- Rettichstrafe
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Die Rettichstrafe (griech. ῥαφανιδόω „ich bestrafe mit dem Rettich“) war eine zumindest in Athen, möglicherweise auch in anderen Teilen des antiken Griechenlands, angewendete Körperstrafe.
Die Rettichstrafe wurde bei einem moichós (ο μοιχός „Ehebrecher“) angewandt. Wurde ein moichós vom kyrios (Vormund der Frau) auf frischer Tat ertappt, so konnte dieser laut Gesetz den moichós bestrafen, ohne Sanktionen dafür befürchten zu müssen. Diese Strafe konnte im Extremfall die Tötung des moichós sein, aber auch körperliche Strafen oder nur die Gefangensetzung zum Zwecke der Einforderung einer Entschädigung umfassen. Eine der möglichen Strafen war die Rettichstrafe. Bei dieser wurde dem moichós ein Rettich in den After eingeführt, und die Schamhaare wurden ihm mit heißer Asche entfernt. Zu dem physischen Schmerz kam hier die psychische Demütigung der gewaltsamen Penetration (Feminisierung) hinzu. Die Strafe war zudem etwas Besonderes, da athenische Bürger ansonsten laut Gesetz nicht mit Körperstrafen bedacht werden durften; diese Strafen waren Kindern und Sklaven vorbehalten.[1]
Auf diese Strafe bezugnehmend, spottete der Komödiendichter Xenarchos darüber, dass es für einen attischen Mann kaum möglich sei, mit einer fremden verheirateten Frau zu schlafen, wo er doch immer an die Gesetze Drakons – und damit an diese Strafe – denken musste. Auch in den Wolken des Aristophanes debattieren zwei Anwälte über einen ertappten moichos und dessen Bestrafung, wobei der Anwalt des geschädigten Mannes die Rettichstrafe durchsetzen möchte. In Theophrasts Geschichte der Pflanzen werden verschiedene Retticharten aufgeführt, wobei anzunehmen ist, dass der für die Bestrafung benutzte Rettich die korinthische Unterart war, da diese von besonderer Größe war.
Manche moderne Forscher glauben, dass nicht nur Rettiche, sondern auch Skorpionfische in derselben Weise und bei denselben Vergehen wie ein Rettich verwendet wurden. Nach der rektalen Einführung wäre jedoch eine Entfernung des Fisches wegen der sich aufstellenden Kiemen ohne starke Verwundungen kaum möglich. Hinzu kommt die Giftigkeit des Fisches, die eine langsame, potenziell tödliche Vergiftung hervorrufen würde. Eine solche Art der Folter ist jedoch für Athen kaum anzunehmen, wie es der britische Althistoriker David Cohen nachwies.[2]
Literatur
- Kenneth J. Dover: Homosexualität in der griechischen Antike. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-07374-3 (Original: Greek homosexuality. London 1978)
- David Cohen: A note on Aristophanes and the Punishment of Adultery in Athenian Law. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung. Band 102, 1985, S. 385–387
- Debra Hamel: Der Fall Neaira. Die wahre Geschichte einer Hetäre im antiken Griechenland. Primus-Verlag, Darmstadt 2004, ISBN 3-89678-255-X.
Einzelnachweise
- ↑ Giuseppe Cambiano: Mensch werden. In: Jean-Pierre Vernat: Der Mensch der griechischen Antike. Fischer, Frankfurt 1996, S. 102
- ↑ David Cohen: A note on Aristophanes and the Punishment of Adultery in Athenian Law. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung, Band 102, 1985, S. 385–387
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