Scanagatta

Scanagatta
Francesca Scanagatta

Francesca Scanagatta (* 1. August 1776 in Mailand; † 1865 ebenda) war ein österreichischer Offizier.

Inhaltsverzeichnis

Soldatin im 18. Jahrhundert

Francesca Scanagatta war der einzige weibliche Absolvent der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt zwischen ihrer Gründung 1751 und dem Jahr 2003, als erstmalig wieder vier weibliche Offiziere ausgemustert wurden. Ihre Ausbildung an der Militärakademie „erschlich“ sie sich. Da sie außerhalb der Akademie wohnte, fiel ihre Tarnung nicht auf. Nach ihrer Beförderung zum Leutnant gab Scanagatta 1801 ihre militärische Laufbahn auf, ohne dass ihre Identität aufgedeckt wurde. Als Kaiser Franz II. schließlich davon erfuhr, gewährte er ihr trotzdem die Pension.

Leben

Im Jahre 1794 wollte ihr Vater ihren Bruder Giacomo an der Militärakademie in Wiener Neustadt und sie selbst in einer Wiener Klosterschule unterbringen. Giacomo gestand seiner Schwester, dass er keine Lust zum Soldatenberufe habe. „Dieses brüderliche Geständnis aber brachte in Francescas abenteuerlichem Kopf den kühnen Entschluss zur Reife, statt ihres Bruders in die Militärakademie einzutreten“ (Brosch). Eine Reihe von glücklichen Zufällen erleichterte ihr Vorhaben. Die Geschwister reisten unter Obhut eines Sekretärs, der keine Ahnung hatte, dass einer der beiden „Brüder“ ein verkleidetes Mädchen war. Als externe Frequentantin konnte sie beim Oberarzt der Akademie Quartier nehmen und brauchte nicht mit ihren Kameraden zusammen wohnen, sodass sie ihr Inkognito leichter wahren konnte. Dies gelang ihr auch unter Zuhilfenahme all ihrer Schlauheit und Entschlossenheit während der ganzen Akademiezeit. Im Januar 1797 wurde sie als Unterleutnant zum Warasdiner Grenz-Infanterieregiment Nr. 6 ausgemustert. Als Zugskommandant machte sie den Feldzug von 1797 mit und bewährte sich sehr gut. 1798 wurde sie zum Infanterieregiment 56 nach Galizien versetzt, entging dort mit knapper Mühe der Gefahr, als Mädchen erkannt zu werden und ging dann wieder in einen kriegerischen Einsatz. Mit dem Grenz-Infanterieregiment 12 nahm sie an der Belagerung Genuas teil, zeichnete sich bei der Verteidigung des Vorpostens Barba durch besondere Tapferkeit aus und wurde dabei schwer verwundet. Auch diesmal entging sie mit knapper Mühe der Gefahr, entdeckt zu werden. Am 1. März 1800 wurde sie zum Leutnant befördert und besuchte stolz ihre Eltern in Mailand. Diesen gelang es nun - unter Hinweis auf die gesundheitliche Gefahr des Zusammenschnürens ihrer Brust -, sie zur Beendigung ihrer militärischen Laufbahn zu bewegen. Ihr Vater erreichte bei General der Kavallerie Melas eine Beurlaubung auf unbestimmte Dauer und schließlich 1801 die Versetzung in den Ruhestand mit einer Leutnantspension. Drei Jahre später vermählte sie sich mit einem ehemaligen Neustädter Akademiker, der indessen erfahren hatte, dass sein ehemaliger Klassenkamerad ein Mädchen war. „Nach mehr als zwanzigjähriger Ehe starb ihr Gatte als Major und sie war der einzige Mensch in Österreich, der durch kaiserliches Dekret sowohl die Witwenpension des Majors als auch den Ruhegenuss eines Oberleutnants bezog“ (Brosch). Der Armee blieb sie stets zugetan und als diese 1848 Mailand vorübergehend räumen musste, sorgte sie aufopfernd für die zurückgebliebenen Verwundeten. Zur Hundertjahrfeier der Theresianischen Militärakademie 1852 übermittelte sie ihre „gehorsamste Gratulation“ und unterzeichnete mit „Franz Scanagatta, Lieutenant, Major Spini Witwe“. Dieses Schreiben liegt heute noch im Museum der Militärakademie. Francesca Scanagatta konnte noch erleben, dass ihr ältester Enkel als Militärakademiker in Wiener Neustadt einrückte, bevor sie in ihrer Heimatstadt Mailand starb.

Wahlspruch von Francesca Scanagatta

Una verace risoluta virtù non trova impresa impossibile a lei.

(Wahrhaft entschlossener Seelenstärke ist nichts unmöglich).

Literatur

  • Nikolaus Reisinger: Frauen und Militär in der Neuzeit: Francesca Scanagatta - Die militärische Karriere einer Frau im ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Das achzehnte Jahrhundert und Österreich (=Das achzehnte Jahrhundert und Österreich. Jb. der Österr. Gesellschaft zur Erforschung des 18. Jahrhunderts 16/2001), Wien 2001, 59 - 73
  • Bernhard von Poten: Scanagatta, Franziska. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 30, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 474.
  • Jobst, Leutnant Francisca Scanagatta, Mjr Spini Witwe, in: Nachrichtenblatt des Vereines Alt-Neustadt, 1932
  • L. Brosch-Fohraheim, Francesca Scanagatta, Lebensbild einer außergewöhnlichen Frau, in: Alma Mater Theresiana 1970.

Weblinks

Siehe auch


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Francesca Scanagatta — (* 1. August 1776 in Mailand; † 1865 ebenda) war ein österreichischer Offizier. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Franziska Scanagatta — (also called Francesca Scanagatta) was an Italian woman who disguised herself as a man in order to attend the Austria s Military Academy in 1794. She received an ensign s commission in 1797. She served during the French Revolution and was… …   Wikipedia

  • Liste der Biografien/Sca–Sce — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der als Mann verkleideten weiblichen Militärpersonen — In den Zeiten und Kulturen, in denen die Kriegsführung als reine Männerdomäne galt, gab es immer wieder Frauen, die sich als Mann ausgaben und unter dieser Tarnung mit den Männern in den Krieg zogen. Zu dieser Personengruppe gehören: Aal der… …   Deutsch Wikipedia

  • Columbus Clan F.C. — Columbus F.C. Full name Columbus F.C. Founded 1953 League Vancouver Metro Soccer League …   Wikipedia

  • Timeline of women in 19th century warfare — Warfare through history has mainly been a matter for men, but women have also played a role, often a leading one. The following list of prominent female warrors and their exploits from about 1800 C.E. up to about 1899 C.E. can only indicate the… …   Wikipedia

  • Fanum Voltumnae — The Fanum Voltumnae, or shrine of Voltumna, was the chief sanctuary of the Etruscans: fanum means a sacred place, a much broader notion than a single temple. [Cf. temenos .] Numerous sources refer to a league of the “Twelve Peoples” ( lucumonies… …   Wikipedia

  • 1. August — Der 1. August ist der 213. Tag des Gregorianischen Kalenders (der 214. in Schaltjahren). Es bleiben 152 Tage bis zum Jahresende. Historische Jahrestage Juli · August · September 1 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Jo-Wilfried Tsonga — Pour les articles homonymes, voir Tsonga (homonymie). Jo Wilfried Tsonga …   Wikipédia en Français

  • Chameria Battalion — The Chameria battalion (Albanian: Batalioni Çamëria) was a battalion of the National Anti Fascist Liberation Army of Albania during the Second World War. It was formed from the organized resistance groups of Cham Albanians on 15 June 1943 and was …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”