Autoerotischer Unfall

Autoerotischer Unfall
Le délaissé („Der Vernachlässigte“), satirische Zeichnung von Martin van Maële, 1905
Ein autoerotischer Unfall infolge eines über den Penis gezogenen Eherings (Penisstrangulation). In diesem Bild wird der Ring durch einen Arzt nach elf Stunden mit einem Ringschneider geöffnet.[1]
Der Penis mit starker Ödembildung nach dem Öffnen des Eherings

Ein autoerotischer Unfall ist ein Vorgang, bei dem sich ein Mensch bei der Masturbation oder einer anderen autoerotischen Betätigung unabsichtlich eine erhebliche Verletzung zufügt. Im Falle einer tödlichen Verletzung verwendet man den Begriff autoerotischer Selbsttötungsunfall.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Überwiegend kommt es bei autoerotischen Betätigungen zu leichten oder schwereren Verletzungen, die statistisch nicht erfasst werden. Betroffen sind überwiegend Männer. Da viele Patienten den tatsächlichen Unfallhergang aus Scham dem Arzt gegenüber verschweigen, liegen genaue Zahlen über die Häufigkeit nicht vor. Auch bei tödlichen autoerotischen Unfällen werden diese häufig nicht als solche erkannt und untersucht. Schätzungen gehen von einem bis zwei tödlichen Unfällen im Zusammenhang mit der Selbstbefriedigung pro einer Million Personen und Jahr aus.[2]

Arten

Autoerotische Unfälle lassen sich grob in folgende Kategorien einteilen:

Problematisch sind Praktiken der Selbstbefriedigung, die auf unterschiedliche Weise zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn führen und so ein Lustgefühl verursachen. Das umfasst die Inhalation von rauscherzeugenden und erstickenden Stoffen, die Anbringung von mechanischen und auch elektrischen Reizquellen an erogenen Zonen und Genitalien, aber auch unterschiedlichste Formen der Strangulation oder Abschnürung von Körperteilen und Genitalien. Wegen des teilweise erheblichen Gefahrenpotentials vieler dieser Techniken kommt es häufiger auch trotz vorher durchgeführter Sicherheitsmaßnahmen zu schweren bis tödlichen Verletzungen bei der Selbstbefriedigung.

Erforschung

Schon um 1900 wurden einzelne kuriose Auffindesituationen bei Todesfällen mit offenbar autoerotischem Hintergrund in Aufsätzen beschrieben, doch erst in den 1960er Jahren wurden autoerotische Unfälle systematisch erforscht und Dissertationen und Zeitschriftenaufsätze hierzu veröffentlicht. Besondere öffentliche Aufmerksamkeit erregte eine 1978 verfasste Dissertation über Staubsauger-Unfälle.[3]

Forensische Probleme

Auch ohne Verschleierungsversuche von Hinterbliebenen oder der Betroffenen selbst besteht die Schwierigkeit einen tödlichen autoerotischen Unfall von einem allgemeinen Unfall, einem Sexualdelikt oder von einem Suizid zu unterscheiden. Indizien für einen autoerotischen Hintergrund bei einem Leichenfund können beispielsweise sein: die Entblößung von Genitalien, das Vorhandensein von Knebelungen, Schnürungen, Fesselungen von Körperteilen, angelegte elektrische Kabel am Körper, aufgestellte Spiegel zur Selbstbetrachtung, pornografische oder Aktdarstellungen am Fundort, bei männlichen Opfern auch Damenkleidung in unmittelbarer Nähe oder in angelegter Form.

Rechtliche Probleme

Wenn Betroffene versuchen, die Ursache ihrer Verletzungen zu verschleiern, kommt es gelegentlich zu Problemen mit der Krankenversicherung. Durch Rekonstruktion des Hergangs durch rechtsmedizinische Sachverständige muss dann geklärt werden, ob es sich um einen häuslichen Unfall oder einen Eingriff handelt, den der Versicherte an seinem Körper vorgenommen hat.[4]

Ein autoerotischer Unfall mit Todesfolge zählt nicht als Unfall im Sinne der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen und führt von daher nicht zu einer Leistungspflicht der Unfallversicherung.[5]

Literatur

  • A. Sauvageau und S. Racette: Autoerotic deaths in the literature from 1954 to 2004: a review. In: J Forensic Sci 51, 2006, S. 140–146. PMID 16423241
  • Werner Kammer, Klinik der Penisverletzungen unter Berücksichtigung des masturbatorischen Aspektes, med. Diss. Universität München, 1971
  • Hans Krings, Autoerotische Unfälle, Diss. Universität Köln, 1973
  • Peter Schwab, Todesfälle durch Strangulation und Rückatmung bei autoerotischer Betätigung, Diss. Universität Düsseldorf, 1975
  • Werner Naeve, Sigrid Wittram, Tödliche autoerotische Unfälle. Die versicherungsmedizinische Untersuchung und Begutachtung von Todesfällen in „autoerotischer Fundsituation“, 1977 (basierend auf der Dissertation von S. Wittram, Universität Hamburg, 1975)
  • Atlas der gerichtlichen Medizin, hrsg. v. Waldemar Weimann, Otto Prokop und Georg Radam, 2. Aufl. 1987 (ISBN 3-8055-4144-9), S. 581–605
  • zahlreiche Artikel in der Zeitschrift Archiv für Kriminologie (Band/Seite): 125/164, 129/16/71, 131/166, 133/142, 135/16, 136/22, 137/17, 142/133, 148/106, 163/25, 171/19, 188/20, 192/17, 199/27, 200/65, 207/148, 212/176 usw.

Weblinks

Quellen

  1. G. M. Pinggera u. a.: Penile strangulation in a patient with Parkinson's disease: a case report. In: Cases Journal 2, 2009,9379 doi:10.1186/1757-1626-2-9379
  2. Vgl. Klaus M. Beier (Hrsg.), Sexualmedizin. Grundlagen und Praxis, 2. Aufl. 2005, S. 489
  3. T. M. Alschibaja: Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern (pdf-Datei)
  4. J. Falk, T. Riepert, M. Rothschild: Traumatische Teilamputation des Penis – zur Rekonstruktion eines Unfallgeschehens. In: Versicherungsmedizin 57.2005,1, S. 17–19. PMID 15759810
  5. LG Heidelberg, Urteil vom 14. Dezember 1995, Az. 1 O 187/95
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