- Recycling-Baustoff (Straßenbau)
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Ein Recycling-Baustoff (kurz RC-Baustoff) ist ein Baustoff oder ein Baustoffgemisch, das entsprechend seiner Herkunft unterschiedliche Stoffeigenschaften besitzt. Im Straßen- und Wegebau kommen zahlreiche dieser Stoffe (so genannte Sekundärrohstoffe) zum Einsatz, welche Abfallprodukte aus anderen Bereichen darstellen.
Allen Stoffen gemeinsam ist, dass durch ihre Verwendung wertvolle Ressourcen und Deponieraum gespart werden. Außerdem ist in vielen Fällen die Aufbereitung und Weiterverwendung finanziell günstiger als eine endgültige Beseitigung.
Inhaltsverzeichnis
Künstliche Mineralstoffe
Müllverbrennungsaschen
Als erste Gruppe der künstlichen Mineralstoffe sind die Müllverbrennungsaschen zu nennen. Sie entstehen, wie der Name sagt, bei der Verbrennung von Müll, genauer gesagt Hausmüll. Sie stellen ein besonderes Problem dar, da starke Schwankungen hinsichtlich der Zusammensetzung bestehen. Diese hängt von der Art des anfallenden Rohmülls, der zeitlich und regional große Unterschiede aufweisen kann ab. Eine grobe Einteilung der Zusammensetzung sieht folgendermaßen aus:
- 50 bis 60 % Glas- und Keramikbruch
- 30 bis 40 % Schlacken und Aschen
- 1 bis 5 % Metall
- 5 bis 10 % Sonstiges
- < 1 % unverbrannte Reste
Asche aus ein und derselben Müllverbrennungsanlage weist zudem im Laufe der Zeit eine unterschiedliche Zusammensetzung auf. Besonders starke Differenzen sind im Fein- und Feinstkornbereich zu beobachten, wenn Filterstäube schubweise bei der Verbrennung zugegeben werden. Um eine problemarme Weiterverwendung zu erreichen sollten die Filterstäube, die teilweise große Schadstoffmengen enthalten, nicht zugesetzt werden.
Ein weiterer Grund für die auftretenden Schwankungsbereiche ist das Behandlungsverfahren. Davon gibt es vier:
- Müllverbrennung
- Müllverschmelzung
- Müllverschwelung (Pyrolyse)
- Brennstoff aus Müll (BRAM)
Für den Straßenbau sind insbesondere die Produkte der beiden ersten Verfahren interessant. Bei der Müllverbrennung wird mit Temperaturen zwischen 800 und 1100 °C gearbeitet. Die hierbei entstehenden Aschen müssen weiter aufbereitet werden. Das heißt sie müssen mit hydraulischen Bindemitteln umhüllt werden, um Schadstoffaustritte zu vermeiden.
Bei der Müllverschmelzung werden Temperaturen von über 1300 °C erzielt. Dadurch werden vorhandene Schadstoffe weitgehend unschädlich gemacht. Die so erzeugten Aschen können sogar im bitumengebundenen Oberbau verwendet werden. Bei beiden Verfahren sind nach der Verbrennung Metallteile, Folienreste und unverbrannte Reste auszusortieren, je nach Einsatzgebiet erfolgt hier das Zerlegen in Korngruppen. Danach ist eine dreimonatige Haldenlagerung erforderlich, damit evtl. vorhandene unverbrannte Reste umgesetzt bzw. chemische Vorgänge, welche zur Volumenvergrößerung führen könnten, abgeschlossen werden können.
Flugaschen
Bei den Flugaschen unterscheidet man Steinkohlenflugaschen und Braunkohlenflugaschen. Die letztgenannten werden aufgrund ihres hohen Schadstoffanteils im Straßenbau nicht verwendet. Steinkohlenflugaschen werden im Folgenden behandelt.
Sie fallen bei der Verbrennung von Steinkohle in Kraftwerken mit Staub- und Rostfeuerungen in den Filteranlagen zur Entstaubung der Rauchgase (Elektrofilter) an. In ihrer Struktur sind sie mehlfein und bestehen zu 70 bis 90 % aus Schluffkorn, entsprechend aus 30 bis 10 % Sandkorn mit einem Größtkorn von 0,5 mm. Im Wesentlichen bestehen sie aus Alumosilikat-Glas mit kristallinen Einschlüssen und einem Rest an unverbrannter Kohle (1 - 15 %, meist ca. 5 %, Glühverlust). Sie können in folgenden Bereichen eingesetzt werden:
- als Füller im Asphalt für Deck-, Binder- und Tragschichten
- für Verfestigungen des Unterbaues
- zur Herstellung des Unterbaus
- als Zusatz zu Böden zur Verbesserung des Kornaufbaus im Untergrund oder für den Unterbau
- zur Herstellung von Lärmschutzwällen
Beim Einsatz in Asphalt sind die Anforderungen nach TL Füller zu berücksichtigen, im Betonbau dürfen nach DIN 1045 nur Steinkohlenflugaschen mit Prüfzeichen des DIBt (Deutsches Institut für Bautechnik) verwendet werden. Die Anforderungen sind im Einzelnen in den TL - SFA - StB 93 geregelt.
Schmelzkammergranulat
Schmelzkammergranulat wird bei der Verbrennung von Steinkohle in Kraftwerken mit Schmelzkammerfeuerung erzeugt. Die mineralischen Beimengungen der Kohle werden bei der Feuerung eingeschmolzen und anschließend im Wasserbad schockartig abgekühlt. Auf diese Weise entsteht ein glasartiges Mineralgemisch, bei dem jedoch die Einzelkörner durch den Kühlprozess rissig sind und eine geringe Festigkeit aufweisen. Durch Brechen wird dieses Mineralgemisch qualitativ so stark verbessert, dass es hohen Anforderungen standhält. Eingesetzt werden kann es für:
- Tragschichten ohne Bindemittel
- Bodenverfestigungen
- Untergrundverbesserungen und Unterbau
- sonstige Zwecke wie Leitungsgräben, Lärmschutzwälle, Pflasterbettungen und Fugenfüllungen, Sickerschichten und Sickerstränge.
- Verbesserungen von Mineralgemischen der Nebengesteine der Steinkohle, von feinkörnigen Böden und Sanden, von Flugaschen
- Wegebefestigungen
- Lärmschutzwälle
- Strahlgut
Anforderungen und Lieferkörnungen regeln die TL - SKG - StB.
Eisenhüttenschlacken
Hierzu zählen Stahlwerksschlacken und Hochofenschlacken. Stahlwerksschlacken entstehen im Rahmen der Gesteinsschmelze bei der Erzeugung von Rohstahl. Je nach Stahlerzeugungsverfahren wird die Bezeichnung der Stoffe gewählt. z. B. LD-Schlacke, Linz Donawitz Verfahren, Blasstrahlverfahren, SM-Schlacke, Siemens Martin Verfahren, Herdofenverfahren. Speziell die LD-Schlacken und weiterhin die Elektroofenschlacken werden im Straßenbau in:
- Tragschichten ohne Bindemittel
- bituminös oder hydraulisch gebundenen Tragschichten und Deckschichten
- Lärmschutzwällen
verwendet.
Hochofenschlacken entstehen als Gesteinsschmelze bei der Herstellung von Roheisen in Hochöfen. Je nach Art der Abkühlung entstehen:
- Hochofenstückschlacke (langsam erstarrt)
- kristalliner, poriger Hüttenbims (in Schäumanlagen mäßig schnell erstarrt)
- glasig, feinkörniger Hüttensand (in Granulationsanlagen sehr schnell abgekühlt)
Natürliche Mineralstoffe
Steinbruchabfälle und Nebengesteine der Steinkohle
Hier handelt es sich um Abraummassen in Steinbrüchen, das heißt sie stammen aus verwitterten Deckschichten bzw. aus minderwertigen Bereichen des Gesteinvorkommens.
Beide Stoffe weisen häufig eine unregelmäßige Kornverteilung auf, so dass sie erst durch Siebung in einzelne Kornfraktionen zerlegt werden müssen. Diese aufbereiteten Stoffe sind dann, entsprechend ihrer Herkunft, relativ hochwertige Baustoffe die ihren Einsatz bei:
- hydraulisch gebundenen Tragschichten
- Schottertragschichten
- Frostschutzschichten
- Bitumen gebundene Tragschichten
- Untergrundverbesserungen
finden. Bei den verbleibenden Resten, meist toniges Schluffgestein, ist bei der Lagerung darauf zu achten das kein übermäßiger Wasserzutritt erfolgt, da sonst bei Anwendung als Dammschüttmaterial Probleme bei der Verdichtung auftreten können. Ein weiterer Verwendungszweck dieser Stoffe liegt in der Schüttung von Lärmschutzwällen.
Konsumabfälle
Faserzusätze und Altpapier
Faserzusätze und Altpapier kann man in Splittmastix- und in Gussasphalten zur besseren Bindemittelverteilung und zur Stabilisierung des Asphaltes einbringen. Diese sind mineralisch (z. B. Gesteinswolle) oder organisch (z. B. Cellulose). Im Bereich der organischen Faserzusätze ist das Altpapier zu nennen, welches mit geringem Aufwand zum Faserzusatzstoff aufbereitet werden kann.
Altgummi aus Reifen
Gummi kann zur Modifizierung von Bitumen eingesetzt werden. Dieses Bitumen-Gummigemisch kann bei Oberflächenbehandlung zur Absiegelung von rissig gewordenen Decken bzw. zur Verhinderung von Reflexionsrissen sowie zur besseren Haftung des Abstreusplittes verwendet werden. Insbesondere in Kurven- und Kreuzungsbereichen (Brems- und Beschleunigungsstrecken) und bei Strecken mit schnellem Verkehr und hohen Deckentemperaturen wird eine bessere Haftung der Reifen auf der Fahrbahn erreicht. Weiterhin dient dieses Gemisch als Fugenvergussmasse sowie als spannungsabsorbierende Membranzwischenschicht bei Asphaltbeton Übergängen und Brückenabdichtungen. Die Eigenschaften des Bitumen-Gummigemisches sind abhängig von der Konzentration des Gummis und hier im Wesentlichen von dem Anteil an Naturgummipartikeln. Als wichtigste Eigenschaftsänderung ist die erhöhte Viskosität zu nennen. Weitere günstige Veränderungen sind eine höhere Alterbeständigkeit, Antieisbildungseffekt infolge der Elastizität sowie eine Lärmminderung.
In Australien und in den Vereinigten Staaten hat man 1983 Versuche zur Verwendung von Altgummi in Bitumen-Gummigemischen angestellt. In Australien wurde dabei festgestellt, dass sich mit Altgummi von LKW-Reifen bessere Ergebnisse erzielen lassen als mit Gummi von PKW-Reifen.
Altglas
Altglas kann in zerkleinerter Form als Dämmmaterial in ungebundenen Schichten und als Zuschlagstoff in gebundenen Schichten verwendet werden. Es liegen durchaus positive Erfahrungen mit diesem Stoff vor, zum Beispiel:
- höhere Verschleißfestigkeit
- gutes Reflexionsverhalten
- längere Wärmespeicherung und damit verbesserte Möglichkeiten zum Einbau in kalter Witterung
In den Vereinigten Staaten wird Altglas häufiger verwendet. Dort hat man ausgerechnet, dass sich auf einer Strecke von einem Kilometer Länge mit einer Einbaudicke von 7,5 cm und einem Glasbruchanteil von 65 % etwa zwei Millionen alte Flaschen unterbringen lassen. In Deutschland wird Altglas nicht verwendet, da man gerade hier bereits eine sehr hohe Recyclingquote hat.
Kunststoffe
Kunststoffabfälle lassen sich in gepresster Form (Gitterblöcke, Rasensteine) zur Bankettbefestigung und im Entwässerungsbau verwenden. Stark zerkleinert können sie dem Bindemittel zugesetzten werden und dort eine Modifizierung bewirken. Art und Umfang der Anwendung sind hier stark von der Art der Kunststoffe abhängig. Sie lassen sich mit dem Gummi vergleichen.
Industrielle Abfallstoffe
Sägemehl
In den USA (Staatsstraße 65, Nähe Marshall, Staat Washington) wurde in einem erdrutschgefährdeten Gebiet Sägemehl zur Schüttung eines Dammes verwendet. Zunächst wurden alle losen bereits gerutschten Materialien hügelabwärts geschoben. Diese dienten als Unterlage für den eigentlichen Damm. Dann wurde das Sägemehl mittels Planierraupen schichtenweise darauf verteilt und anschließend mit Bitumenemulsion angespritzt. Die Verdichtung erfolgte mittels der Bulldozer. Durch dieses Verfahren hat man das Gewicht des Dammes um 75 % reduziert. Laut Bericht sollen bis zum 8. Monat nach Fertigstellung der Straße keine Verformungen aufgetreten sein.
Bauschutt
Der Vollständigkeit halber ist hier noch der Bauschutt zu erwähnen. Er kann als Dammschüttmaterial und bedingterweise als Wegebaumaterial verwendet werden. Problem bei diesem Material ist ebenfalls eine stark unterschiedliche Zusammensetzung. Vor Verwendung ist die Eignung festzustellen. Gegebenenfalls müssen verrottbare Materialien aussortiert werden.
Allgemeine Vorgaben
Bei allen genannten Baustoffen ist folgendes zu beachten:
- Sie müssen für den jeweiligen Einsatz geeignet sein.
- Sie dürfen keine unzulässigen Schadstoffmengen enthalten bzw. nach entsprechender Aufbereitung abgeben. Die Erfüllung dieser Bedingungen sind mit den bekannten Eignungsprüfungen festzustellen, gegebenenfalls mit den entsprechenden Prüfverfahren, die für den jeweiligen Stoff in den entsprechenden Normen und Vorschriften genannt sind.
Literatur
- M. Lorenz, J. Lorenz: Handbuch Straßenbau, Fraunhofer IRB Verlag, 2006, ISBN 3-8167-7083-5, Seite 202 bis 204
- Bayerisches Umweltministerium (Hrsg.): Anforderungen an die Verwertung von Bauschutt in technischen Bauwerken, Leitfaden, 2005
- LAGA Mitteilung 20: Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/Abfällen
Weblinks
- Bauabfallverwertung in Bayern (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) (PDF-Datei; 130 KB)
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