Schuldenkennzahl

Schuldenkennzahl

Als Schuldenkennzahl werden eine Reihe von Kennziffern bezeichnet, die Indikatoren für die Tragfähigkeit von Schulden bilden.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Gläubiger und andere Kreise haben ein Interesse daran, ihr Kreditrisiko beim Schuldner einschätzen zu können. Dazu können betriebswirtschaftliche Kennzahlen dienen, die eigens für die Ermittlung der Schuldentragfähigkeit entwickelt worden sind. Erforderlich ist, dass der Schuldner zur Ermittlung dieser Kennzahlen Transparenz seines Rechnungswesens durch Publizität eines Jahresabschlusses oder Staatshaushalts herstellt.

Schuldenkennzahlen für Staatsschulden

Durch verschiedene finanzielle Staatskrisen, insbesondere der Schuldenkrise Griechenlands, sind Schuldenkennzahlen für Staatsschulden in den Vordergrund der öffentlichen Diskussion gerückt.

Schuldenkennzahlen in Bezug auf die Auslandsverschuldung

Schuldendienstquote

Die Schuldendienstquote gibt das Verhältnis von Schuldendienstzahlungen (Zins und Tilgung) zu den Exporterlösen eines Landes an. Sie kann als Maß für die Belastung eines Landes und als Indikator für die Verwundbarkeit bei Änderungen der Terms of Trade interpretiert werden. Überschreiten die Auslandsschulden 150 % der jährlichen Exporterlöse oder machen sie mehr als 250 % der Staatseinnahmen aus, so ist eine kritische Größe erreicht. Einseitige Exportabhängigkeiten, strukturelle Exportschwächen oder geringe Wettbewerbsfähigkeit schränken die Exportfähigkeit ein und erhöhen tendenziell die Schuldendienstquote.

Zinsendienstquote

Die Zinsendienstquote gibt das Verhältnis von Zinszahlungen (nur Zins, keine Tilgung) zu den Exporterlösen eines Landes an. Hierbei wird unsterstellt, dass das Land fällige Schulden durch neue Schulden tilgen kann und daher die Exporterlöse nur zur Finanzierung der Zinsen verwendet werden. Die Zinsendienstquote kann stärkeren Veränderungen unterworfen sein, da sich das Volumen kurzfristiger Schulden schnell verändern kann und zudem die meist variablen Schuldzinsen großen Marktschwankungen unterliegen können. Kritisch ist die Situation, wenn der Zins- und Tilgungsdienst 20 % bis 25 % der dauerhaft erzielbaren Exporterlöse überschreitet.[1]

Schuldenkennzahlen in bezug auf die Gesamtverschuldung

Hierzu wird die Staatsverschuldung meist in das Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gesetzt. Ein Beispiel ist das Maastricht-Kriterium, wonach die Staatsverschuldung höchstens 60 % der Wirtschaftsleistung ausmachen darf. Eine weitere Schuldenkennzahl der Maastricht-Kriterien ist das Verhältnis der Höhe der Neuverschuldung zum Bruttosozialprodukt (auf 3 % begrenzt). Bei hoher oder dynamischer Wirtschaftsleistung kann sich ein Staat eine höhere Schuldenlast eher leisten als Staaten, die eher eine undynamische Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes aufweisen.

EU

In der EU ist die Schuldenkennzahl der Indikator kurzfristiger Verschuldung. Man vergleicht die Devisenreserven eines Landes mit den kurzfristigen Schulden. Unter kurzfristigen Schulden versteht man Schulden, die innerhalb eines Jahres zurückgezahlt werden müssen.

Beispiel Slowenien: Die Devisenreserven Sloweniens waren im Jahre 2005 um 34 % höher als die kurzfristigen Schulden, was eine Schuldenkennzahl von 1,34 ergibt. Der Staat benötigt daher nicht nur seine kompletten Währungsreserven, sondern auch andere Quellen, um seine kurzfristigen Schulden zu tilgen.

Unternehmen

Bei Unternehmen wird für deren Wirtschaftsleistung sinnvollerweise der Cashflow herangezogen. Er reflektiert die aus dem jährlichen Umsatzprozess generierten Einnahmen, die auch zur Schuldenbedienung herangezogen werden können. Zu diesem Zweck werden die Summe aller Verbindlichkeiten und der Zins- und Tilgungsdienst (Kapitaldienst) jeweils ins Verhältnis zum Cashflow gesetzt, um die Schuldentragfähigkeit eines Unternehmens zu ermitteln. Kritisch ist die Schuldensituation für Unternehmen – branchenabhängig – dann, wenn die Verbindlichkeiten über 500 % des Cashflow oder der Schuldendienst mehr als 50 % des Cashflow übersteigen. Werden diese Grenzen nicht nur temporär überschritten, befindet sich ein Unternehmen in einer Unternehmenskrise.

Siehe auch

Literatur

  • Rüdiger C. Sura: Stabilitätsbedingungen für Verschuldungsprozesse in ausgewählten Schwellenländern; Ausgabe 23 von Weltwirtschaftliche Studien aus dem Institut für Europäische Wirtschaftspolitik der Universität Hamburg, 1991, ISBN 3525121180 , Seite 55 ff., Online

Einzelnachweise

  1. Urs Egger, Agrarstrategien in verschiedenen Wirtschaftssystemen, 1989, S. 124

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