- Auszug (Universitätsgeschichte)
-
Ein in früheren Zeiten in Universitätsstädten üblicher Protest war der Auszug. Hierzu verließen die Studenten oder Universitätsangehörige inklusive Professoren die Stadt, um ihren Protesten Ausdruck zu verleihen.
Inhaltsverzeichnis
Auszüge im Mittelalter
Mehrere Universitäten führen ihre Gründung auf einen Auszug von Dozenten und Studenten aus einer anderen Universität zurück.
Das berühmteste Beispiel ist die Universität Cambridge, die, zumindest der Legende nach, im Jahr 1209 von Akademikern gegründet wurde, die sich in Oxford mit den lokalen Autoritäten überworfen hatten.
Die Universität Heidelberg entstand 1386, als deutsche Studenten infolge des großen abendländischen Schismas zwischen Rom und Avignon ihre Stipendien für die Sorbonne verloren.
Nach Streitigkeiten an der Karls-Universität Prag zogen 1409 viele der dortigen deutschen Lehrkräfte und Studenten nach Leipzig (in der Markgrafschaft Meißen), wo die Artistenfakultät den Lehrbetrieb aufnahm. Die Universität Leipzig bekam sowohl von der Stadt als auch von den Landesherren mehrere Gebäude übereignet. Noch im selben Jahr wurde das „Studium generale“ durch Papst Alexander V. bestätigt.
Aus Rostock sind nicht weniger als drei Auszüge überliefert; aus dem ersten ging die Universität Greifswald hervor.
Dem Auszug ging oftmals eine Verrufserklärung gegen die Universität oder die Bürger der Universitätsstadt voraus.
Auszüge seit der Frühen Neuzeit
Gießen
Die Universität Gießen entstand, nachdem Landgraf Moritz von Hessen in Marburg gewaltsam das Calvinistische Bekenntnis eingeführt hatte.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Auszug von Studenten zunehmend als wirtschaftliches Druckmittel gegen die Behörden oder Bürger der Universitätsstadt genutzt, um studentische Interessen durchzusetzen. Aufgrund der großen wirtschaftlichen Bedeutung der Studenten für die oft kleinen Universitätsstädte gelang dies auch nicht selten.
Göttingen
So verließen 1790 die Göttinger Studenten die Stadt, um mehr Rechte zu erhalten. Sie kampierten auf dem Kerstlingeröder Feld vor den Toren der Stadt. Aufgrund der hohen Einnahmeverluste vieler Bürger, die von der Versorgung der Studenten lebten, gingen die Stadtväter auf die Forderungen ein, um die Studenten zurückzuholen [1]. Wie in solchen Fällen üblich zogen die Studenten mit viel Pomp und unter dem Jubel der Bevölkerung wieder in die Stadt.
Der Auszug nach Hann. Münden (1806) und der Auszug nach Witzenhausen im Jahr 1818 waren für die Studenten weniger erfolgreich.
Jena 1792
In Jena hatten die Schokoladisten unter den Studenten Unruhen ausgelöst. Aus Protest gegen die Verlegung von Militär in die Stadt Jena zog am 19. Juli 1792 ein Teil der Studenten aus bis nach Nohra (im Erfurtischen), dem ersten Ort außerhalb des Fürstentums, um hier für Versammlungs- und Vereinsfreiheit zu streiten. Nachdem die Weimarer Minister, u.a. Goethe, ihre Forderungen erfüllten, zogen sie wieder nach Jena zurück. Die livländischen Studenten schufen sich daraufhin eine neue Fahne, auf der zu lesen war Vivat Libertas Academica! (Hoch lebe die akademische Freiheit).[2]
Literatur
- Karsten Bahnson: Akademische Auszüge aus deutschen Universitäts- und Hochschulorten, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1973
Einzelnachweise
- ↑ Stadtarchiv Göttingen zum Auszug 1790
- ↑ Axel Kuhn und Jörg Schweigard Freiheit oder Tod (Stuttgarter Historische Forschungen 2), 2005, 191-193, ISBN 3412147052
Siehe auch
Kategorien:- Universitätsgeschichte
- Studentisches Brauchtum und Ritual
Wikimedia Foundation.