Schmelztiegel

Schmelztiegel

Ein Schmelztiegel ist ein Tiegel, in dem Substanzen (meist Metalle) gemischt und geschmolzen werden.

Schmelztiegel

Die Metapher „melting pot“ wurde das erste Mal von Jean de Crèvecoeur in seinem 1782 erschienenem Essay Letters from an American Farmer verwendet. Ein gebräuchlicher Ausdruck jedoch wurde er erst durch den Erfolg des Theaterstücks The Melting Pot des englischen Schriftstellers Israel Zangwill, das im Jahre 1908 in Washington, D.C. uraufgeführt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Begriff in den Sozialwissenschaften

In der Soziologie und in den Politikwissenschaften beschreibt der Begriff „Schmelztiegel“ (engl. melting pot) die Assimilation und die Integration von Einwanderern in die Kultur eines Landes. Die verschiedenen Kulturen und Werte sollen sich zu einer gemeinsamen integrierten nationalen Kultur mischen. Neben „melting pots“ sind aber immer auch so genannte „salad bowls“ vorzufinden, in denen nicht alle Kulturen verschmolzen werden, sondern Einwanderergruppen je für sich eigene, klar abgegrenzte Kulturen pflegen. Dies kann – wie in Kanada als „multikulturelles Mosaik“ praktiziert – ausdrückliches Ziel sein oder auch auf mangelhafter Detail-Umsetzung einer Schmelztiegelpolitik beruhen.

Nach dem Schmelztiegel-Ansatz kann sich durch Assimilation und Integration eine homogene nationale Kultur formen, die trotz kurzer Wurzeln einen starken Gemeinsinn besitzt; dieser Ansatz ist jedoch nicht frei von Problemen: Einwanderer erfahren zumeist erheblichen sozialen Anpassungsdruck, wenn sie ihre Ursprungskultur im Einwanderungsland weiterhin praktizieren und sich diese deutlich von der im Einwanderungsland dominierenden unterscheidet. Der Schmelztiegel-Ansatz stößt ebenso an seine Grenzen, wenn gesellschaftliche Gruppen sich nicht an die dominierende Kultur angleichen lassen wollen.

In Deutschland wird besonders die verkehrstechnisch leicht erreichbare Stadt Köln als Beispiel für einen Schmelztiegel über Jahrtausende gesehen. In der Gründerzeit vergrößerte sich die Stadt Berlin auf ein Vielfaches; in ihrer Geschichte bestand die spätere Kaiserstadt zeitweise zu großen Teilen aus französischen, böhmischen und österreichischen – meist protestantisch-hugenottischen – Einwanderern. Der Staat Preußen wird ebenfalls als ein mehrsprachiger Schmelztiegel gesehen, der nur durch formale Toleranz und wirtschaftlichen Fortschritt, unterschiedliche Religionen (Katholizismus in Schlesien, lutherische Bevölkerung in den Altprovinzen und Reformierte als herrschende Hohenzollern), unterschiedliche Sprachen (Deutsch, Polnisch, Französisch, Sorbisch) sowie unterschiedliche Ethnien (slawische Vorfahren, germanische Vorfahren, Schweizer Vorfahren in Neuchâtel) zu einem Staatswesen verbinden konnte.

Die USA und Kanada als Schmelztiegel

Ein typisches Beispiel für eine „Schmelztiegel“-Integrationsstrategie geben die Vereinigten Staaten von Amerika. Im Zuge der Einwanderung von Menschen aus aller Welt mit verschiedenen Religionen und Traditionen entwickelte sich der Prozess bereits mit den ersten Kolonien europäischer Staaten und dem Aufeinandertreffen von Europäern und nordamerikanischen Ureinwohnern. Neben den Europäern kamen auch Afrikaner als Sklaven nach Amerika und brachten ebenfalls ihre Traditionen und Religionen mit, die allerdings durch ihre Herren unterdrückt wurden und nur vereinzelt im Geheimen bestehen konnten. Aus dem Süden kamen zudem noch hispanophone Gruppen aus Kuba oder Puerto Rico sowie viele Mexikaner, die vorher bereits die späteren Staaten von Kalifornien bis Texas bewohnten. Durch die Ausweitung der Handelsbeziehung der Vereinigten Staaten kamen später noch Einflüsse aus Ozeanien und vor allem dem späteren Bundesstaat Hawaii hinzu. Aus Asien, primär China, holten sich die zwei großen Eisenbahnunternehmen, die versuchten die erste Strecke durch die Rocky Mountains zu errichten, viele Arbeiter. Diese konnten ihre Kultur jedoch nur in geringem Maße ausleben, da sie nur einen Bruchteil der üblichen Löhne erhielten und die Arbeits- und Lebensbedingungen beim Eisenbahnbau sehr hart waren.[1] Zusammen mit den Iren, die vor Hunger aus ihrem Land flohen, bildeten u.a. Italiener, Deutsche, Franzosen, Briten, Spanier und Portugiesen eine breite Masse an weiteren Einflüssen auf die religiöse, soziale und traditionelle Struktur der USA.

Heute kommen Menschen aus aller Welt gleichermaßen in die USA, vornehmlich um dort Urlaub zu machen oder Handel zu betreiben. Die USA sind als "Einwandererstaat" geboren worden und sind heute noch ein Schmelztiegel oder auch „melting pot“ genannter Staat, dessen nationaler Gedanke aber auf Grund der immer weiter verbreiteten Massenmedien wie Fernseher oder Internet zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Eine andere Integrationsstrategie ist die kanadische Idee des multikulturellen Mosaiks. Diese Multikultur berücksichtigt die verschiedenen kulturellen Hintergründe der Bevölkerung und sieht die gezielte Förderung von kulturellen Praktiken und Sprachen vor.

Siehe auch

Literatur

  • Israel Zangwill: The Melting-Pot. Indypublish.Com, 2008, ISBN 978-1437534177 (Taschenbuch, englisch).

Einzelnachweise

  1. Ong, Paul M. "The Central Pacific Railroad and Exploitation of Chinese Labor." Journal of Ethnic Studies 1985 13(2): 119-124. ISSN 0091-3219.

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