- Schutzschrift
-
Eine Schutzschrift ist ein Schriftsatz an ein Gericht, der verhindern soll, dass im Rahmen eines befürchteten vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ein Entscheid zum Nachteil der Partei, die den Schriftsatz vorsorglich eingereicht hat, ergeht.
Inhaltsverzeichnis
Deutschland
Mit der Schutzschrift soll etwa verhindert werden, dass im einstweiligen Verfügungsverfahren) ein Verfügungsbeschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 944 ZPO) des Antragsgegners erfolgt. Ob das Gericht eine mündliche Verhandlung anordnet oder unmittelbar durch Beschluss entscheidet, steht im Ermessen des Gerichts (§ 937 Abs. 2 ZPO) und wird unterschiedlich gehandhabt. Es kann trotz hinterlegter Schutzschrift eine einstweilige Verfügung durch Beschluss ergehen, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden Richters der zuständigen Kammer die Argumente aus der Schutzschrift nicht durchgreifen.
Damit ein Beschluss ohne mündliche Verhandlung ergehen darf, ist neben dem Verfügungsanspruch (z. B. § 1004 BGB oder § 8 UWG) eine Dringlichkeit (= Verfügungsgrund) erforderlich. Es muss ein „dringender Fall“ vorliegen. Ein dringender Fall besteht dann, wenn eine Verzögerung der Entscheidung den Zweck des Beschlusses verfehlen würde. Die Schutzschrift ist u. a. im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes anzutreffen, da Wettbewerbsstreitigkeiten schnelle Verfahren veranlassen. In diesen Streitigkeiten wird die Dringlichkeit widerlegbar vermutet, § 12 Abs. 2 UWG.
Die Schutzschrift ist nur eine Möglichkeit der Reaktion auf eine Abmahnung. Es gibt weitere Varianten: die negative Feststellungsklage, die Gegenabmahnung, die Abgabe oder Nichtabgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung. Angesichts der u. U. hohen Schäden und Kosten empfiehlt sich in jedem Fall eine sorgfältige Prüfung und Abwägung.
Bei einem „fliegenden Gerichtsstand“ (etwa Internetstreitigkeiten) ergibt sich das Problem, dass mehrere oder gar alle deutschen Gerichte örtlich zuständig sein können, weswegen das Einreichen einer Schutzschrift bei einem Gericht unter Umständen nicht ausreicht. Mit dem Zentralen Schutzschriftenregister der Europäischen EDV-Akademie des Rechts gibt es zwar ein Pilotprojekt, um diese Problematik zu beseitigen und eine zentrale Sammelstelle für Schutzschriften zu schaffen, jedoch sind die Gerichte nicht verpflichtet, auf dieses Register zuzugreifen. Daneben gibt es nicht unerhebliche datenschutzrechtliche Bedenken gegen ein solches Zentralregister; bereits mit der - unumgänglichen - Benennung der Beteiligten eines Rechtsstreits würden sensible und schutzwürdige Daten einem (privatrechtlich organisierten) Dritten bekannt gegeben.
Schweiz
Die Schutzschrift ist in Art. 270 ZPO, welche auf den 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, ausdrücklich vorgesehen. Danach kann, wer Grund zur Annahme hat, dass gegen ihn ohne vorgängige Anhörung die Anordnung einer superprovisorischen Massnahme, eines Arrests, einer Vollstreckbarerklärung nach dem Luganoübereinkommen oder einer anderen Massnahme beantragt wird, seinen Standpunkt vorsorglich in einer Schutzschrift darlegen.
Literatur
- Deutschland
- Andreas Wehlau: Die Schutzschrift. Rechtsgrundlagen, Prozesstaktik, Formulare. Carl Heymanns, 2011. 264 S. ISBN 978-3-452-27440-3
- Valentin Spernath: Die Schutzschrift in zivilrechtlichen Verfahren. Mohr Siebeck, 2009. ISBN 978-3-16-149803-9 (Dissertation)
- Hefermehl, Köhler, Bornkamm: Wettbewerbsrecht. 25. Auflage. München 2007.
- Baumbach, Lauterbach: Zivilprozessordnung. 61. Auflage. München 2003.
- Schuschke, Walker: "Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz.", 5. Auflage. Köln 2011.
- Schweiz
- Andreas Güngerich: Die Schutzschrift im schweizerischen Zivilprozessrecht. Bern 2000.
Weblinks
- Zentrales Schutzschriftenregister (ZSR)
- Literatur zum Schlagwort Schutzschrift im Katalog der DNB und in den Bibliotheksverbünden GBV und SWB
Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten! Kategorien:- Zivilprozessrecht (Deutschland)
- Zivilprozessrecht (Schweiz)
Wikimedia Foundation.