Rollstuhlbasketball

Rollstuhlbasketball
Israelische Nationalmannschaft, 2007, in Wetzlar, bei der EM
Die letzte Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin (1990) aus der Reihe Sporthilfe

Rollstuhlbasketball ist eine Behindertensportart und Disziplin der Paralympics. Neben Menschen mit körperlicher Behinderung dürfen auch Nichtbehinderte mitspielen. Die Regeln sind an die des klassischen Basketballs angelehnt und in einigen Punkten an die Anforderungen des Rollstuhlgebrauchs angepasst. Als einer der wichtigsten ist hier das Klassifizierungssystem zu nennen, das einen Ausgleich zwischen Mitspielern mit unterschiedlich starken Behinderungen herstellt.

Inhaltsverzeichnis

Spielbeschreibung

Basketballfeld
Abmessungen des Bretts

Jedes Team besteht aus fünf Feld- und bis zu sieben Ersatzspielern. Gespielt wird 4x10 Minuten. Nach dem ersten und dritten Viertel wird eine zwei-minütige, nach dem zweiten Viertel eine fünfzehnminütige Pause eingelegt. Herrscht nach dem vierten Viertel Punktgleichheit, wird eine Verlängerung von fünf Minuten eingelegt. Dies wird gegebenenfalls bis zur Entscheidung des Spiels wiederholt.

Ziel des Spieles ist es durch Treffen des Korbes mit dem Spielball die meisten Punkte zu erzielen. Die Treffer werden dabei folgendermaßen gewertet:

Jedes Team hat jeweils 24 Sekunden Zeit, einen Korb zu erzielen. Gelingt es innerhalb dieser Zeit nicht, den Ball zumindest gegen den Ring zu spielen, dann geht das Spielrecht an die gegnerische Partei über.

Wie im Fußgängerbasketball müssen die Spieler auch beim Rollstuhlbasketball dribbeln, wenn sie Kontrolle über den Ball haben. Zieht der Spieler mehr als zweimal am Greifring ohne zu dribbeln, dann gilt dies als „Schubfehler“ (Äquivalent zum Schrittfehler). Außerdem ist es dem Spieler nicht erlaubt, während des Spieles die Spielfläche mit seinen Füßen zu berühren. Der Ball muss binnen 8 Sekunden in der anderen Feldhälfte sein und auch die 3 Sekundenregel (der Spieler darf nicht länger als 3 Sekunden in der gegnerischen Zone bleiben) gilt wie beim herkömmlichen Basketball. Ausnahme ist, wenn der Spieler in der Zone in einer Wurfbewegung ist bzw. die Hände oben hat. Auch wenn man durch Behinderung des Gegners nicht mehr aus der Zone kommt, gibt es normalerweise keine drei Sekunden.

Bei den Fouls gibt es ebenfalls keinen Unterschied. Nach dem 5. Foul, bzw. dem 2. Unsportlichen Foul, hat sich ein Spieler „ausgefoult“, das heißt, dass er am laufenden Spiel nicht mehr teilnehmen darf. Es ist nicht jeder Kontakt untersagt, jedoch darf nicht, wie beim Rollstuhlrugby, zurückgehalten und nachgedrückt werden.

Gespielt wird auf einem gewöhnlichen Basketballspielfeld mit normaler Korbhöhe von 3,05 m.

Funktionale Klassifizierung

Die funktionale Klassifizierung der Spieler schafft einen Ausgleich zwischen Menschen mit unterschiedlich starker Behinderung. Es wird hierbei je nach Behinderungsgrad zwischen acht Stufen unterschieden. Die Bewertung richtet sich nach der Fähigkeit verschiedene Bewegungen auszuführen. Die niedrigste Punktzahl und damit höchste Behinderungsstufe stellt die 1,0 dar. Gänzlich unbehinderte Spieler werden mit 4,5 bewertet. Die Unterteilung erfolgt in 0,5er Schritten. In gemischten Mannschaften erhalten Frauen zusätzlich einen generellen Punktabzug von 1,5 oder 1,0 Punkten. Eine Frau kann somit auch eine negative Punktzahl erreichen.

1-Punkte-Spieler können die Beine nicht bewegen und nur geringe oder gar keine Rumpfkontrolle ausüben. Die Sitzbalance ist sowohl vorwärts als auch seitwärts deutlich behindert und sie benutzen die Arme, um in eine aufrechte Position zurückzukehren, wenn sie die Balance verloren haben. Diese Spieler verlieren in Kontaktsituationen ihre Balance und rebounden in der Regel über dem Kopf mit einer Hand.

2-Punkte-Spieler besitzen in der Regel keine Beinfunktionen, verfügen aber teilweise über eine Rumpfkontrolle nach vorne. Sie verfügen nicht über freie Seitwärtsbewegungen oder eine Torsion. Sie besitzen begrenzte Sitzstabilität in Kontaktsituationen, dabei greifen oft die Hände an den Rollstuhl oder an die Oberschenkel, um bei Kollision aufrecht zu bleiben.

3-Punkte-Spieler verfügen über gewisse Beinfunktionen und über normale Rumpffunktionen beim Beugen nach vorn bis zum Boden, beim Aufrichten sowie etwas Rumpftorsion. Die Spieler haben keine gute Rumpfstabilität zur Seite; sie sitzen jedoch stabiler in Kontaktsituationen und können ohne Mühe mit beiden Händen über dem Kopf rebounden.

4-Punkte-Spieler besitzen normale Rumpffunktionen, aber aufgrund von gewissen Schwächen in den Beinfunktionen sind sie nicht in der Lage, nach beiden Seiten in gleicher Weise kontrollierte Rumpfbewegungen auszuführen. Stabil bei Rollstuhlkontakt und beim Rebound, mit normalen Vorwärts- und Torsionsbewegungen.

4,5-Punkte-Spieler sind die am wenigsten behinderten auf dem Spielfeld. Gewöhnlich besitzen sie nur geringe Einschränkungen an den Beinen oder eine einseitige Unterschenkel-Amputation. Ihnen sind normale Rumpfbewegungen in alle Richtungen möglich und sie sind sehr stabil in allen Kontaktsituationen.

Es gibt Spieler, die nicht genau in eine der Kategorien des Klassifizierungssystems passen. In diesen Fällen kann der Klassifizierer einen halben Punkt zu einer bestimmten Klasse hinzufügen bzw. abziehen. Dadurch entstehen Spieler-Bewertungen von 1,5 Punkten, 2,5 und 3,5 Punkten. Die Mannschaftsgesamtpunktzahl von 14 darf aber dennoch nicht überschritten werden. Eine Ausnahme bilden Österreichische Liga sowie die 1. und 2. Bundesliga und die Regionalliga in Deutschland. Dort dürfen 14,5 Punkte aufgestellt werden.

Geschichte

Rollstuhlbasketball wurde 1946 von ehemaligen Basketballspielern in den USA erfunden, die nach Kriegsverletzungen trotzdem ihren Sport fortführen wollten. Mittlerweile wird es in schätzungsweise 80 Ländern von über 25.000 behinderten (und z. T. nichtbehinderten) Männern und Frauen gespielt.

Die International Wheelchair Basketball Federation ist der internationale Dachverband. Seit 1993 ist dieser eine unabhängige Sportorganisation mit über 50 Mitgliedsstaaten. Rollstuhlbasketball ist seit den Paralympics in Rom 1960 paralympische Sportart.

Internationale Wettbewerbe

Rollstuhlbasketball ist seit 1960 Bestandteil der paralympischen Sommerspiele. Die Goldmedaille bei den paralympischen Spielen von Athen 2004 gewannen Kanada (Herren) und die USA (Damen).

Im Vierjahrs-Turnus richtet die IWBF die Weltmeisterschaften im Rollstuhlbasketball aus. 2006 fanden die Weltmeisterschaften in Amsterdam statt, amtierender Weltmeister ist Kanada (Herren / Damen).

Seit 1970 (Herren) bzw. 1987 (Damen) richtet die IWBF Europe Europameisterschaften im Rollstuhlbasketball aus. Die Europameisterschaften im Rollstuhlbasketball werden alle zwei Jahre ausgetragen und sind gleichzeitig Qualifikationsturnier für die im Vier-Jahres-Turnus stattfindenden paralympischen Spiele und die Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaften. 2007 wurde die Europameisterschaft vom 23. August bis zum 2. September in Deutschland ausgetragen, Spielstätte war die Rittal Arena in Wetzlar. Seit 1994 trägt die IWBF B- (seit 1994) und C-Europameisterschaften (seit 2001) für Herren-Nationalmannschaften als Qualifikationsturniere für die jeweils nächsthöhere Leistungsgruppe durch. Seit 1999 gibt es auch eine Europameisterschaft der U22-Junioren. Die erfolgreichsten Nationalmannschaften auf europäischer Ebene sind die französische Herren-Nationalmannschaft und die deutsche Damen-Nationalmannschaft (je fünf EM-Titel).

Amtierende Europameister (2007) sind Schweden (Herren) und Deutschland (Damen) sowie Spanien (U22-Junioren).

Internationale Vereinswettbewerbe

Die IWBF Europe trägt drei Hauptwettbewerbe für Vereinsmannschaften aus: Den Champions-Cup (seit 1976), den André-Vergauwen-Cup (seit 1986) und den Willi-Brinkmann-Cup (seit 1997). Die Zuteilung der Startplätze pro Nation für diese Wettbewerbe ermisst sich aus einer Dreijahres-Nationswertung dieser Pokalwettbewerbe sowie dem Nationsranking der IWBF Europe. Alle drei Wettbewerbe werden in Turnierform mit jeweils drei Vorrundengruppen und einem Endrundenturnier ausgetragen.

Die erfolgreichste Vereinsmannschaft Europas ist BC Verkerk Zwijndrecht um den früheren niederländischen Weltklassespieler Gert-Jan van der Linden, die zwischen 1991 und 1996 den Champions-Cup fünfmal gewann.

Vereinsmannschaften aus Deutschland und dem deutschsprachigen Raum nahmen mit großem Erfolg an allen drei Wettbewerben teil: Der RSV Lahn-Dill konnte bis 2010 den Champions-Cup viermal gewinnen. Der RSC-Rollis Zwickau gewann 2004 und 2006 jeweils den André-Vergauwen-Cup. Weitere deutsche Teams konnten sich jeweils einmal in die Siegerlisten eintragen: 1991 errang die BSG Duisburg als erste deutsche Mannschaft diesen Cup, 1992 gewann der UBC Münster, 1999 der ASV Bonn den André-Vergauwen-Cup. Den Willi-Brinkmann-Cup holten der ASV Bonn (2009), der RSV Lahn-Dill (2002) und die SG Heidelberg-Kirchheim (2001) je einmal nach Deutschland.

Als erstes Team aus der Schweiz konnten 2005 die Pilatus Dragons den Willi-Brinkmann-Cup gewinnen.

Die beste Platzierung eines österreichischen Teams erreichte der RSV Salzburg mit einem fünften Rang im Champions-Cup.

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