattet zu haben. Der Berner Sicherheitsdirektor Stephan Hügli wurde in der Folge von seiner eigenen Partei, der FDP, fallengelassen, die ihn nicht mehr für die anstehenden Gemeinderatswahlen vom 30. November 2008 nominierte.[8] Er trat aus der Partei aus[9] und kandidierte auf einer eigenen Liste (Forum «die Mitte»)[10], wurde jedoch nicht wiedergewählt[11].
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Wahlkampf in der Schweiz – Schwere Krawalle bei SVP-Marsch durch Bern, Berichterstattung auf Spiegel online vom 6. Oktober 2007
- ↑ Webauftritt des Komitees «Das schwarze Schaf»
- ↑ nzz.ch: Zwischen SVP-Himmel und schwarzer Hölle, vom 6. Oktober 2007
- ↑ Schweizer Radio DRS 1: Tagesgespräch vom 8. Oktober 2007
- ↑ SVP scheitert mit «Marsch auf Bern», Berichterstattung auf de.indymedia.org vom 6. Oktober 2007
- ↑ http://news.independent.co.uk/europe/article2938940.ece
- ↑ http://www.nytimes.com/2007/10/08/world/europe/08swiss.html
- ↑ http://www.derbund.ch/bern/dossier/die-gemeinderatswahlen/FDP-laesst-eigenen-Gemeinderat-fallen/story/17884161
- ↑ http://www.derbund.ch/bern/dossier/die-gemeinderatswahlen/Huegli-verlaesst-die-FDP-unter-Protest/story/27151428
- ↑ http://www.derbund.ch/bern/dossier/die-gemeinderatswahlen/Hueglis-Kampf-gegen-die-Vergangenheit/story/19397880
- ↑ http://www.derbund.ch/bern/Nause-neu-im-Gemeinderat-Huegli-abgewaehlt/story/11854444
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