Seligsprechung

Seligsprechung
Seligsprechung Johannes Pauls. II. auf dem Petersplatz in Rom

Eine Seligsprechung oder Beatifikation (v. lateinisch beatus ‚glücklich‘, ‚selig‘, facere ‚machen‘, ‚tun‘) ist in der römisch-katholischen Kirche ein kirchenrechtliches Verfahren, bei dessen Abschluss der Papst nach entsprechender Prüfung erklärt, dass ein bestimmter Verstorbener als Seliger bezeichnet werden und als solcher öffentlich verehrt werden darf. Voraussetzung sind entweder das Martyrium oder ein heroischer Tugendgrad und, falls es sich nicht um einen Märtyrer handelt, der Nachweis eines Wunders, das auf die Anrufung des Seligen und dessen Fürsprache bei Gott bewirkt wurde. Im Unterschied zur Heiligsprechung wird durch die Seligsprechung jedoch nur eine lokale öffentliche Verehrung gestattet.

Eine Heilig- oder Seligsprechung bedeutet nicht, dass eine Person „in den Himmel versetzt“ wird, sondern mit ihr bekundet die Kirche das Vertrauen, dass der betreffende Mensch die Vollendung bei Gott bereits erreicht hat. Sie hat somit auch liturgische Bedeutung, sodass nun nicht mehr für die betreffende Person, sondern mit ihm oder ihr gebetet und er oder sie um seine oder ihre Fürsprache bei Gott gebeten werden kann.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Die Seligpreisungen sind Teil der Bergpredigt Jesu nach Matthäus 5 und Lukas 6. In ihnen preist Jesus die geistlich (Mt) und materiell (Lk) Armen, Leidtragenden, Hungernden, Weinenden, um Christi Willen Verfolgten und nach Gerechtigkeit Dürstenden ebenso wie Barmherzige, nicht Verdammende, Vergebende, Sanftmütige, Friedfertige und Menschen mit reinem Herzen glücklich und verheißt ihnen das Reich Gottes als vollkommene Lebenserfüllung, derer sie sich schon jetzt freuen können.

Im Sprachgebrauch der römisch-katholischen Kirche sind selige Personen solche, denen man zuschreibt, sie seien Menschen, die nach ihrem Tod in die ewige Anschauung Gottes gelangt seien. Der Begriff hat in vielfältiger Weise Eingang in die Umgangssprache gefunden.

Geschichte

Eine Seligsprechung war ursprünglich ein diözesaner Heiligsprechungsprozess. Als verehrungswürdiger galten jedoch jene Verstorbenen, die in das Martyrologium Romanum, den römischen Heiligenkalender, aufgenommen worden waren. In späterer Zeit wurden auch die diözesanen Seligsprechungen von Rom übernommen.

Ablauf

Reliquienschrein des seligen Wilhelm Eiselin (1564–1588)

Voraussetzungen für die Einleitung des Seligsprechungsprozesses sind der „Ruf der Heiligkeit“ (fama sanctitatis) und der „Ruf der Wundertätigkeit“ (fama signorum), die der Kandidat unter den Gläubigen genießen muss. Der „Ruf der Heiligkeit“ kann sich dabei nach Ansicht der Kirche nach einem Märtyrertod bilden oder durch die von Glaube, Liebe, Hoffnung und den Kardinaltugenden geprägte Lebensweise des Seligzusprechenden entstehen.[1]

Einer Seligsprechung geht der sogenannte Seligsprechungsprozess voraus. Hier geht es vor allem um die Prüfung der Lebensführung des Seligzusprechenden und um die Untersuchung eines ihm zugeschriebenen Wunders. Der sogenannte „promotor justitiae“ („Förderer der Gerechtigkeit“, bis 1983 Advocatus Diaboli) hat dabei die Aufgabe, Tatsachen und Ereignisse herauszufinden, die einer Seligsprechung entgegenstehen.

Ein Seligsprechungsprozess darf nach kirchenrechtlichen Bestimmungen frühestens fünf Jahre nach dem Tod der betreffenden Person eröffnet werden. Der Papst kann von dieser Regel aber dispensieren, was in neuerer Zeit bei Mutter Teresa von Kalkutta (1999, nach zwei Jahren), Papst Johannes Paul II. (2005, nach nur drei Monaten) und der Fátima-Seherin Lúcia dos Santos (2008, nach drei Jahren) der Fall war. Ein Seligsprechungsprozess dauert oft mehrere Jahrzehnte, manchmal auch nur wenige Jahre.

Kandidaten, für die ein Seligsprechungsverfahren eröffnet wurde, werden als „Diener Gottes“ bezeichnet. Wem im Prozessverlauf als erstem Schritt der „heroische Tugendgrad“ attestiert wird, der darf Ehrwürdiger Diener Gottes (Venerabilis Dei servus) genannt werden.

Papst Benedikt XVI. ist zur bis 1975 üblichen Praxis der Kirche zurückgekehrt, Seligsprechungen durch den Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse oder auch einen anderen beauftragten Bischof in den jeweiligen Diözesen oder einem anderen geeigneten Ort vorzunehmen. Dies kann als Schritt gewertet werden, die Seligsprechungen wieder mehr zu dezentralisieren. Diese Praxis hat den Vorteil, dass die Feier z. B. am Grab des Seligen stattfinden kann und die Teilnahme nicht den Rompilgern vorbehalten bleibt. Nur auf ausdrücklichen Wunsch des jeweiligen Bischofs, oder bei römischen Seligen, findet künftig eine Seligsprechung in Rom statt. Die Proklamation erfolgt gewöhnlich im Rahmen einer Eucharistiefeier.

Die Seligsprechung spanischer Bürgerkriegsopfer 2007 war die zahlenmäßig bislang größte Seligsprechung der Geschichte. Es wurden 498 spanische Katholiken als Märtyrer selig gesprochen. 491 von ihnen waren Kleriker, sieben waren Laien. Die meisten von ihnen wurden im Rahmen antiklerikaler Repressionskampagnen während der ersten Wochen nach dem franquistischen Staatsstreich von 1936 ermordet.

Siehe auch

Literatur

  • P. Althaus: Art. Seligkeit, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. A., Bd. 5, S. 1686-1688.
  • U. Becker: Art. Seligkeit, in: L. Coenen et al. (Hgg.): Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament, Bd. II/2 (1971), S. 1133–1135.
  • Wolfgang Beinert et al.: Art. Seligkeit, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. A., Bd. 9, S. 437-442.
  • E. Büchsel: Art. Seligkeit der Heiden, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9, S. 570-574.
  • F. Hauck / G. Bertram: Art. makarios, makarizo, makarismos, in: G. Kittel (Hg.): Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Bd. 4 (1942), S. 365–373.
  • Nikolaus Wicki: Die Lehre von der himmlischen Seligkeit in der mittelalterlichen Scholastik von Petrus Lombardus bis Thomas von Aquin, Freiburg 1954.
  • [Redaktion]: Art. Seligkeit, ewige, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9, S. 574-579.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Kurt Breitsching: „Wie wird man ein/e Heilige/r? Ein kurzer Überblick über das Selig- und Heiligsprechungsverfahren der katholischen Kirche.“ Stand: 16. Juni 2003. URL: http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/html/385.html (Zugriff am 22. Mai 2008)

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  • Beatifikation — Seligsprechung * * * Be|a|ti|fi|ka|ti|on 〈f. 20〉 = Seligsprechung [<lat. beatus „glückselig“ + facere „machen“] * * * Beatifikation   [lateinisch] die, / en, die Seligsprechung.   * * * Be|a|ti|fi|ka|ti|on, die; , en [spätlat. beatificatio =… …   Universal-Lexikon

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