Renaissanceforschung

Renaissanceforschung

Der Begriff Renaissance (frz. „Wiedergeburt“, spr. ʀənɛˈsɑ̃s) wurde im 19. Jh. – vom italienischen rinascimento = Wiedergeburt ausgehend – geprägt, um das kulturelle Aufleben der griechischen und römischen Antike im Europa des 14.-17. Jhdts. zu kennzeichnen. Wissenschaft, Kunst und Gesellschaft zeigen seitdem eine Entwicklung des Menschen zu individueller Freiheit im Gegensatz zum Ständewesen des Mittelalters. Im engeren Sinne ist die Renaissance auch eine kunstgeschichtliche Epoche.

Der vitruvianische Mensch, Proportionsstudie nach Vitruv von Leonardo da Vinci (1492)

Allgemein wird der Begriff Renaissance auch verwendet, um die Wiedergeburt der Werte, Bauwerke usw. eines vergangenen Zeitalters oder einer Werteordnung zu bezeichnen.

Inhaltsverzeichnis

Zeitliche Einordnung

Die Anfänge der Renaissanceepoche werden im späten 14. Jahrhundert in Italien gesehen; als Kernzeitraum gilt das 15. und 16. Jahrhundert. Gegenüber dem älteren wissenschaftlichen Modell einer Initialbewegung in Italien und der unaufhaltsamen nachfolgenden Ausbreitung über Europa geht man heute in den Kulturwissenschaften immer mehr von einer mehrsträngigen und vernetzten Situation wechselseitiger Einflüsse aus.[1] [2]

Der Renaissance voraus ging die kulturgeschichtliche Epoche der Gotik, der Renaissance folgte der Barock.

Üblicherweise teilt man die kunstgeschichtliche Epoche der Renaissance, vor allem die italienische Renaissance, in drei Perioden ein:

  1. Frührenaissance
  2. Hochrenaissance
  3. Spätrenaissance oder Manierismus
Leonardo da Vinci - Abendmahl (1495-1498)

Etymologie

Erstmals wurde der Begriff (ital. rinascita oder Rinascimento [riˌnaʃːiˈmento] = Wiedergeburt) 1550 von dem italienischen Künstler und Künstlerbiographen Giorgio Vasari verwendet, um die Überwindung der mittelalterlichen Kunst zu bezeichnen. Vasari unterscheidet in der Entwicklung der Kunst drei Zeitalter:

  1. das glanzvolle Zeitalter der griechisch-römischen Antike;
  2. ein Zwischenzeitalter des Verfalls, das etwa mit der Epoche des Mittelalters gleichgesetzt werden kann;
  3. das Zeitalter des Wiederauflebens der Künste und der Wiedergeburt des antiken Geistes im Mittelalter seit etwa 1250.

So hätten bereits die italienischen Bildhauer, Architekten und Maler der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, darunter Arnolfo di Cambio, Niccolò Pisano, Cimabue oder Giotto, „in dunkelsten Zeiten den Meistern, die nach ihnen kamen, den Weg gewiesen, der zur Vollkommenheit führt“.

Um 1820/30 wurde er in der heute geläufigen Schreibweise aus dem Italienischen ins Französische übernommen, bis etwa 1840 im deutschsprachigen Schrifttum eine Entlehnung aus dem Französischen erfolgte, um eine kulturgeschichtliche Epoche Europas während des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit zu benennen. Der Begriff wurde maßgebend vom Basler Historiker Jacob Burckhardt mit seinem Werk „Die Kultur der Renaissance in Italien“ geprägt.

Ursprünge der Renaissance

Es gibt verschiedene Theorien, warum sich die Renaissance im Italien des ausgehenden Mittelalters entwickelt hat:

Assimilation des griechischen und arabischen Wissens

Das Wissen und die Ideen der Antike, die im Europa des Früh- und Hochmittelalters vergessen wurden, waren in Klosterbibliotheken, im arabischen Kulturkreis und Byzanz bewahrt worden. Wissenschaftler wie Gianfrancesco Poggio Bracciolini oder Niccolo Niccoli durchsuchten die Bibliotheken nach Werken klassischer Autoren wie Platon, Cicero und Vitruv.[3] Außerdem fiel während der fortschreitenden Reconquista auf der Iberischen Halbinsel den christlichen Eroberern eine Vielzahl an Werken griechischer und arabischer Autoren in die Hände. Alleine die Bibliothek von Cordoba soll 400.000 Bücher umfasst haben.[4]

Der Niedergang des Byzantinischen Reichs nach dem Vierten Kreuzzug bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken führte dazu, dass griechische Gelehrte nach Italien kamen, die das Wissen über die Kultur der griechischen Antike mitbrachten, welches im Byzantinischen Reich nach dem Untergang Westroms nahezu 1000 Jahre lang konserviert worden war. Bereits einige Jahre vor dem Ende des Oströmischen, also Byzantinischen (griechischen) Reiches war der Italiener Giovanni Aurispa nach Konstantinopel gegangen und hatte 1423 von dort über 200 Codizes mit Texten antiker profaner Literatur nach Italien gebracht.[5]

Soziale und politische Strukturen

Auch die sozialen und politischen Zustände im Italien des ausgehenden Mittelalters trugen zu den Umbrüchen bei.

Italien existierte nicht als politische Einheit, sondern war in kleinere Stadtstaaten und Territorien aufgeteilt. Im 15. Jahrhundert war es eine der am stärksten urbanisierten Gegenden Europas. Die Städte waren Republiken (aus heutiger Sicht Oligarchien) und boten relative politische Freiheit, die sich in wissenschaftlichen und künstlerischen Fortschritten widerspiegelte.[6]

In Italien war die Erinnerung an die Antike noch am lebendigsten.[7] Es war durch die Verbindungswege des Mittelmeerraums nach allen Seiten erschlossen. Die Handelszentren der Städte brachten es in Kontakt mit entfernten Gegenden, vor allem mit der Levante (siehe: Wirtschaftsgeschichte der Republik Venedig). Der Wohlstand, der durch den Handel entstand, machte es möglich, große öffentliche und private Kunstprojekte in Auftrag zu geben. Außerdem konnte mehr Zeit für Bildung aufgewendet werden.[8]

Der Schwarze Tod

Eine weitere Theorie macht den Schwarzen Tod und die daraus resultierende Änderung der Weltanschauung im 14. Jahrhundert für die Renaissance verantwortlich. Er führte zu einer Konzentration auf das Irdische statt auf Spiritualität und Jenseits. Außerdem wurden religiöse Kunstwerke finanziert. Dies alles erklärt jedoch nicht, warum die Renaissance in Italien begann, da es sich um eine Pandemie handelte, die überall in Europa wütete und nicht nur in Italien. Vermutlich muss die Renaissance als komplexes Zusammenspiel aller Faktoren gesehen werden.

Selbstverständnis

Das wesentliche Charakteristikum ist die Wiedergeburt des antiken Geistes. Der Humanismus ist die wesentliche Geistesbewegung der Zeit. Vorreiter waren italienische Dichter des 14. Jahrhunderts wie Francesco Petrarca, der durch seine ausgiebige Beschäftigung mit antiken Schriftstellern und durch seinen Individualismus den Glauben an den Wert humanistischer Bildung förderte und das Studium der Sprachen, der Literatur, der Geschichte und Philosophie außerhalb eines religiösen Zusammenhangs als Selbstzweck befürwortete. Das theozentrische Weltbild des Mittelalters wurde abgelöst durch eine stärker anthropozentrische Sicht der Dinge.

Diese „Wiedergeburt“ manifestierte sich darin, dass zahlreiche Elemente des Gedankenguts der Antike neu entdeckt und belebt wurden (Schriften, Baudenkmäler, Skulpturen, Philosophen, etc.). Dies wird insbesondere in den Künsten und ihren neuen, als fortschrittlich empfundenen Prinzipien deutlich, in denen die mystisch-geistig orientierte Formensprache des Mittelalters von weltlicher, mathematisch-wissenschaftlicher Klarheit abgelöst wurde. Als beispielhaft für die neue Weltsicht kann die Proportionsstudie von Leonardo da Vinci betrachtet werden. In ihr wird der Mensch in seiner körperlichen Beschaffenheit in das Zentrum gesetzt und zum Maßstab für ein neues Ordnungssystem gemacht. Man kann die Renaissance damit als Beginn der neuzeitlichen anthropozentrischen Weltsicht begreifen.

Philosophie

Seite mit Holzschnittbordüre aus dem ersten Band des neunbändigen Gesamtwerkes über die Schriften des Hl. Hieronymus (ca. 350–420), das bei Johannes Froben (1460–1527) in Basel vom 13. Januar bis 25. August 1516 gedruckt wurde. Wesentlich mitgearbeitet hat an der Ausgabe Erasmus von Rotterdam. Original im Besitz von Henryart

siehe Hauptartikel:Philosophie der Renaissance und des Humanismus

Die Philosophie der Renaissance wendet sich vom scholastisch vorchristlich aristotelischen Denken ab und ist vor allem dem Platonismus verpflichtet. Sämtliche Schriften Platons wurden ins Lateinische übersetzt. Viele Denker der Renaissance hängen dem Neuplatonismus an, der durch Georgios Gemistos Plethon, Marsilio Ficino und Giovanni Pico della Mirandola verbreitet wird. Eine weit verbreitete Geisteshaltung unter Gelehrten der Renaissance war der Humanismus.

Bildende Kunst

Leonardo da Vinci, Dame mit Hermelin. Im Besitz des Czartoryski-Museum in Krakau

In der Kunst waren Brunelleschi, Ghiberti und Donatello die Bahnbrecher der neuen Richtung, die schon in der Protorenaissance des 13. und 14. Jahrhunderts mit Nicola Pisano, Giotto di Bondone und anderen Künstlern ihre Vorläufer gehabt hatten.

Zur Nachahmung der antiken Kunst gesellte sich im 15. Jahrhundert die intensivere Beschäftigung mit der Natur, die einen wichtigen Aspekt in der Entwicklungsgeschichte der Renaissancekunst darstellt. Schon vor Vasari hatten Dichter wie Giovanni Boccaccio den Maler Giotto dafür gerühmt, dass er die Dinge so naturgetreu wie niemand vor ihm abzubilden verstand. Die Tendenz, Gegenstände und Personen der Natur gemäß zu gestalten, war seitdem ein Hauptanliegen der Künstler. In nahezu perfekter Ausprägung gelang ihnen eine solche naturalistische Darstellungsweise allerdings erst seit dem 15. Jahrhundert. Daher beschränken Kunsthistoriker den Renaissancebegriff meist nur auf die Kunstäußerungen des 15. Jahrhunderts, des Quattrocento, und auf die des 16. Jahrhunderts, des Cinquecento.

Eng mit der Forderung nach der Naturwahrheit in der Kunst hängt das Bekenntnis der Künstler zur Antike zusammen. Man bewunderte die antiken Kunstwerke als mustergültige Beispiele naturgemäßer Gestaltung und damit als nachzuahmende Beispiele dafür, wie man selbst die Natur darzustellen hatte. Der italienische Architekturtheoretiker Leon Battista Alberti forderte darüber hinaus, dass sich die Künstler darum bemühen sollten, „den antiken Meistern nicht nur gleichzukommen, sondern sie womöglich noch zu übertreffen“. Das heißt: Gute Kunst sollte das, was einem die Realität bietet, nicht getreu abbilden, sondern versuchen, das Naturvorbild zu verbessern und zu idealisieren.

Neben der Neubestimmung des Verhältnisses der Kunst zur Natur und der Verehrung der Antike stellte die Renaissance also auch die Frage nach dem Wesen der Schönheit. Die Künstler versuchen z. B., den idealschönen Menschen darzustellen. Ideale Maße und Proportionen spielen sowohl bei der Darstellung des menschlichen Körpers in der Malerei und Skulptur als auch bei der Konzipierung von Gebäuden eine Rolle. Die Künstler entwickeln mit der Zentralperspektive eine Methode, mit mathematischer Exaktheit Verkürzungen in der Raumtiefe darzustellen.

Die Frührenaissance nimmt ihren Ausgangspunkt in Florenz mit den Skulpturen Donatellos, den Bronzereliefs Ghibertis, den Fresken Masaccios und den Bauten Filippo Brunelleschis.

Die Zeit von ca. 1490/1500 bis 1520 bezeichnet man als Hochrenaissance. Zentrum dieser Periode, die sich durch das Streben nach höchster Vollkommenheit und Harmonie in der Kunst auszeichnet, ist das päpstliche Rom. In diese Zeit fallen Bramantes Zentralbau-Entwürfe für die neue Peterskirche in Rom, Leonardo da Vincis berühmteste Bilder („Das Abendmahl“; „Mona Lisa“, „Dame mit Hermelin“), Raffaels Ausmalung der „Stanzen“ und sein berühmtestes Altarbild, die „Sixtinische Madonna“, Michelangelos Skulpturen („David“, „Moses“) und seine Fresken an der Decke der Sixtinischen Kapelle sowie Dürers Meisterstiche.

Es folgt die etwa bis 1590 reichende Periode der Spätrenaissance oder Manierismus, die durch unterschiedliche künstlerische Tendenzen gekennzeichnet ist. So neigt der Manierismus zu Übertreibungen des Formenrepertoires der Hochrenaissance (z. B. übertriebene Raumfluchten, überlange und verdreht dargestellte menschliche Körper in heftiger Bewegung). Ein Merkmal des Manierismus ist z. B. die Figura serpentinata, wie sie der Bildhauer Giovanni da Bologna in seinem „Raub der Sabinerin“ (1583) dargestellt hat. Menschliche Gestalten werden dabei als sich schlangenartig nach oben windende Körper wiedergegeben. Die letzte Phase der Spätrenaissance geht dann allmählich in den Barock über.

Doch nicht überall in Europa läuft die Epoche der Renaissance nach einem identischen Muster ab. Während in Italien der Geist der Renaissance am frühesten einsetzte, besonders blühte und gleichermaßen Einfluss auf die Malerei, Bildhauerei und Architektur nahm, begann im Norden die Renaissance erst um oder nach 1500 und konnte sich hier nur bedingt und mit nationalem Einschlag durchsetzen. Auch sind in den Ländern außerhalb Italiens die Architektur und Bildhauerkunst stärker als die Malerei von der Antike beeinflusst worden. In Frankreich und Deutschland vermischte sich der antike Stil mit nationalen Elementen, welche in der ersten Epoche der Renaissance, der Frührenaissance, naturgemäß stärker hervortraten als in der Periode der Spätrenaissance, welche die antiken Formen üppiger und kräftiger ausbildete und so zu den Übertreibungen des Barockstils überleitete. Eine nationale Färbung hat die Renaissance auch in den Niederlanden, in Polen, in England und in Spanien erfahren.

Malerei

siehe Hauptartikel:Malerei der Renaissance

Die Mehrzahl der Gemälde der Renaissancekunst sind Altarbilder und Fresken religiösen Inhalts, die für Kirchen gemalt wurden. Die religiöse Gestalt wurde jedoch vermenschlicht, indem sie in einer irdischen Umgebung dargestellt wurde (Alltagskleidung). Außerdem entstanden Bilder mit weltlichen oder heidnisch-mythologischen Themen (z. B. Allegorien, antike Götter- und Heldensagen, antike Geschichte) und individuelle Bildnisse zeitgenössischer Persönlichkeiten. Daneben entwickelten sich erste Landschaftsdarstellungen und Sittenbilder, die das zeitgenössische Leben repräsentieren. Die Landschaftsdarstellungen sollten jedoch nicht ein genaues Abbild der Wirklichkeit darstellen, vielmehr symbolisierten sie das Grundprinzip der Schönheit. Diese Schönheit wurde als Natur definiert.

Die Raumtiefe wird mit den Mitteln der Zentralperspektive, also eines Fluchtliniensystems, geometrisch genau konstruiert. Hinzu kommen die Mittel der Luft- und Farbperspektive. Um ein dreidimensional wirkendes Bild auf einer zweidimensionalen Fläche darstellen zu können, musste sich der Künstler an optische und geometrische Regeln halten. Diese legten fest, dass der Horizont waagerecht auf Augenhöhe des Betrachters liegt. Um einem Bild räumliche Tiefe zu verleihen, laufen all seine parallel zum Erdboden verlaufenden Tiefenlinien auf einen Fluchtpunkt zu, der auf der Horizontlinie liegt.

In der Renaissance wurde immer mehr Wert auf die Anatomie des Menschen gelegt. Die Künstler erforschten Muskelzüge, Bewegungen, Verkürzungen und die Körperproportion an sich. Trotz dieser genauen Studien wurde der nackte menschliche Körper, wie bereits in der Antike, als Akt in idealisierten Proportionen dargestellt. Der Künstler sah seine Aufgabe darin, aus der Fülle der menschlichen Natur das Schöne herauszufiltern und so körperliche Vollkommenheit auszudrücken. Die Nacktheit stand symbolisch für die Unschuld, da sie als natürlich empfunden wurde und so ursprüngliche Schönheit ausdrückte. All diese Auffassungen von der menschlichen Gestalt wurden wie andere Dinge aus der Antike übernommen.

Ein symmetrischer, harmonisch ausgewogener Bildaufbau, unterstützt durch innerbildliche Kreis-, Halbkreis- und Dreiecksformen, wurde in der Malerei bevorzugt.

Bildhauerei

Die Bildhauer der Renaissance schaffen vor allem Standfiguren und Bildnis-Büsten. Auf den Plätzen der Städte werden Monumentalplastiken, beispielsweise in Form von Reiterstandbildern aufgestellt. Die Grabplastik für weltliche und geistliche Würdenträger verbindet z. B. in Form eines Wandgrabmals die Skulptur mit der Architektur zu einem Gesamtkunstwerk.

Renaissancebildhauer orientieren sich bei ihrer Arbeit an antiken Vorbildern. Skulpturen werden allseitig durchmodelliert, der Mensch in seiner Nacktheit dargestellt, die Beinstellung erfolgt oft im klassischen Kontrapost. Anatomische Vorstudien dienen dazu, den menschlichen Körper wirklichkeitsgetreu wiederzugeben.

Architektur

In der Architektur der Renaissance gibt es drei Tendenzen. Die eine besteht darin, die Formensprache der Antike in klassischer Strenge wieder zu beleben. In Italien war dieses Ziel mit der Hochrenaissance durch Donato Bramante gegen 1500 erreicht und setzte sich von da an in ganz Italien durch. Italienische Renaissancebauten wurden klar, überschaubar und harmonisch ausgewogen konzipiert.

Antikische, klassizistische Renaissance

Die Architekten orientierten sich bei den Grundrissen an einfachen idealen geometrischen Formen wie dem Quadrat oder dem Kreis. Man entlehnt Bauelemente wie Säulen, Pilaster, Kapitelle, Dreiecksgiebel etc. direkt der (griechischen) Antike. Daneben kommt es zu eigenen, von antiken Vorbildern abgeleiteten Entwicklungen, etwa der toskanischen Säule. Die einzelnen Bauglieder hatten unter sich und mit dem ganzen Gebäude in Übereinstimmung zu stehen. Man studiert die Architektur-Traktate des römischen Baumeisters Vitruv, um daraus Anhaltspunkte für idealschöne Proportionen zu gewinnen.

Analogische Renaissance (Früh- bzw. nordische Renaissance)

Die zweite Tendenz besteht darin, der Antike entlehnte, aber auch neue formensprachliche Elemente wie in der mittelalterlichen Baukunst in analogischer Weise zu variieren, ohne eine streng gesetzmäßige Baukunst anzustreben. Wichtiger als die klassische Regel ist der inhaltliche Aspekt der antikisierenden Motive, die hohes soziales Prestige, aber auch antikes Ethos vermitteln.

Die Nachahmung antiker Bauelemente wie Gebälke, Kapitelle oder Profile geschieht nicht in voller Strenge, sondern gemäß der mittelalterlichen Baupraxis nur imitatorisch-variierend. Teilweise stammen die Vorlagen aus der der Antike ähnlichen romanischen Architektur. Beispiel: Der Turm der Heilbronner Kilianskirche ab 1513. Häufig sind reiche Ornamentierungen durch Maßwerk, Arabesken, später durch Rollwerk, Beschlagwerk, Schweifwerk u. a. Die Vertikale in der Tradition der Gotik ist nach wie vor stark betont. Die Werkmeister sind in der Regel keine Intellektuellen wie in Italien, sondern oft der Tradition mittelalterlicher Handwerksbetriebe verpflichtet. Die Grundrisse und Fassaden sind oft asymmetrisch.

Renaissancegotik oder auch Nachgotik

siehe auch Hauptartikel: Nachgotik

Die dritte Tendenz ist die Weiterverwendung gotischer Motive, die im Gegensatz zu den antiken Formen als modern empfunden werden und gerne zur Kennzeichnung von Kirchengebäuden verwendet werden.[9] Ein Beispiel ist die Kirche St. Mariä Himmelfahrt (Köln)[10] .[11]

Auf der Seite der Architekturtheorie findet sich erstere Tendenz im Architekturtraktat wieder, letztere im Musterbuch. Generell kann gesagt werden, dass je stärker eine Kultur das Mittelalter nicht als Kulturverfall und im Gegensatz zur Antike empfand, desto mehr wurde die zweite und dritte Tendenz bevorzugt. Das gilt vor allem im mittel- und im nordeuropäischen Raum, wo die Baukunst der Nordischen Renaissance völlig andere Formen erreichte.

In Frankreich war die klassische antikisierende Strenge der Hochrenaissance gegen 1550 eingeholt (vgl. Westflügel des Louvre 1550–1558 durch Pierre Lescot), daneben gab es noch zahlreiche Kirchenbaustellen, auf denen noch mit gotischen Motiven gebaut wurde. Auf der iberischen Halbinsel bilden beide Tendenzen ein Nebeneinander, das sich bis in die Barockzeit fortsetzt. Im germanischen Europa und Polen kam es teilweise zu einer Vermischung beider Tendenzen (z. B. Heidelberger Schloss oder das Wawel-Schloss in Krakau), jedoch blieb die analogische Form der Renaissance bis zum Schluss dominant.

Wichtige Renaissancekünstler

Dichter und Schriftsteller der Renaissance

In der Literatur leiten im 14. Jahrhundert Dante Alighieris „Göttliche Komödie“ (La Divina Commedia, 1307–1321), Francesco Petrarcas Briefe, Traktate und Gedichte und Giovanni Boccaccios Il Decamerone (1353) das Zeitalter der Renaissance ein. Graf Baldassare Castiglione beschreibt in Il Cortegiano (1528) den Idealtypus eines Renaissancemenschen.

Die Literatur nahm nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg in der Renaissancezeit einen ungeheuren Aufschwung.

Zu den berühmten Dichtern und Schriftstellern der Renaissance zählen:

Musik

Siehe ausführlichen Artikel: Renaissancemusik.

Die Musik der Renaissance war zunächst durch das Zeitalter der Franko-Flamen bestimmt, ab der Mitte des 16. Jahrhunderts kamen die wesentlichen Impulse dann aus Italien, besonders durch Komponistenströmungen wie die Florentiner Camerata, die Römische Schule und die Venezianische Schule.

Siehe auch: Liste von Komponisten der Renaissance

Besondere Eigenschaften und Stilmittel der Renaissancemusik:

Siehe auch: Formenlehre (Musik) - Renaissance

Ökonomie/Soziales

Ökonomisch kam es in der Renaissance zur Durchbrechung des mittelalterlichen Zinsverbots und zur Abschaffung der mittelalterlichen Brakteatenwährung. Dies ermöglichte einerseits den Aufstieg der frühneuzeitlichen Bankhäuser wie die der Fugger oder der Medici, andererseits bedeutete das für viele, insbesondere für die Landbevölkerung, einen beträchtlichen sozialen Abstieg. Die sich daraus ergebenden sozialen Spannungen entluden sich u. a. durch die Bauernkriege.

Die Einführung der Doppelten Buchführung in Konten erlaubte eine sehr viel stärkere Kontrolle des Erfolges wirtschaftlicher Unternehmungen.

Siehe auch

Literatur

  • Leonid M. Batkin: Die historische Gesamtheit der italienischen Renaissance. Verlag der Kunst, Dresden 1979.
  • Jan Bialostocki: Spätmittelalter und beginnende Neuzeit. Propyläen-Verlag, Berlin 1990. ISBN 3-549-05107-7
  • Boris von Brauchitsch (Hrsg.): Renaissance. Das 16. Jahrhundert, Galerie der großen Meister. DuMont, Köln 1999. ISBN 3-7701-4620-4
  • Jakob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Insel-Verlag, Frankfurt/M. 2003. ISBN 3-933203-89-9
  • Peter Burke: Die europäische Renaissance. Zentren und Peripherien. Beck, München 2005. ISBN 3-406-52796-5
  • André Chastel: Italienische Renaissance. Beck, München 1965.
  • André Chastel: Kunst, Ideen, Geschichte. Der Mythos der Renaissance. Edition Skira, Genf 1969.
  • Denys Hay: Die Renaissance. Die Rückwendung zur Antike. Rheingauer VG, Eltville 1986. ISBN 3-88102-078-0
  • Ernst Gombrich: Zur Kunst der Renaissance. Ausgewählte Aufsätze. Klett-Cotta, Stuttgart
    • 1. - Norm und Form. 1985. ISBN 3-608-76146-2
    • 2. - Das symbolische Bild. 1986. ISBN 3-608-76147-0
    • 3. - Die Entdeckung des Sichtbaren. 1987. ISBN 3-608-76148-9
    • 4. - Neues über alte Meister. 1988. ISBN 3-608-76152-7
  • Ludwig H. Heydenreich: Studien zur Architektur der Renaissance. Fink, München 1981. ISBN 3-7705-1066-6
  • Johan Huizinga: Das Problem der Renaissance. Wagenbach, Berlin 1991. ISBN 3-8031-5135-X
  • Michael Jäger: Die Theorie des Schönen in der italienischen Renaissance. DuMont, Köln 1990. ISBN 3-7701-1739-5
  • Hubert Janitschek: Die Gesellschaft der Renaissance in Italien und die Kunst. Vier Vorträge. Spemann, Stuttgart 1879.
  • Georg Kauffmann: Die Kunst des 16. Jahrhunderts. Propyläen-Verlag, Berlin 1990. ISBN 3-549-05108-5
  • Paul Oskar Kristeller: Humanismus und Renaissance. Fink, München
    • 1. - Die antiken und mittelalterlichen Quellen. 1974.
    • 2. - Philosophie, Bildung und Kunst. 1976.
  • Richard Mackenney: Renaissances. The cultures of Italy, ca. 1300 - ca. 1600. Palgrave Macmillan, Basingstoke 2005. ISBN 0-333-62905-1
  • Alfred von Martin: Soziologie der Renaissance, Dritte Auflage, München: C.H. Beck, 1974 (Erste Auflage 1932).
  • Walter Paatz: Die Kunst der Renaissance in Italien. Kohlhammer, Stuttgart 1961.
  • Volker Reinhardt: Die Renaissance in Italien. Geschichte und Kultur. Beck, München 2002. ISBN 3-406-47991-X
  • Die Renaissance. Maler des 15. und 16. Jahrhunderts, Eltville a.Rh.: Bechtermünz Verlag, 1989 (Darstellung von 27 Malern der Renaissance und ihrer Werke)
  • Frederick A. van Scheltema: Die Kunst der Renaissance. Kohlhammer, Stuttgart 1957.
  • Erwin Panofsky: Die Renaissancen der europäischen Kunst. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2004. ISBN 3-518-28483-5
  • Anne Schunicht-Rawe, Vera Lüpkes (Hrsg.): Handbuch der Renaissance. Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich. DuMont, Köln 2002. ISBN 3-8321-5962-2
  • Rudolf Schürz: Der Geist der Renaissance in der venezianischen Malerei, eine kunstgeschichtliche Betrachtung neuer Ideen die von Venedig ausgingen. Scharnstein 2007.
  • Jeffrey C. Smith: The Northern Renaissance. Phaidon Books, London 2004. ISBN 0-7148-3867-5
  • Samuel H. Thomson: Das Zeitalter der Renaissance. Von Petrarca bis Erasmus. Kindlers Kulturgeschichte Europa Bd. 11. Dtv, München 1983. ISBN 3-423-05941-9
  • Edgar Wind: Heidnische Mysterien in der Renaissance. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1987. ISBN 3-518-28297-2
  • Heinrich Wölfflin: Die klassische Kunst. Einführung in die italienische Renaissance. Schwabe, Basel 1983. ISBN 3-7965-0286-5
  • Manfred Wundram: Renaissance. Reclam, Stuttgart 2004. ISBN 3-15-018173-9
  • Marina Belozerskaya: Rethinking the Renaissance. Burgundian Arts across Europe. Cambridge (MA) 2002.

Einzelnachweise

  1. Peter Burke: Die europäische Renaissance. Zentren und Peripherien, München 1998.
  2. Marina Belozerskaya: Rethinking the Renaissance. Burgundian Arts across Europe, Cambridge (MA) 2002.
  3. Strathern, Paul: The Medici: Godfathers of the Renaissance (2003) p81-90, p172-197
  4. The Islamic World to 1600, University of Calgary Website (Stand 10.05.2007)
  5. History of the Renaissance, HistoryWorld (Stand 10.05.2007)
  6. Julius Kirshner: Family and Marriage: A socio-legal perspective. Italy in the Age of the Renaissance: 1300-1550. Bearb. v. John M. Najemy. Oxford University Press, Oxford 2004, S. 89
  7. Jacob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien. Bearb. v. Walter Goetz. 12. Auflage. Kröner, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-520-05311-4. Burckhardt kennzeichnet die Italiener der beginnenden Renaissance als ein „noch halb antikes Volk.“
  8. Burckhardt a.a.O. Darin: Die Republiken: Venedig und Florenz.
  9. Hermann Hipp: Studien zur "Nachgotik" des 16. und 17. Jahrhunderts in Deutschland, Böhmen, Österreich und der Schweiz. 3 Bde. Diss. Tübingen 1979.
  10. Ethan Matt Kavaler: Renaissance Gothic. Pictures of Geometry and Narratives of Ornament. In: Art History 29 (2006), S. 1 - 46.
  11. Hermann Hipp: Die Bückeburger "structura". Aspekte der Nachgotik im Zusammenhang mit der deutschen Renaissance. In: Renaissance in Nord-Mitteleuropa I (= Schriften des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake 4). München, Berlin 1990. S. 159 -170.

Weblinks


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