Schwirrfliegen

Schwirrfliegen
Syrphidae
Hainschwebfliege (Episyrphus balteatus)

Hainschwebfliege (Episyrphus balteatus)

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Unterklasse: Fluginsekten (Pterygota)
Ordnung: Zweiflügler (Diptera)
Unterordnung: Fliegen (Brachycera)
Teilordnung: Deckelschlüpfer (Cyclorrhapha)
Familie: Syrphidae
Wissenschaftlicher Name
Syrphidae
Latreille, 1802

Schwebfliegen (Syrphidae), auch Stehfliegen oder Schwirrfliegen genannt, stellen eine Familie der Ordnung Zweiflügler (Diptera) dar. Innerhalb dieser werden sie den Fliegen (Brachycera) zugeordnet. Sie kommen in etwa 6.000 Arten vor, davon 1800 in der Paläarktis und 500 in Europa. Ihr auffälligstes und namensgebendes Merkmal ist die Fähigkeit, auch bei bewegter Luft mit hoher Konstanz fliegend auf einer Stelle zu verharren.

Inhaltsverzeichnis

Aussehen der Schwebfliegen

Allgemeines Aussehen

Innerhalb der Schwebfliegen gibt es eine ganze Reihe verschiedener Arten, entsprechend abwechslungsreich ist auch ihr Aussehen. Etliche Schwebfliegenarten haben hummel-, wespen- oder bienenähnliche Zeichnungen. Sie können leicht verwechselt werden, sind aber harmlos. Diese Mimikry täuscht den Fressfeinden der Schwebfliegen eine nicht vorhandene Gefährlichkeit vor, da sie im Gegensatz zu ihren Vorbildern keinen Stachel besitzen. Der Körper kann sowohl gedrungen als auch lang und dünn sein, außerdem gibt es behaarte und unbehaarte Arten.

Kopf und Mundwerkzeuge

Mistbiene (Eristalis tenax)

Die Mundwerkzeuge der Schwebfliegen sind wie bei den meisten Fliegengruppen zu Leckwerkzeugen umgestaltet. Dabei kann der vordere Kopfbereich bei einigen Arten schnauzenartig verlängert sein, etwa bei den Arten der Schnabelschwebfliegen (Gattung Rhingia). So ausgestattet sind Schwebfliegen sowohl in der Lage, flüssige Nahrung wie Nektar aufzunehmen als auch Pollen zu zerbeißen. Die Augen sind vor allem bei den Männchen sehr groß und stoßen oben auf dem Kopf zusammen, sie können artspezifisch glatt oder behaart sein. Vorn zwischen den Augen befinden sich die dreigliedrigen Fühler, wobei das Endglied eine typische Borste oder einen Endgriffel trägt. Auf der Kopfoberseite befinden sich mehrere Punktaugen (Ocellen).

Thorax und Flügel

Flügel mit Vena spuria

Der Brustabschnitt, der wie bei allen Insekten die Flügel und die Beine trägt, besitzt oberseits ein großes Mesonotum, an dem zum Hinterleib ein Schildchen ansetzt. Wie alle Zweiflügler besitzen sie nur zwei Vorderflügel, die Hinterflügel sind zu stummeligen Schwingkölbchen (Halteren) umgewandelt. Kennzeichnend für die Schwebfliege ist eine so genannte Scheinader (Vena spuria) auf den Vorderflügeln. Die Vorderbeine sind bei den meisten Schwebfliegenarten schwach ausgebildet, die Hinterbeine dagegen kräftig. Teile der Beine können artspezifisch verbreitert oder verdickt sein.

Hinterleib

Sehr variabel ist der Hinterleib, sowohl in der Form als auch in der Färbung. Er besteht aus vier dorsal sichtbaren Segmenten und seine Form kann keilförmig, hummelartig verdickt, langgezogen oder keulenförmig sein. Die Färbung der Arten reicht von einem metallischen Schwarz und Schwarzblau über Grautöne bis zu einer vielfältigen Bänderung und Fleckung, vor allem in Gelb und Schwarz. Viele Schwebfliegen haben zudem einen stark behaarten Hinterleib. Die männlichen Geschlechtsorgane sind bei einigen Arten eingeklappt, bei anderen deutlich erkennbar.

Lebensweise der Schwebfliegen

Hainschwebfliege im Flug

Ausgewachsene Schwebfliegen fliegen mit hoher Flügelschlagfrequenz bis zu 300 Hertz (schwirren) und können damit längere Zeit an Ort und Stelle „schweben“.

Ihre Nahrung besteht aus Nektar und Pollen. Daher spielen die Schwebfliegen als Bestäuber eine wesentliche Rolle, wobei sie in den gemäßigten Breiten neben den Bienen (Apoidea) die wichtigste Bestäubergruppe darstellen. Durch verschiedene Tests konnte nachgewiesen werden, dass die Schwebfliegen sich optisch orientieren und dabei eine Vorliebe für gelbe Blüten haben. Bei einigen Arten ist die Pollenaufnahme für die Entwicklung der Gonaden notwendig, etwa bei der Späten Großstirnschwebfliege und der weit verbreiteten Hainschwebfliege.

Fortpflanzung und Entwicklung

Schwebfliegen bei der Paarung

Die Partnerfindung verläuft bei den Schwebfliegen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit optisch. Zu diesem Zweck besitzen die Männchen der Tiere vergrößerte Facettenaugen. Diese stürzen sich in einer Art Rüttelflug auf ein ausgemachtes Weibchen und begatten es im Flug. Bei der Kleinen Mistbiene (Syritta pipiens) etwa dauert diese Begattung maximal fünf Sekunden. Die Männchen anderer Arten fliegen das Weibchen von einem Sitzplatz aus an, zuweilen gibt es auch regelrechte Luftkämpfe der Männchen um ein Weibchen. Die Männchen der Narzissenfliege (Lampetia armipes) und einiger andere Arten besitzen speziell als Klammerbeine ausgebildete Hinterbeine, mit denen sie das Weibchen greifen und festhalten können.

Die Eiablage erfolgt in der Nähe einer Nahrungsquelle der späteren Larven, die sehr unterschiedlich sein können (siehe unten). Die Weibchen der Art Eristalis tenax werden beispielsweise vom Geruch von Jauche angezogen, da ihre Larven in stark verschmutzten Pfützen leben. Auch bei den Larven der Schwebfliegen variiert das Aussehen sehr stark. So gibt es Arten mit oder ohne Bedornung, mit Stummelbeinen oder einem Atemrohr (Rattenschwanzlarve bei Eristalis tenax), dieses besonders bei Arten, die in sehr feuchter Erde, in Baumsäften oder im Wasser leben. Die Larvenzeit dauert etwa 8 bis 14 Tage, danach verpuppen sich die Larven. Bei Arten mit nur einer Jahresgeneration folgt eine Sommer- oder Winterruhe, die bei Arten mit mehreren Generationen (bis fünf) fehlt.

Larvalentwicklung

Larve einer Schwebefliege

Im Gegensatz zu den erwachsenen Tieren (Imagines) ist die Lebensweise der Larven vielfältiger. Sie unterscheiden sich vor allem in der Wahl der Nahrung und sind entsprechend unterschiedlich gestaltet. So lebt etwa die Larve von Eristalis tenax in stark verschmutzten Wasserpfützen und stellt einen Zeigerorganismus für diese Gewässer dar. Viele andere Arten sind als Larven Blattlausfresser, wobei die Spezifität relativ wenig ausgeprägt ist. Zwar bevorzugen die Pipiza- und die Cnemodon-Arten wachsabscheidende Läuse während etwa die Syrphus-Arten diese meiden, eine weitere Auswahl gibt es jedoch nicht.

Insgesamt lassen sich die Schwebfliegenlarven in drei ökologische Kategorien einteilen, an die sie jeweils optimal angepasst sind:

Die erste Gruppe besteht aus Arten, die sich von Pflanzenresten, Faulschlamm, Detritus und Pflanzensäften ernährt. In diese Gruppe gehören etwa die Larven der Chrysogaster-Arten in feuchte Erde, Rhingia-Arten und die Kleine Mistbiene (Syritta pipiens) im Kot verschiedener Säugetiere (Koprophagie) und Microdon-, Chrysotoxum-, Mallota-, Cerioides-, Zelima-, Spilomyia- und Ferdinandea-Arten in feuchtem Holzmehl oder -mulm. Die nacktschneckenartigen Microdon-Arten leben auffällig häufig im Bereich von Ameisenbauten, werden dort aber nicht attackiert. Temnostoma vespiforme lebt in selbstge„frästen“ Gängen morscher Birkenstämme und Brachypoda bicolor und Eristalis tenax sind Schlamm- und Detritusfresser in sehr feuchter Erde und in Jauchepfützen.

Helophilus pendulus: Eiablage, Eigelege und Primärlarve

Die zweite Gruppe umfasst klassische Pflanzenfresser, also Arten, die sich von frischem pflanzlichen Material ernähren. Sie sind häufig Minierer und Pflanzensaftschlürfer. In diese Gruppe gehört etwa die Narzissenfliege (Lampetia armipes) und die Fichtenharzfliege (Cheilosia morio).

räuberisch lebende Schwebfliegenlarve

Die dritte Gruppe beinhaltet räuberisch lebende Larven. Hierunter fallen die Volucella-Arten, die in Nestern von Hummeln, Hornissen und Wespen leben und hier teilweise von pflanzlichem Abfall und teilweise von ihren „Gastgebern“ leben. Xanthrandus comptus und Syrphus tricinctus fressen Blattläuse und saugen auch größere Raupen von Schmetterlingen und Blattwespen (Afterraupen) aus. Memesbrina-Arten jagen im Dung nach den Larven anderer Fliegen und Syrphunigritarsis-Arten fressen die Eier und später auch die Larven spezifischer Blattkäfer. Etwa 100 Arten in Mitteleuropa sind Blattlausjäger und jagen in der Dämmerung nach ihrer Beute, die sie mit den kräftigen Mundwerkzeugen attackieren und aussaugen. Dabei frisst eine Larve bis zu 100 Blattläuse pro Tag.

Systematik

Bei den Schwebfliegen handelt es sich um ein monophyletisches Taxon. Die phylogenetische Einordnung erfolgt in die Deckelschlüpfer (Cyclorrhapha) und hier in die Aschiza. Die Schwestergruppe bilden dabei die Augenfliegen (Pipunculidae), mit denen sie ein gemeinsames Taxon der Syrphoidea bilden.

───── Aschiza
      ├── Platypezoidea (u. a. Tummelfliegen und Langbeinfliegen)
      └── Syrphoidea
          ├── Augenfliegen (Pipunculidae)
          └── Schwebfliegen (Syrphidae)

Die Schwebfliegen umfassen weltweit etwa 6.000 Arten. In Europa sind davon etwa 500 verbreitet, darunter folgende:

Literatur

  • Bastian O. (1986): Schwebfliegen; Neue Brehm-Bücherei Band 576, Wittenberg.
  • Bothe G.(1996): Schwebfliegen; Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung, Hamburg
  • Haupt J, Haupt H (1998): Fliegen und Mücken: Beobachtung, Lebensweise, Naturbuch, Augsburg
  • Honomichl K., Bellmann H. (1994): Biologie und Ökologie der Insekten; CD-Rom, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart.
  • Kormann K. (1988): Schwebfliegen Mitteleuropas, Landberg, München.
  • Kormann K. (2002): Schwebfliegen und Blasenkopffliegen Mitteleuropas, Fauna-Verlag, Nottuln.
  • Röder G. (1990): Biologie der Schwebfliegen Deutschlands (Diptera, Syrphidae)., Keltern-Weiler.
  • Schmid, U.(1996): Auf gläsernen Schwingen – Schwebfliegen, Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde, Serie C, 40 (80 Seiten), Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart.
  • Veen, M.P. van (2004): Hoverflies of Northwest Europe, Koninklijke Nederlandse Natuurhistorische Vereniging, Utrecht.

Weblinks


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