- Schuld (Strafrecht)
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Schuld ist im deutschen Strafrecht neben dem Unrecht eine weitere Voraussetzung der Strafbarkeit eines Verhaltens. Im Deliktsrecht, das keine Bestrafung des Täters, sondern die Haftung des Tätervermögens für unerlaubte Handlungen normiert, spricht man stattdessen vom Verschulden.
Inhaltsverzeichnis
Begriff der Schuld
Das deutsche Strafgesetzbuch enthält keine Legaldefinition des Begriffs. Heute herrschend ist der von Frank begründete[1] normative Schuldbegriff, wonach Schuld die Vorwerfbarkeit vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens bedeutet.[2] Diese Vorwerfbarkeit des schuldhaften Verhaltens beruht auf dem Gedanken der Willensfreiheit, soweit sie die Tatschuld berührt. Davon zu unterscheiden sind die Lebensführungsschuld und die Charakterschuld. Der psychologische Schuldbegriff betrachtet Schuld als die Beziehung des Täters zu seiner Handlung anhand der Gesichtspunkte Kenntnis/Unkenntnis und Wollen/Nichtwollen.
Vorwerfbarkeit des Verhaltens setzt voraus, dass der Täter sich anders hätte entscheiden können. Nach der Theorie des Determinismus, welche bei rückschauender Betrachtung das Handeln des Menschen in anlage- und umweltbedingten Bestimmungskräften begründet sieht, ist in Ermangelung der Fähigkeit des Menschen, sich frei zwischen Recht und Unrecht zu entscheiden, dem Schuldprinzip der Boden entzogen. Die Verantwortlichkeit des einsichtsfähigen und gesunden Menschen wird dadurch aber nicht berührt. Deshalb hat der Umstand, dass die Wissenschaft den Indeterminismus nicht beweisen kann, weder Auswirkungen auf das Zivilrecht noch auf die Frage (strafbaren) Unrechts. Ob sich vor diesem Hintergrund aber der Schuldvorwurf auf Willensfreiheit als „staatsnotwendige Fiktion“ (Kohlrausch) stützen lässt, erscheint sehr fraglich und wird in den letzten Jahren zunehmend kritisch diskutiert. Von der Klärung, ob überhaupt ein Schuldvorwurf gegen den Täter erhoben werden darf, könnte vor allem der Umgang mit Gefangenen abhängen.
Von Laien wird Schuld regelmäßig mit Kausalität oder Vorsatz vermengt oder verwechselt.
Voraussetzungen der Schuld
Durch die Rechtswidrigkeit des Verhaltens wird die Schuld indiziert, sie muss also (grundsätzlich) nicht positiv festgestellt werden. Sogenannte allgemeine Schuldmerkmale, d. h. bei jedem Straftatbestand in genau dieser Reihenfolge zu prüfende Voraussetzungen der Schuld, sind:
- Schuldfähigkeit
- Schuldvorwurf (minima non curat praetor)
- Vorsatz oder Fahrlässigkeit als Schuldform
- Unrechtsbewusstsein (oder sog. potentielles Unrechtsbewusstsein)
- Nichteingreifen von Entschuldigungsgründen
Daneben treten bei einzelnen Delikten sog. besondere Schuldmerkmale, d. h. nur dort vorkommende Tatbestandsmerkmale, die dogmatisch in die Schuld einzuordnen sind, wie eine besonders belastende Tätersituation (Aussagenotstand, § 157 StGB) oder eine besonders tadelnswerte Gesinnung (Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr, § 315c StGB).
Literatur
- Klaus Günther: Schuld und kommunikative Freiheit. Studien zur personalen Zurechnung strafbaren Unrechts im demokratischen Rechtsstaat, Frankfurt am Main 2004, ISBN 978-3-465-03378-3
- Grischa Detlefsen: Grenzen der Freiheit - Bedingungen des Handelns - Perspektive des Schuldprinzips. Konsequenzen neurowissenschaftlicher Forschung für das Strafrecht, Berlin 2006, ISBN 978-3-428-12212-7
- Bert Götting: Gesetzliche Strafrahmen und Strafzumessungspraxis, ISBN 3-631-31743-3
Quellen
- ↑ Reinhard Frank: Über den Aufbau des Schuldbegriffs, 1907
- ↑ ständige Rechtsprechung, z. B. BGHSt 2, 194, 200
Weblinks
- Detlef Krauß, Humboldtuniversität Berlin: Schuld im Strafrecht (pdf)
- Rainer Marcus Christmann: Strafrechtliche Schuld und gesellschaftliche Wirklichkeit. Das Schuldprinzip im Licht sozialwissenschaftlicher Deutungen jugendlicher Gewaltdelinquenz (Dissertation an der Humboldt-Universität zu Berlin, pdf)
- Stephan Schleim: Sind unsere Rechtsnormen tatsächlich mit den neuen wissenschaftlichen Funden unvereinbar? - Kritische Betrachtung zum Schuldbegriff; Telepolis
- Kleiner Online-Crashkurs zur Schuld im Strafrecht (deutsches Recht).
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