- Sneaker
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Sneaker (deutsch Schleicher) ist der Sammelbegriff für Sportschuhe, die nicht zum Sport, sondern im Alltag getragen werden. Der Sneaker ist somit ein meist dem Laufschuh ähnlicher, modischer Straßenschuh.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die ersten Sportschuhe wurden um 1860 in England (und etwa zeitgleich in den USA) als Krockettschuhe mit flexibler Gummisohle und einem Schaft aus Leinen gebaut. Die knapp über dem Boden liegende, den Schuh umlaufende, farblich kontrastierende Linie auf dem Gummisohlenrand, trug diesen Modellen den Namen Plimsolls ein (nach dem Erfinder der Ladelinie bei Schiffen, Samuel Plimsoll). 1917 kamen in den USA die Keds genannten und von der U.S. Rubber Company in Massenfertigung produzierten Sneaker (für Kinder) auf den Markt und wurden von den Erwachsenen schon bald als Sportschuhe (Tennis) für geeignet befunden. 1919 folgte der knöchelhohe Converse All Star und wurde über Jahrzehnte zum Inbegriff des Sneakers in Nordamerika.
Der Begriff Sneaker selbst ist eine Erfindung des 20. Jahrhunderts und stammt vom Werbefachmann Henry Nelson McKinney; denn außer Mokassins hatten damals alle anderen Schuhe bedingt durch die Ledersohlen einen lauten Auftritt (engl. "to sneak": schleichen). In den 1950er Jahren ließ sich Teenikone James Dean mit Sneakers ablichten; daraufhin wurden die billigen und pflegeleichten Schuhe zur bevorzugten Fußbekleidung der Jugend und gaben in den Folgejahrzehnten einer ganzen Turnschuhgeneration den Namen.
Der ursprüngliche Grund für das Tragen von Sportschuhen im Alltag war der sich auch in der Kleidung manifestierende Protest der Jugend gegen das herrschende Establishment und die Erwachsenenkultur, die glanzpolierte Lederhalbschuhe bevorzugte. Zum Erhalt und der weiteren Verbreitung trugen auch der wesentlich geringe Pflegeaufwand (kein Glanz und keine Lederpflege, da größtenteils Kunstfaserschäfte) und die im Vergleich zu hochwertigen Lederschuhen günstigeren Ladenpreise der durch billige Massenfertigung (angespritzte und vulkanisierte Machart) hergestellten Sneaker bei.
Der Sneaker in seiner qualitativ höherwertigen Art (Edelsneaker genannt) geht vermutlich auf ein Modell von Ludwig Reiter zurück, der als Hersteller Ende der 1970er Jahre erstmals einen vom Preis und Material her anders positionierten Sneaker anbot. Mit der allgemeinen Sporteuphorie der 1980er Jahre setzte sich der Sportschuh bzw. Sneaker dann in weiten Teilen der Bevölkerung als akzeptiertes Freizeitschuhmodell durch.
Begriffsdifferenzierungen und Varianten
Im deutschsprachigen Raum wird der Begriff "Sneaker" zur Kategorisierung spezifischer Schuhmodelle im allgemeinen Sprachgebrauch und im Marketing erst seit den späten 1990er Jahren verwendet. Zuvor wurde von "Turnschuhen" oder "Sportschuhen" gesprochen (als sich etwa Joschka Fischer im Jahr 1985 "in Turnschuhen" als Landesminister vereidigen ließ, wäre damals niemand auf die Idee gekommen zu sagen, er habe sich in "Sneakern" vereidigen lassen). Die Verwendung des Begriffes "Turnschuh" zu vermeiden und stattdessen von "Sneaker" und "Sportschuh" zu sprechen ist also im Zuge der fortschreitenden Verwendung von Anglizismen etwa seit der Jahrtausendwende üblich geworden. Diese sprachliche Differenzierung ist allerdings durchaus sinnvoll, da seit dieser Zeit "Sneaker" auch in Deutschland explizit als eben solche produziert und beworben werden und optisch und funktional offensichtlich (auch von Laien) von der Gattung "Sportschuh" unterschieden werden können. Die Kategorie "Sportschuh" umfasst seitdem Schuhe, die für den tatsächlichen Einsatz im Sport entwickelt werden und die neben ihrem modischen Erscheinungsbild diesbezügliche Funktionen übernehmen. Der Begriff "Sneaker" bezeichnet hingegen modische Schuhe zum Tragen im alltäglichen Freizeitbereich (weniger im Berufsleben oder zu offiziellen Anlässen), die in sportschuh-ähnlicher Optik designt und produziert werden, jedoch nicht primär sportliche Funktionen erfüllen. Die Differenz zwischen Sportschuhen und Sneakern wird auch daran ersichtlich, dass in Klubs und Diskotheken der Einlass "mit Sportschuhen" meist verwehrt, das Tragen zeitgemäßer Sneaker hingegen als Dresscode akzeptiert wird. In den englischsprachigen Ländern, allen voran die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich, wird nach dem Verwendungszweck der Schuhe (Alltag oder Sport), innerhalb der „Sneakerszene“ (einer unter den Jugendlichen und jungen Erwachsenen etablierten und weit verbreiteten Sneakerkultur), zwischen Sneakern (Trainers, Joints, Kicks, Grips) und Performance-Sneakern (je nach Einzelfall Hallensportschuhe, Laufschuhe usw.) differenziert. In einigen Fällen verschwimmen diese Grenzen. Das gilt insbesondere bei Sportschuhen für Skater und Basketballer, die sowohl als Sportschuhe wie auch als Sneaker getragen werden.
So genannte Re-issues (dt.: Neuauflagen) sind Sportschuhmodelle (Basketballschuhe, Leichtathletikschuhe, Tennisschuhe, Bowlingschuhe usf.), die früher verbreitet waren und heute erneut produziert werden.
Als Edelsneaker bezeichnet man hochwertig verarbeitete, oft rahmengenähte Sneaker mit Schäften aus gutem Oberleder. Schuhhersteller wie Greve (Niederlande), Ludwig Reiter (Österreich), Santoni (Italien) und Schuh-Bertl (Deutschland) zeigen hier die verschiedenen Möglichkeiten der Interpretation auf. Von den normalen Sneakern unterscheiden sich diese Modelle vor allem durch die höherwertigen Materialien und eine dementsprechende Verarbeitung. Das hat in erster Linie Auswirkungen auf den Tragekomfort (Schuhklima), die Haltbarkeit und den Ladenpreis.
Bei US-amerikanischen Jugendlichen sind derzeit Heelys populär, Alltags-Sportschuhe, die im Fersenbereich eine herausnehmbare Rolle haben, so dass man darauf rollen kann.
Merkmale und Herstellung
Dem Sneaker liegt als Schaftschnitt der sogenannte Oxfordschnitt zugrunde. Als Boden dient heute meist ein Sandwichboden aus verschiedenen einzelnen Kunststoffschichten, der zumeist eine sehr gute Dämpfung bewirkt und einen Langkeilabsatz zeigt. Zum Fuß hin soll eine Einlegesohle für ein besseres Schuhklima (Schweißaufnahme) sorgen, zugleich schont sie die Brandsohle (Innensohle) des Schuhs. Die Laufsohle ist sportschuhtypisch abriebfest, mit gutem Grip und leichtem Profil aus Gummi. Der Schaft besteht überwiegend aus Kunstfasern, zusätzliche Verstärkungen sind oft aus (Rau-)Leder. Auffällig ist der häufig helle (weiße) oder sogar mehrfarbige Schaft, der zusätzlich meist das Emblem des Herstellers zeigt. Sneaker werden, wie andere Sportschuhe auch, fast ausschließlich in angespritzter Machart (Herstellungsverfahren) mit einer gestrobelten Innensohle aus Natur-Kunststofffaser-Gemisch in fernöstlichen Billiglohnländern produziert.
Das höherpreisige Marktsegment wird fast ausschließlich von den drei großen Sportschuhherstellern (Adidas, Nike, Puma) beherrscht. Zahlreiche Premium-Modelabel (Replay, Diesel, Prada, Dolce & Gabbana, Dirk Bikkembergs u. a.) stellen Edel-Sneaker her und auch im Mid- und Low-Cost-Bereich gibt es etliche Schuhhersteller, die gemäß dem Modetrend der letzten Jahre ebenfalls Schuhe im "Sneaker"-Design produzieren.
Zielgruppe und Träger
Die Zielgruppe für Sneaker sind vor allem Jugendliche[1], wobei besonders Musik und Sport liebende jugendliche Großstadtbewohner im Blickpunkt des Marketings stehen.[2] Neben dieser Hauptzielgruppe werden Sneaker auch von Erwachsenen zu bestimmten Freizeitgelegenheiten getragen.[3][4] Zudem werden beispielsweise Edelsneaker aufgrund ihres meist deutlich höheren Ladenpreises vornehmlich von finanziell gut gestellten, modebewussten Erwachsenen in der Altersklasse zwischen 25 und 40 Jahren gekauft.[5]
Sonstiges
Normale Sneaker bieten im Vergleich zu guten Lederhalbschuhen ein wesentlich schlechteres Schuhklima (Schweißfüße). Die daraus folgende Geruchsproblematik wird seitens der Industrie mit Schuhdeos und antibakteriellen Ausrüstungen der Innensohle zu bekämpfen versucht und kann vom Träger durch Waschen im Pflegeleichtprogramm bei 30 °C in der Waschmaschine nach dem Tragen beseitigt werden.
Sneakers in der Werbung
Nike, Adidas und Co beherrschen den Markt auch durch ihre Werbung in diversen Filmen und Stiftungen. Der Michael J. Fox Foundation kommt aktuell der Erlös der Nike MAG 2011 Schuhe zugute, die Nike im Kampf gegen Parkinson der Foundation zur Verfügung stellt.[6]
Siehe auch
Film
- Thibaut de Longeville, Lisa Leone: Sneakers – Der Kult der Turnschuhe. F/USA 2005, 55 Min.
- Robert Garcia a.k.a. Bobbito: It's the Shoes USA 2006, 8x 30 Min.
Literatur
- Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe. Nicolai, Berlin 2006. ISBN 3-89479-252-3 (mit einem Abschnitt über Sportschuhe und deren Geschichte)
- Unorthodox Styles: Sneakers. Das ultimative Handbuch. Prestel, München 2005. ISBN 3-7913-3313-5 (Handbuch für Sneakersammler)
- Karin Glarner: Sneakers. Sulgen, Zürich 2003. ISBN 3-7212-0450-6
- Melissa Cardona 50 Years of Sports Shoe DesignSchiffer Pub. ISBN 978-0764321887
Weblinks
Wiktionary: Sneaker – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenEinzelnachweise
- ↑ Stephen Talty: Leather Uppers. In: Time Out New York. 16.-23. Juli 1998, S. 8f.
- ↑ Colin Mc Dowell: Shoes. Fashion And Fantasy. Thames and Hudson Ltd., London 1989, S. 103f.
- ↑ Interview mit Richard Wharton, in: Valerie Steele: Shoes a Lexicon of Style. Co & Bear Productions (UK) Ltd., London 1998, S. 166.
- ↑ Luella Bartley: Death Of The Trainer. In: Vogue. (brit. Ausgabe) London 8/98.
- ↑ Jennifer Jackson: Sneaker Chic. In: Harper’s Bazaar. London 1998, April, S. 218.
- ↑ MJF’ Foundation
Kategorien:- Schuh
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