Rumänische Filmgeschichte

Rumänische Filmgeschichte
Das Kino CAPITOL in Bukarest - eines der ersten Filmtheater des Landes

Unter Rumänischem Film versteht man in Rumänien oder von rumänischen Filmemachern im Ausland produzierte Filme. Sie sind häufig heroisch und voller Naivität, beeindrucken aber durch den Enthusiasmus, mit dem versucht wird, einen internationalen Dialog zu erreichen. Trotz schwerer Zeiten mit knappen Budgets, in denen nur vereinzelte Projekte auf staatliche Unterstützung hoffen konnten, hat das rumänische Kino internationale Aufmerksamkeit errungen, zuletzt mit Der Tod des Herrn Lăzărescu (Moartea domnului Lăzărescu) von Cristi Puiu, 2005 Gewinner des Prix Un Certain Regard der Filmfestspiele in Cannes und 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage (4 luni, 3 săptămâni și 2 zile) von Cristian Mungiu, welcher 2007 in Cannes mit der Goldenen Palme und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Plakatwerbung der Lumière Brüder
„Der Unabhängigkeitskrieg“ / Independența României (1912)
Folkloristische Szenen waren beim Publikum beliebt - aus Independența României (1912)
Szene aus dem Film „Tanases Traum“ / Visiul lui Tanase

Die Geschichte des Rumänischen Films begann am 27. Mai 1896 mit einer Aufführung der Brüder Lumière in Bukarest. Mit großer Begeisterung wurde das neue Medium in allen Schichten der rumänischen Bevölkerung aufgenommen und schon 1897 wurden die ersten eigenen Filme produziert und aufgeführt - es waren ein Dokumentarfilm von einem Hochwasser in der Provinzstadt Galați und von einer Flottenparade vor dem Hafen von Constanța. Die traditionell engen Beziehungen zu Frankreich in der Belle Epoque kamen auch durch die zahlreichen in das Land eingeführten Dokumentarfilme zum Ausdruck, jede größere Stadt besaß schon in den 1920er Jahren mindestens ein Filmtheater und die auf Jahrmärkten und zu Volksfesten aufgebauten Schaubuden und Zeltkinos erreichten auch den letzten Winkel des Landes. Der Filmvertrieb der meist französischen Filme erfolgte im Verleihsystem.
Schon 1911 wurde der erste rumänische Film „Fatale Liebe“ des Regisseurs Grigore Brezeanu (1892-1919) uraufgeführt. Diesem Kurzfilm folgte 1912 ein wiederum von Brezeanu gedrehter, an die patriotischen Gefühle appellierender Film „Der Unabhängigkeitskrieg“ mit heroischen Episoden aus dem Russisch-Osmanischem Krieg (1877–1878). Dieser ähnelt dem jedoch erst 1915 produzierten ersten amerikanischen Monumentalfilm Birth of a Nation. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges wurden bereits acht Spielfilme vollendet.
Für den Aufbau einer unabhängigen rumänischen Filmindustrie fehlten jedoch die Mittel und seitens der staatlichen Behörden wurde den frühen rumänischen Regisseuren Lupu Pick (1886-1931) und Jean Nicolescu (1900-1993) nur Skepsis entgegengebracht, daher emigrierten diese Talente nach Frankreich oder Deutschland. Viele der frühen Filme sind nicht mehr erhalten, lediglich Presseartikel und Fotos erinnern noch an sie. Seit 1965 bemüht sich das Arhiva Națională de Filme (A.N.F.) (Nationales Filmarchiv) die historischen Anfänge des rumänischen Kinos zu erforschen. Zugleich publizierten Cineasten und Filmkritiker wie Ion I. Cantacuzino (1908-1975) und Tudor Caranfil (geb. 1931) und die Regisseure Jean Mihail (1896-1963) und Jean Georgescu (1904-1993) ihre Erinnerungen sowie Ergebnisse privater Sammler- und Forschungstätigkeit.

In den 1920er Jahren entstanden die ersten, nach amerikanischem und westeuropäischem Vorbild aufgebauten Filmproduktionsfirmen, deren kommerzielle Interessen sich rasch auf das beliebte Genre der Filmkomödie konzentrierte. Als bedeutendster Regisseur trat Jean Georgescu (1904-1993) mit den Filmen „Millionär für einen Tag“ (1925) und „Eine stürmische Nacht“ (1942) hervor. Weitere kommerziell erfolgreiche Filme dieser Epoche waren „Manasse“ (1925), „Not“ (1929), „Major Mura“ (1928), „Die Heiducken“ (1929) „Ruf der Liebe“ (1932) und „Eine unvergeßliche Nacht“ (1939). Insgesamt entstanden bis 1939 etwa 50 rumänische Spielfilme.
Als erster, auf einem internationalen Filmfestival prämierter rumänischer Film gilt die Dokumentation von Puiu Călinescu (1920-1997) „Menschen der Westkarpaten“ - er wurde auf der Biennale von Venedig 1938 ausgezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die rumänischen Filmunternehmen verstaatlicht und propagandistisch instrumentalisiert. Das in dem Ort Buftea nahe Bukarest erbaute Filmstudio war sehr erfolgreich und wurde in den 1960er Jahren zu einem der modernsten Studios in Europa gerechnet. Dort entstanden so bekannte Historien- und Monumentalfilme wie die von Sergiu Nicolaescu (geb. 1930) gedrehten Filme „Das Gold der Daker“ (1966) und die Fortsetzung „Der letzte Große Sieg der Daker“ (1967). In dieser Goldenen Zeit des rumänischen Films war auch Liviu Ciulei (geb. 1923) ein gefragter Regisseur. Zwischen 1957 und 1964 inszenierte er drei kommerziell sehr erfolgreiche Filme: das Drama „Eruption“ (1957) behandelt eine Naturkatastrophe im rumänischen Erdölgebiet, „Die Donau brennt“ (1959) schildert den Kampf eines im Zweiten Weltkrieg auf die Seite der Alliierten übergewechselten Rumänen gegen die Deutschen, doch besonders sein Gewissensdrama „Der Wald der Gehenkten“ (1964) aus der Zeit des Ersten Weltkrieges wurde weltweit beachtet und mit dem Regiepreis der Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet. Schon 1964 wurde als internationaler Wettbewerb das Filmfest von Mamaia begründet.

Aus dem rumänischen Monumentalfilm-Programm waren auch die Filme „Tudor - Rebell gegen Paschas und Bojaren“ (1963), „Michael derTapfere“ (1971) und „Die Unsterblichen“ (1974). Eine Reihe von Filmen wie der mit apokalyptischen Szenen ausgeschmückte Märchenfilm „Der weiße Mohr“ (1965) wurde dem Filmgeschmack des mittel- und westeuropäischen Publikum angepasst, dieser Film behandelt das Leben eines Vagabunden im Dreißigjährigen Krieg irgendwo in Deutschland.

In den 1970er Jahren wechselte der Publikumsgeschmack hin zu Actionfilmen - im Stile von James Bond, Westernfilmen und Kriminalfilmen. Als erfolgreich kann die Zusammenarbeit mit der DEFA bewertet werden, eine ganze Staffel von anspruchsvollen „Indianerfilmen“ war die Reaktion auf die Karl May-Filme. Hierbei waren die landschaftlich reizvollen Drehorte oft in den rumänischen Karpaten zu finden.

Eher unbekannte Schauspieler - hier Margareta Pogonat (geb. 1933) - dominierten den Film der 1970er Jahre

Die Produktion von rumänischen Fernsehserien konzentrierte sich auf Kriminalfilme, die hierbei erfolgreichste Reihe bildet „Der Kommissar“. Seit den 1970er Jahren wurde aus innenpolitischen Erwägungen auch das nationalistisch ausgeprägte Genre der (Anti-)Kriegsfilme bedient: Dabei bevorzugte man als Thema den Kampf gegen die Deutschen Besatzungstruppen im Zweiten Weltkrieg: „Die letzte Patrone“ (1973), „Einer allein“ (1974) und „Ein Kommissar klagt an“ (1974). Diese stark nationalistisch geprägten Filme waren selbst in den sozialistischen Nachbarländern kommerziell erfolglos. Zudem verschärften die Filme die Spannungen mit den ungarischen, kroatischen und deutschen Minderheiten im Land.

Mit der Rumänischen Revolution 1989 änderten sich die Themen und Produktionsbedingungen radikal. Aktuell kämpft der rumänische Film mit Problemen rund um Finanzierung und Vertrieb: in vielen Gegenden gibt es nur wenige oder keine Kinos und illegale DVD-Kopien sind weit verbreitet. Kostendeckend zu produzieren ist deswegen für rumänische Filmemacher derzeit nur möglich, wenn sie finanzielle Unterstützung aus dem Ausland organisieren können.

Erfolgreich ist die Zusammenarbeit mit Dokumentarfilm-Produzenten, eine Vielzahl von Spielszenen für die sehr erfolgreiche Reihe Terra X und ähnlicher Produktionen entstand in rumänischen Filmstudios.

Wichtige Regisseure

Jean Negulesco (1900-1993)

Wichtige Filme (Auswahl)

  • 1965: Der Aufstand (Răscoala)
  • 1968: Die Rekonstruktion (Reconstituirea)
  • 1969: The Axe (Baltagul)
  • 1970: Kampf der Könige (Mihai Viteazul)
  • 1974: Türkenschlacht im Nebel / Stefan der Große[1] (Ștefan cel Mare)
  • 1992: Baum der Hoffnung (Balanța)
  • 1998: Terminus paradis
  • 2001: Die Ware und das Geld (Marfa şi banii)
  • 2002: Filantropica
  • 2005: Der Tod des Herrn Lazarescu (Moartea domnului Lăzărescu)
  • 2006: Wie ich das Ende der Welt erlebte (Cum mi-am petrecut sfârșitul lumii)
  • 2007: 4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage (4 luni, 3 săptămâni și 2 zile)

Literatur

  • Taschenlexikon Rumänien. Bibliographisches Institut. Leipzig 1985. S.84-86

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. In der DEFA-Synchronisation wurden meist die rumänischen Originaltitel benutzt - hier also Stefan der Große

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