Autowelle

Autowelle

Eine autokatalytische Welle tritt auf, wenn sich bei einer autokatalytischen chemischen Reaktion nicht nur zeitliche Oszillationen, sondern auch räumliche Muster bilden. Ein erstes, modellhaftes Beispiel war die Belousov-Zhabotinsky-Reaktion (1950/59). Bedeutend sind solche Wellen in biologischen Zellaggregaten (Herzmuskel).

In Teilgebieten der Physikalischen Chemie und Theoretischen Biologie wird die Kurzbezeichnung autowave verwendet und auch auf andere Beispiele für Strukturbildung in aktiven Medien angewandt. Der deutsche Übersetzungsversuch Autowelle ist unüblich.

Die Wortprägung autowave lässt sich mindestens bis ins Jahr 1973 zurückverfolgen (Zhabotinsky und Zaikin, siehe #Literatur) und wurde und wird überwiegend von russischen Wissenschaftlern verwendet; ob sie sich international durchsetzen wird, ist heute (2005) noch offen.

Verallgemeinerungen

Verallgemeinert kann man immer dann von einer Autowelle reden, wenn eine Welle nicht von außen erregt wird, sondern ihre Energie aus eben dem "aktiven" Medium bezieht, in dem sie sich ausbreitet. Beispiele:

  • Lichtverstärkung im Laser (von daher bestehen enge Bezüge zur Synergetik);
  • die "Stadionswelle" La ola (die Fans sind zugleich Erreger und Übermittler)
  • Staubildung im Straßenverkehr
  • virtuell beispielsweise in Conways Spiel des Lebens oder Wator
  • Optische Rückkopplung zwischen einer Aufnahmekamera und dem zugehörigen Monitor, wenn letzterer formatfüllend von ersterer abgebildet wird: von (spontanen oder beabsichtigten)Störstellen (Reflexen) ausgehend breiten sich wellenartige Fronten aus - ähnlich einem Wasserfilm, der bei starkem Regen über eine Fensterscheibe fließt.

Weiter verallgemeinert wird auch von einer autowave gesprochen, wenn keine zeitliche Periodizität gegeben ist, sondern sich eine Front (vergleiche Druckfront, Stoßfront, Reaktionsfront) nur einmal durch ein aktives Medium ausbreitet. Beispiele:

  • Umfallen einer Kette von Dominosteinen (jeder Stein gibt potentielle Energie ab)
  • Flammenfronten von Waldbränden (zweidimensionale Verallgemeinerung der Domino-Kette)
  • biochemische Weiterleitung von Impulsen im Nervensystem
  • Ausbreitung des Schleimpilzes Dictostelium discoideum

Eher irreführend ist die Verwendung des Begriffs autowave, wenn rein zeitliche Oszillationen darunter gefasst werden:

Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Autowelle und konventioneller Welle

  • Analog zu konventionellen Wellen können auch in diesen sich ausbreitenden Mustern meist eine Wellenlänge, Frequenz und Ausbreitungsgeschwindigkeit definiert werden.
  • Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist aber nicht konstant, sondern abhängig von der Krümmung der Wellenfront: Oberhalb einer bestimmten Krümmung findet keine Ausbreitung statt, während die Ausbreitungsgeschwindigkeit bei negativer Krümmung weiter zunimmt.
  • Treffen zwei gegenläufige Autowellenfronten aufeinander, so löschen sie sich gegenseitig aus (Annihilation), während sich konventionelle Wellen ungestört überlagern (nach dem Superpositionsprinzip). Auch gibt es keine Kohärenz.
  • Eine Reflexion an einem Hindernis findet nicht statt.
  • Die autokatalytische Wellenfront umläuft Hindernisse. Trifft eine gerade Wellenfront auf ein Hindernis, welches eine Lücke enthält, so breitet sich die autokatalytische Welle hinter der Lücke konzentrisch aus. Autokatalytische Wellen zeigen also, wie andere Wellen auch, das Phänomen der Beugung. Das Huygenssches Prinzip gilt also ebenfalls. Wegen fehlender Interferenz werden jedoch keine Beugungsmuster beobachtet, sondern Annihilation bzw. Verschmelzung von Wellenfronten.
  • Die in einer Wellenfront gespeicherte Energie ist bei einer Autowelle proportional zur Frontlänge, bei einem konventionellen Wellenpaket ist sie konstant.
  • Eine Besonderheit von Autokatalytischen Wellen in erregbarer Medien ist das Auftreten von sogenannten Spiralwellen, auch Vortexwellen oder (bei dreidimensionalen Wellen) auch scrollwaves genannt. Solche Spiralwellen sind die physische Ursache des Kammerflimmerns im Herzmuskel.

Literatur

  • Zhabotinsky, A. M. & Zaikin, A. N. [1973] "Autowave processes in a distributed chemical system" J. Theor. Biol. 40, 45-61. Ältester Beleg für die Wortprägung autowave ??

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