- Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel
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Der Sri-Kamadchi-Ampal-Tempel in der nordrhein-westfälischen Stadt Hamm ist seit Fertigstellung und Einweihung am 7. Juli 2002 der größte Dravida-Tempel Europas und nach dem im nordindischen Nagara-Stil errichteten Neasden-Tempel in London der zweitgrößte hinduistische Tempel in Europa überhaupt.
Das jährliche, 14 Tage andauernde Tempelfest, bei dem im Rahmen einer Prozession die Statue der Göttin Kamadchi den Tempel umrundet und zugleich die Stadt und die in ihr lebenden Menschen segnet, besuchen über 15.000 Gläubige und Besucher. Zur NRW-Hindu-Gemeinde zählen über 3000 Menschen, etwa 45.000 tamilische Hindus leben insgesamt in Deutschland. In der Bundesrepublik sollen rund 50 hinduistische Tempel existieren, ein großer Teil davon im Ruhrgebiet.[1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
1989 begann die Geschichte des Tempels im Westen von Hamm im Keller der Mietwohnung des tamilischen Priesters Siva Sri Paskarakurukkal. Dieser war vier Jahre zuvor – wie zahlreiche andere Tamilen – als Bürgerkriegs-Flüchtling aus Sri Lanka nach Deutschland gekommen und im nahegelegenen Flüchtlingslager in Unna-Massen untergebracht worden. Anschließend blieb er im westfälischen Unna.
Bereits 1992 mussten die Räumlichkeiten vergrößert werden, die Gemeinde zog in die nahen Räume einer alten Heißmangel-Wäscherei um. Das jährliche Tempelfest mit der öffentlichen Ausfahrt der Göttin fand mit steigenden Teilnehmerzahlen jährlich unter Auflagen seitens der Stadt bis 1996 statt. Danach gab es mehrere Beschwerden von Anwohnern und eine streitvolle Bürgerversammlung Anfang 1997. Der Rat der Stadt Hamm erklärte daraufhin, dass „der Tempel Bedeutung für das kulturelle Leben der Stadt erlangt“ habe, und dass die Unterstützung des Vorhabens „Ausdruck für die Offenheit und die Kraft, fremde Sitten und Gebräuche zu integrieren“ sei (Stadt Hamm, 21. Februar 1997).
Sodann stand ein Umzug des Tempels an. Ab März 1997 wurde im Stadtbezirk Uentrop in einem Gewerbegebiet, ca. 300 m entfernt vom Datteln-Hamm-Kanal, der für die rituelle Waschzeremonie wichtig ist, ein kleiner Behelfstempel errichtet. Schließlich entstand ab 2000 auf einem gegenüberliegenden Grundstück, ebenfalls im Gewerbegebiet, der Neubau des heutigen großen Hallentempels.
Prof. Martin Baumann, damals Religionswissenschaftler an der Universität Hannover (seit 2001: Universität Luzern, Schweiz), beschäftigte sich in den Jahren 2000 bis 2003 im Rahmen eines DFG-Forschungsprojektes „Rekonstituierung von Sinn mittels Religion in fremdkultureller Umwelt“ intensiv mit der Integration von tamilischen Hindus in Deutschland und begleitete die Tempelerrichtung wissenschaftlich.
Im Juli 2002 feierten rund 3000 Hindus die Einweihung des Sri-Kamadchi-Ampal-Tempels mit einem 13-stündigen Fest. Seitdem ist der Tempel durch zahlreiche Medienberichte europaweit bekannt.
Architektur
Der etwa 1,5 bis 1,7 Millionen Euro teure und allein aus Spenden und Darlehen finanzierte Tempelbau wurde vom Hammer Architekten Heinz-Rainer Eichhorst konzipiert, der sich streng nach der Vorlage und dem Stil des Kamakshi-Tempels im südindischen Kanchipuram richtete.
Grundsteinlegung des Bauwerks mit einer Grundfläche von 27 x 27 m (729 m²) fand im März 2000 statt. Für den Bau, insbesondere für die vielen Skulpturen und Verzierungen, wurden mehrere Tempelbauer aus Indien beschäftigt. Von außen prägen das Gebäude rot-weiße Längsstreifen, das eindrucksvolle Portal des Gopuram (Tempelturm) ist 17 m hoch.
Der Tempel ist der Göttin Kamadchi („Sri Kamadchi Ampal“: Sanskrit: kama-akshi; Sri = respektvolle Anrede, Ampal = Göttin, Kamadchi = Ableitung aus dem Sanskritnamen कामाक्षी, Kāmākṣī, Kamakshi), die „die Wünsche von den Augen abliest“ oder die „mit den Augen der Liebe“, gewidmet. Insgesamt schmücken den Bau nicht nur die große Granitstatue der namensgebenden Göttin, sondern auch über 200 weitere Figuren von Gottheiten. Eigene Altäre gibt es unter anderem für Ganesha und Subrahmanya (Kartikeya), den Sohn Shivas.
Tourismus
Das Tempelfest zieht seit der Einweihung 2002 jedes Jahr mehr Touristen an. 2006 wurden etwa 20.000 Besucher erwartet, darunter etwa ein Viertel Schaulustige. Im Jahr 2007 zog das Tempelfest ca. 30.000 Gläubige und Besucher an.
Literatur
- Martin Baumann: Der Sri Kamadchi Ampal Tempel in Hamm. Forschungen zum Hinduismus in Deutschland. Manuskript, 2002.
- Martin Baumann, Brigitte Luchesi, Annette Wilke (Hrsg.): Tempel und Tamilen in zweiter Heimat. Hindus aus Sri Lanka im deutschsprachigen und skandinavischen Raum. Religion in der Gesellschaft, Bd. 15. Ergon, Würzburg 2003. ISBN 3-89913-300-5
- Martin Baumann: Migration - Religion - Integration: Buddhistische Vietnamesen und hinduistische Tamilen in Deutschland. Diagonal-Verlag, Rink Steffen & Thomas Schweer, 2000. ISBN 3-927165-67-0
- Martin Baumann: Vows in Diasporic Contexts: Hindu Tamils in Germany. Panel on "Sacred Promises: Dynamics of Lay Religious Vows". 18th Congress of the International Association for the History of Religions. Durban, South Africa. 6.-11. August 2000. in: Dealing with Deities - The Vow in South Asian Religions. William Harman & Selva Raj (Hrsg.), Oxford, Oxford University Press, 2001.
- Brigitte Luchesi: Das hinduistische Tempelfest in Hamm-Uentrop/Westfalen. in Manfred Hutter (Hg.): Buddhisten und Hinduisten im deutschsprachigen Raum. Peter Lang, Frankfurt a.M., 2001
Weblinks
Commons: Hindu temple in Germany – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- http://www.kamadchi-ampal.de/
- http://www.hamm.de/fileadmin/user_upload/Medienarchiv/Touristik/Dokumente/Tempel_Flyer.pdf
- http://www.baumann-martin.de/Kamad-Tem.html
- * http://www.suedasien.info/analysen/294
- http://www.dw-world.de/dw/article/0,1564,587631,00.html
- Beitrag über den Tempel im Westfalenspiegel (PDF-Datei; 260 kB)
51.6871757.9508138888889Koordinaten: 51° 41′ 14″ N, 7° 57′ 3″ OEinzelnachweise
- ↑ shaivam.org Liste der Hindutempel in Deutschland (englisch, abgerufen 17. September 2011
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