Rollendistanz

Rollendistanz

Rollendistanz bezeichnet in der Soziologie (und insbesondere im symbolischen Interaktionismus von Erving Goffman) die Fähigkeit, Normen oder Rollenerwartungen wahrzunehmen, sie zu interpretieren und mit ihnen reflektierend so umzugehen, dass die eigenen Bedürfnisse in das Geschehen eingebracht werden können. Und somit in einem ambivalenten, kritischen oder zweifelnden Verhältnis gegenüber seiner eingenommenen Rolle zu stehen.[1]

Sechs Formen der Rollendistanz

  1. Distanzierung vom Geschehen, indem man auf eine andere Realitätsebene ausweicht.
  2. Distanzierung, indem man sich nicht mehr beteiligt und sein Engagement zurücknimmt.
  3. Distanzierung durch Ironie, Scherz, Humor.
  4. Distanzierung, indem man gleichzeitig auf unterschiedlichen „Kanälen“ zwischen zwei Bezugsgruppen Signale austauscht
  5. Distanzierung, indem man sich in eine andere Rolle „rettet“ (ausweicht)
  6. Distanzierung durch Überbetonung der Rollenhaftigkeit des Verhaltens.

Die Fähigkeit zur Rollendistanz hängt von der Art und dem Grad der Verinnerlichung von Normen ab.

Drei Charaktertypen

  1. Der konventionelle Charaktertyp[2] hat die Normen rigide verinnerlicht, d.h. sie wurden ihm im Laufe des Sozialisationsprozesses starr aufgezwungen. Die Folge ist, dass er in allen Interaktionen bemüht ist, den Rollenerwartungen um jeden Preis nachzukommen.(Zwangscharakter, Neurotiker)
  2. Der externalisierte Charaktertyp, der Normen überhaupt nicht verinnerlicht hat (er hat kein Gewissen im Sinne einer inneren Kontrollinstanz: viel mehr wird sein Verhalten von externen Instanzen bestimmt, d.h. er handelt normenkonform nur dann, wenn er Angst vor Strafe bzw. Hoffnung auf Belohnung hat).
  3. Der humanistische Charaktertyp, hat, wie der konventionelle Typ, die Normen verinnerlicht, aber im Gegensatz zu diesem nicht so rigide, so dass er vor ihrer Anwendung ihre Auswirkung auf ihre Interessen und Gefühle aller Beteiligten überprüft und sich dann gegebenenfalls von ihrer Anwendung distanziert.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Karl-Heinz Hillmann (Hrsg.), Wörterbuch der Soziologie, Stuttgart 1994, S. 744
  2. Vgl. zu den Charktertypen: Hoffman, M. L. (1964), Review of child development research. Bd. 1. New York: Russell Sage Foundation

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