- Kerstlingeröder Feld
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Das Kerstlingeröder Feld ist eine heute fast 200 ha große Freifläche im Göttinger Wald.
Die in diesem Bereich im frühen Mittelalter gegründete Siedlung „(Klein-)Kerstlingeroda“ wurde zum Ende des 14. Jahrhunderts aufgegeben. Das Gebiet wurde jedoch weiter landwirtschaftlich genutzt. 1928 wurde ein Teil der Flächen von der Stadt Göttingen an die Reichsheeresverwaltung abgegeben. Während des Dritten Reiches mussten auch die benachbarten Flächen abgegeben werden. Eine 1985 durchgeführte, etwa 64 ha umfassende Erweiterung durch Rodung wurde von Protestdemonstrationen begleitet. Das Gebiet diente bis 1992 als Manövergelände für die in Göttingen gelegene Zieten-Kaserne, welche Mitte der 1930er Jahre am Lohberg errichtet worden war. Nach Abzug der Bundeswehr ging das Kerstlingeröder Feld wieder in den Besitz der Stadt Göttingen über. Nach Einstellung des militärischen Übungsbetriebs unterlagen die Freiflächen der natürlichen Sukzession, welche heute durch geeignete Pflegemaßnahmen aufgehalten wird. Die Fläche wird vom Stadtforstamt betreut.
Auf Grund des Vorkommens zahlreicher seltener Tiere und Pflanzen hat das Gebiet einen hohen Wert für den Naturschutz. Es liegt im Landschaftsschutzgebiet „Leinebergland“ und ist als Flora-Fauna-Habitat Teil des EU-Schutzgebietes Nr. 138 „Göttinger Wald“. Eine Ausscheidung als Naturschutzgebiet zusammen mit dem Stadtwald Göttingen erfolgte 2007 unter dem Namen „Stadtwald Göttingen und Kerstlingeröder Feld“. Es wurden 410 Gefäßpflanzen nachgewiesen, von denen die Mehrzahl gesetzlich geschützt ist. Von den 53 nachgewiesenen Vogelarten sind zum Beispiel Neuntöter, Wendehals und weitere fünf Arten auf der Roten Liste. Außerdem konnten 432 der 750 in Niedersachsen lebenden Schmetterlingsarten auf dem Kerstlingeröder Feld nachgewiesen werden.
Freizeit und Naherholung
Das Gebiet ist seit jeher ein beliebtes Ausflugsziel für die Göttinger Bevölkerung. Bereits am 17. März 1772 schrieb Georg Christoph Lichtenberg an seine Freunde: „… unter den Tagen, die ich in Göttingen seyn werde, soll der schönste in Kerstlingeröder Feld zugebracht werden …“ [1].
Der Göttinger Hainbund (eine literarische Gruppe) gründete sich hier am 12. September 1772.
Am 26. Juli 1790 kam es nach einem Streit der Studenten mit Handwerkern zum Auszug der Studenten der Universität Göttingen aus der Stadt zum Kerstlingröder Feld.[2] Es handelte sich um den erfolgreichsten Auszug der Studentenschaft in der Geschichte der Universität. Die Studenten setzten sich mit ihren Forderungen gegen die Stadt Göttingen und deren Bürger durch, die eingesehen hatten, dass eine Abwanderung der Studierenden einen wirtschaftlichen Schaden für die Stadt bedeutet hätte.
Weblinks
- Dennis Müller: Das Ökosystem „Kerstlingeröder Feld“ Ehemaliger Truppenübungsplatz und späteres Naturschutzgebiet mit FFH-Gebiet; in Schauplätze und Themen der Umweltgeschichte - Umwelthistorische Miszellen aus dem Graduiertenkolleg Werkstattbericht; Hg. Bernd Herrmann Ulrike Kruse, S. 205 - 214, 2010
- Das Waldblatt Nr. 2: Gutshof Kerstlingeröderfeld
- Das Waldblatt Nr. 4: Paradies aus zweiter Hand
- Informationen des NABU Göttingen
- Informationen zur Vogelwelt des Kerstlingeröder Feldes beim Arbeitskreis Göttinger Ornithologen (AGO)
Einzelnachweise
- ↑ Georg Christoph Lichtenberg an Christiane und Johann Christian Dietrich
- ↑ Stadtarchiv Göttingen zum Auszug 1790
51.52444541111110.007944108333Koordinaten: 51° 31′ 28″ N, 10° 0′ 28,6″ OKategorien:- Göttingen
- Geographie (Niedersachsen)
- Göttinger Studentengeschichte
- Studentengeschichte (18. Jahrhundert)
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