- Sargecke
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In der Luftfahrt wird als coffin corner (englisch, wörtlich übersetzt: Sargecke) oder auch Q-Corner der Punkt des fatalen Auftriebsverlustes in großer Flughöhe bezeichnet, bei dem Mindestfluggeschwindigkeit und Höchstgeschwindigkeit den gleichen Wert haben. In dieser Flughöhe darf das Flugzeug weder schneller noch langsamer fliegen. In einer noch größeren Flughöhe kann es gar nicht fliegen, da dann die Mindestgeschwindigkeit höher sein müsste als die Höchstgeschwindigkeit.
Der Begriff „corner” (deutsch: Winkel, Ecke) bezieht sich auf die dreieckige Form der Flugenveloppe (deutsch: Hüllkurve). Hier kreuzen sich die Kurven für die stall speed und die kritische Mach-Zahl.
Inhaltsverzeichnis
Stall – stall limit
Der Auftrieb der Tragflächen steigt mit dem Anstellwinkel, bis bei zu hohem Anstellwinkel die Strömung abreißt (stall – Durchsacken). Diese Grenze verschiebt sich mit zunehmender Höhe wegen der dünner werdenden Luft zu größeren Geschwindigkeiten, hängt aber auch vom Fluggewicht ab (Bild 2).
Overspeed – Mach limit
Wegen der mit der Höhe abnehmenden Lufttemperatur sinkt auch die Schallgeschwindigkeit. Bereits bei Mach-Zahlen ab etwa 0.8 strömt in einem Bereich oberhalb der Tragfläche die Luft schneller als der Schall. Der Verdichtungsstoß beim Austritt der Strömung aus diesem Bereich ist bei einem für den Unterschallbereich entwickelten Flügelprofil stärker ausgeprägt und liegt weiter vorne. Dahinter löst sich die Strömung ab, Steuerklappen verlieren an Einfluss. Bei steigender Geschwindigkeit wandern der Verdichtungsstoß und mit ihm der Auftriebsschwerpunkt nach hinten. Das Flugzeug senkt die Nase und beschleunigt weiter. Dieses als Mach tuck bezeichnete Phänomen war Ursache mehrerer Abstürze. Im Rahmen der Zulassung zertifizieren die Luftfahrtbehörden eine maximum operational Mach number (MMO). Bei modernen Verkehrsflugzeugen liegt diese jenseits der kritischen Machzahl, aber unterhalb von 1.0.
Bei den meisten kleineren Flugzeuge ist ein Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit im Horizontalflug aufgrund fehlender Leistung nicht möglich.
Gefahren
Bedrohlich kann die coffin corner in Hochleistungsflugzeugen sein, aus denen die letzten Reserven herausgeholt werden (z.B. Lockheed U-2). Hier ist dann der Unterschied zwischen „zu schnell“ und „zu langsam“ manchmal nur noch 5 Knoten. Jegliche Erhöhung des Anstellwinkels, durch Kurvenflug oder Luftturbulenzen (Clear Air Turbulence), führt zum Strömungsabriss. Der Pilot muss, wenn das Flugzeug zu schütteln anfängt (buffet), sofort und genau wissen, ob er zu schnell oder zu langsam ist.
Dienstgipfelhöhe
Die Dienstgipfelhöhe liegt immer unterhalb der Coffin Corner, da erstere dadurch definiert ist, dass noch eine Steigrate von 100 ft pro Minute möglich sein muss. Dies ist jedoch in der Nähe der Coffin Corner nicht mehr der Fall.
cruise climb, step climb
Das Flugzeug wird im Laufe des Fluges leichter, weil es Treibstoff verbraucht. Mit abnehmendem Fluggewicht, sinkt die Überziehgeschwindigkeit (stall speed). Damit wird die coffin corner in eine größere Flughöhe verschoben (Bild 3). Diesen freiwerdenen Spielraum kann der Pilot ausnützen, um auf eine größere Flughöhe zu steigen. Die ökonomisch günstigste Flughöhe liegt zwar stets deutlich unter dem Coffin Corner, steigt aber parallel zu diesem ebenfalls mit abnehmenden Fluggewicht.
In der Theorie wäre die ökonomischste Variante ein cruise climb, bei dem sich das Flugzeug während des gesamten Fluges in einem sehr leichten Steigflug befindet. Aus Gründen der Flugsicherheit ist dies aber nicht möglich, da ein Flugzeug in der Regel immer nur die Freigabe für eine bestimmte Flughöhe erhält.
Lediglich die de Havilland DH 106 (Comet) hatte 1952 als das erste Düsenverkehrsflugzeug der Welt noch ausreichend Spielraum für einen kontinuierlichen cruise climb im damals noch relativ leeren Luftraum. Nach dem Start betrug die erste Reiseflughöhe 35.000 ft. Die Comet stieg danach mit abnehmendem Gewicht stetig weiter auf 40.000 ft. Die anderen Verkehrsmaschinen dieser Zeit waren Propellerflugzeuge, sie flogen nicht in dieser Flughöhe. Propellermaschinen hatten von größeren Flughöhen keine Leistungsverbesserung zu erwarten, sondern im Gegenteil eine Leistungsverschlechterung.
Die Concorde, die 1976 in Dienst gestellt wurde, stieg während ihrer Transatlantikflüge im Reiseflug kontinuierlich von FL 500 auf FL 600 (ca. 15 km auf ca. 18 km Flughöhe). Die Concorde bekam dafür von der Flugsicherung Blockfreigaben für einen Höhenbereich von jeweils 10.000 ft. Das war kein Problem, da die Concorde im Reiseflug höher flog als der übrige Luftverkehr. Durch diesen cruise climb erreichte sie direkt vor dem Beginn des Landeanflugs die maximale Flughöhe.
Für den gewöhnlichen Flugverkehr erfolgt aber dieser Steigflug im Verlauf des Fluges schrittweise, da der Pilot an von den Fluglotsen vorgeschriebene Flugflächen gebunden ist. So wird der cruise climb als step climb (Stufensteigflug) ausgeführt. Auch der step climb schafft natürlich wieder Koordinierungsprobleme und Mehraufwand für die Flugsicherung und ist im überfüllten europäischen Luftraum nicht immer möglich.
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