- 6 Tage Rennen
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Das Sechstagerennen ist eine populäre Veranstaltung im Bahnradsport. Dabei finden über den Zeitraum von sechs Tagen verschiedene Wettbewerbe zwischen meist 12 bis 15 Zweiermannschaften (u. a. Zweier-Mannschaftsfahren, auch Madison genannt) statt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das erste Sechstagerennen fand 1899 im New Yorker Madison Square Garden statt (daher die vielfach gebrauchten Bezeichnungen Madison und Américaine für das Zweier-Mannschaftsfahren). Tatsächlich ist das Zweier-Mannschaftsfahren nicht nur der Kernwettbewerb der heutigen Sechstagerennen, sondern war in den Anfängen der Sechstagerennen die ausschließliche Wettbewerbsform.
Zunächst wurden die Rennen tatsächlich sechs Tage lang ohne Unterbrechung ausgetragen. Aufgrund der enormen Belastung der Fahrer und eines veränderten Zuschauerverhaltens finden Rennen mittlerweile nur noch während der Abendstunden statt. Neben dem Zweier-Mannschaftsfahren wird eine Mischung aus verschiedenen Mannschafts- und Einzelwettbewerben geboten.
In Europa wurde das erste Sechstagerennen am 15. März 1909 in den Ausstellungshallen am Berliner Zoo ausgetragen. 15 Fahrer konkurrierten 144 Stunden lang auf einer 150 Meter langen Holzbahn um den mit 5000 Goldmark dotierten Sieg, den sich Floyd McFarland und Jimmy Morgan teilten.[1][2] In Berlin wurde 1914 auch die Punktewertung für das Zweier-Mannschaftsfahren eingeführt, die deshalb lange Zeit als „Berliner Wertung“ bekannt war.
Nachdem der Deutsche Radfahrer-Verband (DRV) am 1. Januar 1934 neue Wettkampfrichtlinien erlassen hatte, wurden in Deutschland die Sechstagerennen für Fahrer und Zuschauer unattraktiv: Die Fahrergagen waren vereinheitlicht worden, es durfte nicht mehr rund um die Uhr gefahren werden, Trikotwerbung war untersagt. Stars aus dem Ausland blieben wegen der zu niedrigen Gagen aus, und damit auch die Zuschauer. Zwei 1934 in Deutschland noch durchgeführte Rennen waren daher für die Veranstalter defizitär.[3] In Deutschland fand erst 1949 das erste Sechstagerennen nach dem Krieg statt.
Jedes Sechstagerennen hat individuellen Charakter und seine eigene Geschichte. Rahmenprogramme sind mitunter so üppig, dass einige aktuelle Veranstaltungen eher als Volksfeste denn als Sportwettkämpfe einzuordnen sind, während bei anderen das sportliche Ereignis klar im Vordergrund steht. Die Fahrer aber vollbringen allerdings in jedem Fall sportliche Höchstleistungen.
Reglement
Es werden verschiedene „Disziplinen“ ausgetragen: Zweier-Mannschaftsfahren über 30, 45 und 60 Minuten (sog. „Jagden“), Derny-Rennen, Punktefahren, Ausscheidungsrennen. Den Kernwettbewerb bilden nach wie vor nach dem Reglement der Zweier-Mannschaftsfahren ausgetragene „Jagden“. Die in den anderen Wettbewerben (Punktefahren, Derny-Rennen, Ausscheidungsfahren, Rundenrekordfahren usw.) erzielten Ergebnisse werden jeweils zu den anderen Punkten addiert.
Die Anzahl der in den einzelnen Wettbewerben zu vergebenden Punkte unterscheidet sich nach ihrer Bedeutung und ist im Reglement des Weltradsportverbandes UCI fest vorgeschrieben:
- Wertungssprints: 5, 3, 2, 1 Pkte; doppelte Punktzahl in der Schlussstunde des Sechstagerennens
- Madison, 45 min und länger: 25, 15, 10, 6, 4, 2 Pkte.
- Madison weniger als 45 min: 15, 10, 8, 6, 4, 2 Pkte.
- Sonderwettbewerbe (ohne Dernyrenen): 15, 10, 8, 6, 4, 2 Pkte.
- Bei Dernyrennen schwankt die Punktzahl u. a. abhängig von der Zahl der Teilnehmer zwischen 15, 10, 8, 6, 4, 2 bis 5, 4, 3, 2, 1 Pkte.
Es können in den Jagden Rundengewinne durch Überrundung des gesamten Fahrerfeldes erzielt werden. Sieger ist die Mannschaft „in der Nullrunde“ mit den meisten Punkten, das bedeutet: Rundengewinn geht vor Punktgewinn, unter den Mannschaften, die rundengleich in Führung liegen (= „Nullrunde“), gewinnt die mit den meisten Punkten. Z. B. liegt eine Mannschaft mit 20 Rundengewinnen und 150 Punkten vor einer Mannschaft mit 18 Rundengewinnen und 300 Punkten. Sobald letztere die zwei fehlenden Rundengewinne schafft, liegt sie vorn.
Nach dem Reglement des Weltradsportverbandes UCI für Sechstagerennen werden für je 100 Punkte zusätzlich Rundengewinne vergütet. Diese Regelung gilt nur bis zur letzten „Jagd“ der Schlussnacht, bei der Wertungen mit doppelter Punktzahl ausgefahren werden.
Madison/Américaine (2er-Mannschaftsfahren)
Zwei Fahrer bilden eine Mannschaft (bei einigen Veranstaltungen, bspw. Stuttgart, früher Zürich, Rotterdam wird bzw. wurde auch in Dreier-Mannschaften gefahren). Im Prinzip funktioniert das Rennen wie ein Staffellauf in der Leichtathletik. Von den beiden (drei) Fahrern befindet sich immer nur einer im Rennen, das heißt in der Wertung. Die Fahrer lösen sich ab, grundsätzlich kann die Ablösung nach beliebiger Distanz erfolgen. Da jedoch in der Regel beide Fahrer auf der Bahn bleiben, überrundet ständig der eine Fahrer den anderen und die Ablösung erfolgt aufgrund des Geschwindigkeitsverhältnisses – ca. 35 : 50 – etwa alle zwei bis zweieinhalb Runden.
Eine besondere technische Schwierigkeit stellt beim Zweier-Mannschaftsfahren die Ablösung dar. Da der im Rennen befindliche Fahrer sich gewöhnlich dem ablösenden Fahrer mit sehr viel höherer Geschwindigkeit nähert, ist es effizienter, ihm den „Schwung“ in irgendeiner Form mitzugeben, als die Energie wie beim Ablösen „auf Sicht“ verpuffen zu lassen. Heute geschieht dies durch den sog. Schleudergriff, bei dem der vordere Fahrer sich an der ausgestreckten Hand des von hinten kommenden Fahrers „abzieht“.
Da in den Madisons die entscheidenden Rundengewinne und -Verluste erzielt werden, handelt es sich bei diesen Wettbewerben um das Herzstück eines Sechstagerennens.
Wertungen
Zu den Punkten, welche in den oben aufgeführten Madisons und Sonderwettbewerben erzielt werden, werden die Punkte aus den sogenannten Wertungen gerechnet. Ursprünglich wurden Punkte alleine in diesen Wertungen vergeben. Dabei werden zu vorher festgelegten Zeitpunkten (nach Runden gerechnet) Punktewertungen ausgefahren. Die Mannschaft, deren Fahrer als erster den Zielstrich in der betreffenden Runde erreicht, erhält 5 Punkte, die folgenden 3, 2, 1 Punkte.
Zum Teil werden auch Wertungssprints in Madisons integriert:
- Bei Madisons innerhalb des Sechstagerennens gilt bei gleicher Rundenanzahl dann diejenige Mannschaft als Sieger, die in den Wertungssprints die meisten Punkte erzielt hat, also nicht notwendigerweise die Mannschaft, die den Schlusssprint gewinnt. Diese Wertungspunkte sind also nur Berechnungsgrundlage für das Madison und nicht für die Gesamtwertung. Die bestplatzierten Teams erhalten aber Punkte nach obigem Schema.
- In der letzten „Jagd“ eines Sechstagerennens erfolgen die Wertungen mit doppelter Punktzahl (10, 6, 4, 2 Ptke). Diese Punkte zählen voll zur Gesamtwertung wie normale Wertungspunkte auch. Überdies können hier Rundengewinne erzielt werden.
Europäische Veranstaltungen 2005–2008
Austragungsorte
Sechstagerennen gibt es in Europa während der Wintersaison in einer Vielzahl von Städten, besonders aber in Deutschland. Bekannt sind heute vor allem die Rennen in Dortmund, Berlin, Bremen, Stuttgart, München; im übrigen Europa: Grenoble, Kopenhagen, Amsterdam, Rotterdam, Zürich und Gent. Im Jahre 2009 wird kein Sechstagerennen in Stuttgart stattfinden. Grund dafür ist nach Angaben des Veranstalters die Situation im Profi-Radsport, insbesondere das Imageproblem.[4]
Saison 2008/2009
Datum Rennen Sieger 30. Juni – 5. Juli 2008 Turin (ITA) Bruno Risi – Franco Marvulli 07. – 12. Juli 2008 Fiorenzuola (ITA) Bruno Risi – Franco Marvulli 20. – 25. Oktober 2008 Amsterdam (NED) Robert Slippens – Danny Stam 23. – 28. Oktober 2008 Grenoble (FRA) Alex Rasmussen – Michael Mørkøv 30. Oktober – 04. November 2008 Dortmund (GER) Leif Lampater – Erik Zabel 04. – 9. November 2008 Milano (ITA) Paolo Bettini – Juan Llaneras 06. – 11. November 2008 München (GER) Robert Bartko – Iljo Keisse 18. – 23. November 2008 Gent (BEL) Robert Bartko – Iljo Keisse 24. – 29. November 2008 Zuidlaren (NED) Robert Slippens – Danny Stam 11. – 16. Dezember 2008 Zürich (SUI) Bruno Risi – Danny Stam 02. – 07. Januar 2009 Rotterdam (NED) Peter Schep – Juan Llaneras 08. – 13. Januar 2009 Bremen (GER) Erik Zabel – Leif Lampater 22. – 27. Januar 2009 Berlin (GER) Erik Zabel – Robert Bartko 29. Januar – 03. Februar 2009 Kopenhagen (DEN) Alex Rasmussen – Michael Mørkøv 06. – 11. Februar 2009 Cremona (ITA) Walter Perez – Sebastian Donadio 17. – 22. Februar 2009 Hasselt (BEL) Kenny De Ketele – Bruno Risi 31.Marz – 5. April 2009 Tilburg (NED) Saison 2007/2008
Datum Rennen Sieger 22. – 27. Oktober 2007 Amsterdam (NED) Robert Bartko – Iljo Keisse 25. – 30. Oktober 2007 Grenoble (FRA) Michael Morkov - Alex Rasmussen 01. – 06. November 2007 Dortmund (GER) Bruno Risi – Franco Marvulli 08. – 13. November 2007 München (GER) Bruno Risi – Franco Marvulli 20. – 25. November 2007 Gent (BEL) Robert Bartko – Iljo Keisse 06. – 11. Dezember 2007 Zuidlaren (NED) Bruno Risi – Franco Marvulli 27. Dezember 2007 – 1. Januar 2008 Zürich (SUI) Bruno Risi – Franco Marvulli 03. – 08. Januar 2008 Rotterdam (NED) Danny Stam – Leif Lampater 10. – 15. Januar 2008 Bremen (GER) Robert Bartko – Iljo Keisse 17. – 22. Januar 2008 Stuttgart (GER) Robert Bartko – Iljo Keisse – Leif Lampater 24. – 29. Januar 2008 Berlin (GER) Bruno Risi – Franco Marvulli 31. Januar – 05. Februar 2008 Kopenhagen (DEN) Bruno Risi – Franco Marvulli 07. – 12. Februar 2008 Hasselt (BEL) Bruno Risi – Franco Marvulli Saison 2006/2007
Datum Rennen Sieger 28. September – 3. Oktober 2006 Maastricht (NED) Bruno Risi – Franco Marvulli 16. – 21. Oktober 2006 Amsterdam (NED) Danny Stam – Peter Schep 26. – 31. Oktober 2006 Grenoble (FRA) Alexander Aeschbach – Franco Marvulli 26. – 31. Oktober 2006 Dortmund (GER) Erik Zabel – Bruno Risi 09. – 14. November 2006 München (GER) Erik Zabel – Bruno Risi 21. – 26. November 2006 Gent (BEL) Rennen wurde nach dem Sturz des Spaniers
Isaac Gálvez mit tödlichen Folgen in der 5. Nacht
abgebrochen28. Dezember 2006 – 2. Januar 2007 Zürich (SUI) Bruno Risi – Franco Marvulli 04. – 09. Januar 2007 Rotterdam (NED) Robert Bartko – Iljo Keisse 11. – 16. Januar 2007 Bremen (GER) Erik Zabel – Bruno Risi 18. – 23. Januar 2007 Stuttgart (GER) Bruno Risi – Franco Marvulli – Alexander Aeschbach 25. – 30. Januar 2007 Berlin (GER) Guido Fulst – Leif Lampater 01. – 06. Februar 2007 Kopenhagen (DEN) Bruno Risi – Franco Marvulli 08. – 13. Februar 2007 Hasselt (BEL) Bruno Risi – Franco Marvulli Saison 2005/2006
Datum Rennen Sieger 17. – 22. Oktober 2005 Amsterdam (NED) Bruno Risi – Kurt Betschart 27. Oktober – 1. November 2005 Dortmund (GER) Erik Zabel – Rolf Aldag 27. Oktober – 1. November 2005 Grenoble (FRA) Matthew Gilmore – Iljo Keisse 10. – 15. November 2005 München (GER) Erik Zabel – Robert Bartko 22. – 27. November 2005 Gent (BEL) Matthew Gilmore – Iljo Keisse 5. – 10. Januar 2006 Rotterdam (NED) Robert Slippens – Danny Stam 12. – 17. Januar 2006 Bremen (GER) Robert Slippens – Danny Stam 19. – 24. Januar 2006 Stuttgart (GER) Robert Bartko – Guido Fulst – Leif Lampater 26. – 31. Januar 2006 Berlin (GER) Robert Slippens – Danny Stam 02. – 07. Februar 2006 Kopenhagen (DEN) Robert Slippens – Danny Stam 09. – 14. Februar 2006 Hasselt (BEL) Matthew Gilmore – Iljo Keisse Einzelnachweise
- ↑ vgl. Als noch um Badewannen und Schweine geradelt wurde. In: Berliner Morgenpost, 24. Januar 2003, Ausg. 23/2003, S. 32
- ↑ vgl. Moheit, Hartmut: Mit Haferschleim zurück im Leben. In: Der Tagesspiegel, 22. Januar 2009, Augs. 20151, S. 23
- ↑ Der Veranstalter erklärte, „der Misserfolg des letzten Berliner Sechstagerennens, der ihn über 30.000 Mark gekostet hat, sei in der Hauptsache auf das neue in Dortmund und nun auch in Berlin zur Anwendung gebrachte Sechstagereglement zurückzuführen, das wohl gut gemeint sei, aber sich in seiner Auswirkung als völlig verfehlt erwiesen habe“. Vorbedingung für die Veranstaltung eines Sechstage-Rennens sei für ihn, „daß mit dem jetzigen Reglement aufgeräumt werde“. Quelle: Illustrierter Rad-Rennsport, 30. März 1934
- ↑ "„Wir haben in den vergangenen Tagen intensive Gespräche geführt und sind zum Entschluss gekommen, das 26. Hofbräu 6-Tage-Rennen angesichts der Situation im Profi-Radsport im kommenden Jahr nicht durchzuführen“, sagt Andreas Kroll, Geschäftsführer der in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft. Quelle: http://www.hofbraeu-6-tage.de/, 24. Oktober 2008
Literatur
- Fredy Budzinski: Sechs Tage auf dem Rade. Geschichtliches, Ernstes und Heiteres aus dem Leben der Sechstage-Fahrer. Illustriert von Paul Simmel und Howard Freeman. Berlin: Selbstverlag des Verfassers, 1925
- Peter Joffre Nye: The Six-Day Bicycle Races. America's Jazz Age Sport. San Francisco 2006
Filme
- Heinz Brinkmann, Sechs Tage - sechs Nächte, 2009
- Mark Tyson, The Six-Day Bicycle Races, 2006 (in Englisch)
Weblinks
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