- Spinglas
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Ein Spin-Glas ist ein ungeordnetes physikalisches System, das eine ausgeprägte magnetische Frustration aufweist. Der Ursprung dieses Verhaltens kann eine ungeordnete Struktur (wie die eines gewöhnlichen chemischen Glases) oder eine ungeordnete magnetische Dotierung einer ansonsten regelmäßigen Struktur sein. Der Begriff Frustration bezeichnet hier die Unfähigkeit des Systems, einen einfachen Zustand niedrigster Energie zu erreichen (Grundzustand). Spin-Gläser haben viele Grundzustände, die auf experimentell zugänglichen Zeitskalen niemals alle durchlaufen werden können.
Typische Ursache der Frustration ist das gleichzeitige Vorliegen von Wechselwirkungen mit konkurrierendem Vorzeichen und Unordnung.
Inhaltsverzeichnis
Vergleich zu anderen magnetischen Systemen
Bringt man ein Spin-Glas in ein (kleines) äußeres Magnetfeld und zeichnet die Magnetisierung als Funktion der Temperatur auf, so beobachtet man oberhalb der Übergangstemperatur TC ein "typisches" magnetisches Verhalten (wie z.B. Paramagnetismus, aber auch andere Arten von Magnetismus sind möglich). Die Magnetisierung folgt dem Curie-Gesetz, gemäß dem die Magnetisierung umgekehrt proportional zur Temperatur ist. Unterschreitet die Temperatur die kritische Temperatur TC, so erreicht man die Spin-Glas Phase, und die Magnetisierung wird praktisch konstant. Ihr Wert wird als "field cooled" bezeichnet. Wird das äußere Magnetfeld abgeschaltet, fällt die Magnetisierung des Spin-Glases zunächst schnell auf die remanente Magnetisierung ab, und nähert sich dann langsamer der Null (oder einem kleinen Bruchteil der ursprünglichen Magnetisierung, dies ist noch nicht bekannt). Diese Abnahme ist nicht exponentiell und zeichnet Spin-Gläser aus. Experimentelle Messungen haben in der Größenordnung von Tagen kontinuierliche Veränderungen der Magnetisierung oberhalb der Rauschgrenze der Messgeräte gezeigt.
Im Gegensatz zum Spin-Glas fällt bei einem Ferromagneten die Magnetisierung nach Abschalten des äußeren Feldes auf einen bestimmten Wert ab (remanente Magnetisierung), der im weiteren Zeitverlauf konstant bleibt. Bei einem Paramagneten fällt die Magnetisierung bei Abschalten des äußeren Feldes schnell auf Null ab. In beiden Fällen erfolgt der Abfall exponentiell mit einer sehr kleinen Zeitkonstante.
Kühlt man ein Spin-Glas ohne äußeres Feld unter die Übergangstemperatur ab, und bringt es danach in ein Magnetfeld, so steigt die Magnetisierung schnell auf die sogenannte "Nullfeld-gekühlte Magnetisierung" an, die niedriger als die oben angegebene "Feldgekühlte Magnetisierung" ist, und nähert sich danach langsamer dem "field cooled"-Wert an.
Bedeutung der Theorie der Spin-Gläser
Spin-Gläser werden nicht nur experimentell, sondern auch ausgiebig theoretisch und computergestützt mit numerischen Simulationen untersucht. Ein großer Teil der frühen theoretischen Arbeiten über Spin-Gläser benutzt eine Form der mean-field-Theorie basierend auf einem Satz von Replikas der Zustandsfunktion des Systems. Ein wichtiges, exakt lösbares Modell eines Spin-Glases wurde von D. Sherrington und S. Kirkpatrick eingeführt, und führte zu beträchtlichen Erweiterungen der mean-field-Theorie zur Beschreibung der langsamen Dynamik der Magnetisierung, und des komplexen nicht-ergodischen Gleichgewichtszustands.
Literatur
- K.H. Fischer and J.A. Hertz, Spin Glasses, Cambridge University Press (1991)
- M. Mezard, G. Parisi and M. Virasoro, Spin Glass Theory and Beyond, World Scientific (1987). ISBN 9-971-50115-5
- J. A. Mydosh, Spin Glasses, Taylor & Francis (1995)
- K.Binder and A.P. Young, Spin-Glasses - Experimental Facts, Theoretical Concepts, and Open Questions, Reviews of Modern Physics, 58, 801-976 (1986)
Siehe auch
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