Schiedsgericht

Schiedsgericht

Ein Schiedsgericht ist ein juristisches Mittel zur Streitbeilegung im Rahmen eines Schiedsverfahrens. Es handelt sich um ein privates Gericht, das allein durch Abrede der jeweiligen Streitparteien zusammentritt und ein Urteil ("Schiedsspruch") ausspricht. Die Abrede erfolgt im Allgemeinen in Vertragsform. Der Schiedsspruch ist für die Parteien in der Regel rechtlich bindend und kann vor staatlichen Gerichten für vollstreckbar erklärt werden. Fast sämtliche Regelungen über das Verfahren obliegen der Vereinbarung beider Parteien; werden keine besonderen Regelungen getroffen, so gilt das jeweilige staatliche Schiedsrecht (in Deutschland das 10. Buch der Zivilprozessordnung). Die Zahl der Schiedsrichter kann von den Parteien selbst bestimmt werden (in der Regel ein einzelner oder drei Schiedsrichter). Neben der Zahl der Schiedsrichter ist auch die Ernennung derselben meist Bestandteil des Vertrages zwischen den Parteien.[1] Bei einem sog. Dreierschiedsgericht benennt normalerweise jede Partei einen Schiedsrichter, die sich dann ihrerseits auf einen Vorsitzenden verständigen; dieser wird Schiedsobmann oder einfach Obmann genannt. Kommt eine Einigung nicht zustande, so wird der Obmann häufig von einer Ernennungstelle ernannt. Auch die parteiernannten Schiedsrichter müssen unabhängig sein.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schiedsgerichte, die unabhängig von einem ordentlichen Gerichtsweg sind, sind keine neue Erscheinung. Ein Beispiel dafür sind die "gesellschaftlichen Gerichte" (Schiedskommissionen und Konfliktkommissionen) der DDR, die nach sowjetischem Vorbild errichtet wurden und 1990 durch gemeindliche Schiedsstellen ersetzt wurden.

Vor- und Nachteile

Häufig genannte Vorteile privater Schiedsgerichtsbarkeit sind

  • eine gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit erzielbare erhebliche Verfahrensbeschleunigung
  • mögliche Kostenvorteile insbesondere bei Verfahren mit großem Streitwert
  • das Verfahren kann flexibler an die Wünsche der Parteien angepasst werden, zum Beispiel was den Verhandlungsort und die Verhandlungssprache angeht
  • Schiedsverfahren sind im Gegensatz zu Gerichtsverhandlungen in der Regel nicht-öffentlich, zudem kann die Vertraulichkeit des Verfahrens vereinbart werden[2]
  • die Parteien können Schiedsrichter bestimmen, die zum Beispiel besondere rechtliche oder technische Expertise einbringen

Bei Streitigkeiten zwischen Parteien aus verschiedenen Ländern kommen weitere Vorteile hinzu:

Aus der Informalität und dem Ziel schneller Streitentscheidung folgen allerdings auch Nachteile:

  • Mit einer Schiedsabrede verzichten die Parteien größtenteils auf ihr rechtliches Gehör vor staatlichen Gerichten.
  • Der kurze Instanzenweg erhöht die Gefahr von nicht korrigierten Fehlentscheidungen.
  • Je nach Einzelfall können die Kosten des Verfahrens höher ausfallen als vor staatlichen Gerichten.
  • Die Unabhängigkeit der Schiedsrichter ist nicht immer gewährleistet.

Ad-hoc- und institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit

Ad-hoc Schiedsgerichtsbarkeit

Schiedsgerichte können ohne Hilfe einer externen Stelle eingerichtet werden. Die Organisation der Schiedsrichterbenennung und des Verfahrens ist dann Sache der Parteien (Ad-hoc-Schiedsgericht). Die Ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit ist also dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien alle Angelegenheiten des Schiedverfahrens, wie anwendbare Verfahrensregeln, Wahl und Bezahlung der Schiedsrichter und den Ort des Verfahrens, miteinander eigenständig vereinbaren.

Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit

Daneben existieren auch Schiedsinstitutionen. Diese stellen zum einen ihre eigenen Verfahrensregeln bereit, zum anderen unterstützen sie die Parteien gegen Gebühr bei der Auswahl der Schiedsrichter (z.B. über die Pflege entsprechender Listen von erfahrenen Praktikern) und bei der Organisation des Verfahrens. In Deutschland existiert die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit in Köln (DIS).[3] Die wichtigsten internationalen Organisationen auf dem Gebiet der Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit sind die International Chamber of Commerce in Paris (ICC), die American Arbitration Association in New York City (AAA), der London Court of International Arbitration (LCIA), sowie das International Centre for Settlement of Investment Disputes in New York City (ICSID).

Daneben existieren auch "dauerhafte" Schiedsgerichte. Diese werden z. B. von den Industrie- und Handelskammern, von den Rechtsanwaltskammern, von Unternehmen oder auch innerhalb politischer Parteien eingerichtet.

Auch im Sport werden häufig Schiedsgerichte wie der Internationale Sportgerichtshof oder das Deutsche Sportschiedsgericht[4] angerufen. Das Bühnenschiedsgericht ist eine Einrichtung der (deutschen) Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger.

Zwischenstaatliche Schiedsgerichtsbarkeit

Ebenso wie auf der vorstehend skizzierten privatwirtschaftlichen Ebene existieren Schiedsgerichte auch auf zwischenstaatlicher Ebene und bieten damit eine Alternative zu den institutionalisierten Gerichtshöfen wie z. B. dem IGH. Die Streitparteien, hier also regelmäßig Staaten, können sowohl durch die Auswahl der Richter als auch durch die Bestimmung des anzuwendenden Rechts direkten Einfluss auf die Schiedsverfahren nehmen. Der mit dem Haager Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle von 1899 errichtete Ständige Schiedsgerichtshof stellt die prominenteste Einrichtung zur Bereitstellung der für die Durchführung von Schiedsverfahren erforderlichen Infrastruktur (Richterpool, Räumlichkeiten, Sekretariatspersonal usw.) dar. Es gab jedoch bereits in der Antike, zum Beispiel im antiken Griechenland, Schiedsgerichte[5].

Siehe auch

Literatur

  • Fouchard/Gaillard/Goldman on International Commercial Arbitration (1999)
  • Schwab, Karl-Heinz/Walter, Gerhard: Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. (2005)
  • Schlosser, Peter: Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit (1989).
  • Lachmann, Jens P.: Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. (2008)
  • Kreindler/Schäfer/Wolff: Schiedsgerichtsbarkeit, Kompendium für die Praxis (2006)
  • Schütze, Rolf. A: Schiedsverfahren (2007)
  • Karsten Hofmann: Zur Notwendigkeit eines institutionellen Sportschiedsgerichtes in Deutschland. Eine Untersuchung der nationalen Sportgerichtsbarkeit unter besonderer Beachtung der §§ 1025 ff. ZPO. Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2009, ISBN 978-3-8300-4510-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Angelika Schmid, http://www.erbrecht-heute.de/Schiedsgericht.html
  2. Im transnationalen Recht wird davon ausgegangen, dass ein Schiedsverfahren vertraulich ist, es sei denn dass etwas anderes vereinbar wurde: Trans-Lex.org
  3. http://www.dis-arb.de/
  4. http://www.dis-arb.de/sport/default.htm
  5. Martin Dreher: Hegemon und Symmachoi: Untersuchungen zum zweiten athenischen Seebund, Berlin, New York 1995, ISBN 3-11-014444-1, S. 143.
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