Schule der Nacht

Schule der Nacht

The School of Night (dt. Die Schule der Nacht) wird als ein teilweise „ironischer“ Begriff für eine Vereinigung von Männern in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts um Sir Walter Raleigh gesehen, die ursprünglich 1592 als „Schule des Atheismus“, später auch als Freidenker („Free Thinker“) stigmatisiert wurden.

Inhaltsverzeichnis

Der Begriff „Schule der Nacht“

Ausschnitt aus Originaltext IV,3 Liebes Leid und Lust, First Folio

Der Begriff „The School of Night“ wurde aus einer Passage in William Shakespeare's Stück Liebes Leid und Lust, IV,3 abgeleitet, in der der König von Navarra sagt:

O paradoxe, Blacke is the badge of hell ,
The hue of dungeons and the Schoole of night
And beauties crests becomes the heavens well

Der Kontext dieser Zeilen ergibt zwar keinerlei Hinweise für eine Vereinigung oder Zusammenkunft von Personen. In der Shakespeareszene scheint der König nur die dunkle Hautfarbe seines Liebhabers Biron zu verhöhnen. Dennoch haben verschiedene Wissenschaftler diese Zeile als eine Anspielung auf Raleighs „Schule des Atheismus“[1] interpretiert und für die Gruppe den Namen „The School of Night“ verwendet. Die umstrittene Gruppe wurde auch als Heidentümler (pagans) oder Satanisten bezeichnet, die illegale Aktivitäten und Rituale ausübten. Manche gehen davon aus, dass sich der Name „Schule der Nacht“ bis nach Italien zurückverfolgen lässt, in dem ein Leonardo Da Vinci und Michelangelo als Querdenker ihrer Zeit betrachtet wurden.

Zu der vermuteten „geheimen“ Vereinigung sollen Intellektuelle, ausgewählte Mitglieder des fortschrittlichen Adels und gebildeter Bürger einschließlich Mathematikern, Astronomen, Reisenden der Neuen Welt, Geographen, Philosophen, Dichtern u.a. gehört haben wie z. B. Henry Percy („Wizard Earl“), Ferdinando Stanley (Lord Strange), Thomas Harriot, William Warner, Christopher Marlowe, George Chapman, Mathew Roydon, Richard Baines (der gegen Marlowe in dem Verfahren um Marlowes Atheismus aussagte), Sir George Carey u. a., die sich „heimlich“ trafen, um über neue Entwicklungen hinsichtlich Religion, Atheismus, Machiavellismus etc. zu diskutieren. Sie sollen sich im „Durham House“, der Londoner Residenz von Raleigh getroffen haben, die Queen Elizabeth dem Bischof von Durham enteignet hatte. Es gibt allerdings keine gesicherten Quellen, die belegen können, dass sich all diese Personen kannten. Es existieren hingegen verschiedene Quellen, bereits im Elisabethanischen Zeitalter, die über Verbindungen verschiedener dieser Personen spekulierten.

Raleigh wird darüber hinaus durch Quellen der als Atheisten verdächtigten Thomas Harriot und Henry Percy mit der Schule der Nacht in Verbindung gebracht. Harriot muss seit ca. 1580 in enger Bindung zu Raleigh gestanden haben, irgendwann nach 1594 wechselte er zu Henry Percy, der sein Patron wurde.

Atheismus

Man nimmt an, dass alle Personen, die zur Gruppe der Schule der Nacht gehörten, studiert hatten und wohl alle des Atheismus verdächtigt wurden. Damals des Atheismus verdächtigt zu werden, entsprach de facto einer Anklage, die dem Hochverrat gleichzusetzen war. Da der Regent bzw. die Regentin zugleich Oberster Kirchenherr/In war, bedeutete Opposition gegen die Kirche gleichermaßen, sich gegen den Regent/In zu stellen.

Atheismus war daneben als Begriff praktisch auch gleichzusetzen mit Anarchie und wurde häufig als Anklage gegen politisch Missliebige verwandt. Richard Cholmley, ein Anti-Katholischer Geheimagent für den Kronrat Ihrer Majestät, belastete in einer beeideten schriftlichen Erklärung Christopher Marlowe, „the Atheist lecture to Sr. Walter Raleigh [and] others,“ gehalten zu haben, die den Verdacht einer Anklage gegen die Schule der Nacht erhärtete. [2]

1592 hatte der im Exil lebende Jesuit Robert Parsons auf die wahrscheinlich von Lord Burghley veranlasste „Königliche Proklamation[3] gegen die Jesuiten mit seiner Schrift „Responsio[4] reagiert, in der er das kursierende Gerücht missbilligte, dass Raleigh Mitglied des Kronrates werden sollte und durch Vermittlung seiner „Zauberlehrlinge“ wie Harriot eine „atheistische“ Politik nach England tragen würde.

Raleigh und Marlowe

Es existieren einige Quellen, die eine Verbindung von Marlowe und Raleigh herleiten lassen:

  • In einer Anklage gegen Richard Cholmley, Diener des Earl of Essex und Feind von Raleigh, der der Bildung einer verräterischen Verschwörung von Atheisten angeklagt war, sagte er aus: :saieth and very believeth that one Marlowe is able to show more sound reasons for atheism than any divine in England is able to give to prove divinity and that Marlowe told him that he hath read the atheist lecture to Sir Walter Raleigh and others[5][6]
  • Eine Quelle der Baines Notizen gegen Marlowe stellt eine Verbindung zwischen Marlowe und Raleigh über den Mathematiker Harriot her: : he(Marlowe) affirmed that Moses was but a juggler and that Harriot beeing Sir Raleighs man can do more than he[7]
  • Der inhaftierte und der Tortur unterworfene Thomas Kyd erwähnte, dass Marlowe mit Harriot, Warner, Roydon u.a. sich auf Paul's Kirchhof unterhalten hätten bzw., dass Marlowe beabsichtige, nach Schottland zu gehen, wohin Roydon schon aufgebrochen sei [8].

Quellen

  • Muriel C. Bradbrook, The School of Night: A Study in the Literary Relationships of Raleigh (1936)
  • Susanne S. Webb, Raleigh, Hariot, and Atheism in Elizabethan and Early Stuart England, Albion: A Quarterly Journal Concerned with British Studies 1969
  • Ernest A. Strathmann, The Textual Evidence for "The School of Night", Modern Language Notes 1941
  • Ernest A. Strathmann, Sir Walter Raleigh: A Study in Elisabethan Skepticism,New York Columbia Univ.Press, (1951)
  • W. Schrickx, Shakespeare's Early Contemporaries. The Background of the Harvey-Nashe Polemic and Love's Labour's Lost, Antwerpern, De Nederlandsche Boekhandel 1956
  • David B. Quinn, John W. Shirley, A Contemporary List of Hariot References, by Renaissance Quarterly 1969

Weblinks

Literaturangaben

  1. erstmals durch A. Acheson, Shakespeare and the Rival Poet. In A.Q. Couch and J.D.Wilson(ed.):Loves Labour Lost, 1923 Cambridge
  2. Samuel Tannenbaum [1928]: The Assassination of Christopher Marlowe (A New View), S. 49-50, The Shoe String Press, LCC PR2673.T3
  3. A declaration of great Troubles pretended against the Realme by a number of Seminarie Priests and Jesuits, sent and very secretly dispersed in the same, to worke great Treason under a false pretence of Religion, with a provision very necessary for remedy thereof
  4. zitiert bei E.A:Strathmann „John Dee as Raleighs Conjurer. – Elisabethae, Angliae Reginae Haeresim Calviniam Propugnantis, Saevissiumum in Catholicos sui Regni edictum…cum Responsione…per Andream Philopatrum(Augsburg 1592), Huntington Library Quarterly, X (1947)
  5. http://www2.prestel.co.uk/rey/chumley1.htm
  6. http://www2.prestel.co.uk/rey/chumley2.htm
  7. http://www2.prestel.co.uk/rey/baines1.htm
  8. http://www2.prestel.co.uk/rey/kyd2.htm

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