St.-Johannes-Kirche (Seester)

St.-Johannes-Kirche (Seester)
Grabstele
aus dem 19. Jahrhundert
St.-Johannes-Kirche in Seester

Die St.-Johannes-Kirche im schleswig-holsteinischen Seester liegt auf einer Warft, die von hohen Linden gesäumt ist. Auf dem alten Kirchhof rund um das Kirchengebäude findet man viele Grabstelen, die aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammen. Der neue Friedhof schließt sich nord-westlich an die Warft an. Die Kirche ist Mittelpunkt eines historischen Gebäudeensembles im Dorfkern der Gemeinde Seester, bestehend aus dem Pastorat, einer ehemaligen Gastwirtschaft, welche heute das Kirchenbüro und den kirchlichen Kindergarten beherbergt, einem Saalgebäude, einem Einfamilienhaus, welches früher die Küster der Kirche bewohnten, sowie der Kirche. Die Gebäudegruppe steht als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung unter Ensembleschutz. Eigentümer der St.-Johannes-Kirche, sowie des Pastorats, der ehemaligen Gaststätte und des Saalgebäudes ist die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Seester.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Das Kirchengebäude ist ein spätgotischer Saalbau aus Backstein, dessen Ursprünge auf das 15. Jahrhundert zurückgehen. Bereits 1428 wurde erwähnt, dass in Seester eine Kapelle eingeweiht wurde. Der erste Kirchenbau hatte vermutlich nur etwa die hälfte der heutigen Grundfläche und wurde erweitert, nachdem die in der Nachbargemeinde Seestermühe im Spätmittelalter durch eine Sturmflut zerstörte Kirche nicht wieder aufgebaut und das Gebiet dem Kirchspiel Seester zugeteilt wurde. Der Ostschluss ist fünfseitig.

1716 hat man an der Nordseite einen Gruftanbau angefügt. 1889 wurde das Gebäude im neugotischen Stil ummantelt. In dieser Zeit erhielt es auch den Dachreiter. Der Zahlenanker am Westgiebel trägt daher die Jahreszahl 1889.

Der Dachreiter, welcher eine kleine Glocke zur Ankündigung der Uhrzeit beinhaltet, verfügt auf seinen vier Seiten ungewöhnlicherweise nur über drei Uhren. Einer alten Legende nach wollten Einwohner des nord-westlich der Kirche gelegenen Ortsteils Seesteraudeich für den Bau des Dachreiters und der Kirchenuhr im Jahre 1889 kein Geld spenden, woraufhin auf das Anbringen einer Uhr in eben diese Himmelsrichtung verzichtet wurde.

Glockenstuhl und Glocken

Glockenstuhl von 1819

Im Westen vor der Kirche steht der Glockenstuhl, der 1819 von J. Bahlmann gebaut wurde. Die Balkenschwellen ruhen auf Fundamenten aus Backstein. Querverstrebung erfolgte durch Andreaskreuze. Die Überdachung besteht aus einem schiefergedeckten, flachen Zeltdach. Der obere Querbalken trägt folgende Inschrift:

Jacob Bahlmann zimmerte
diesen Glockenstuhl im juny ANNO 1819. H. Johann Hinrich Schultze Pastor
Johann Stähl Peter Krüver
Daniel Wohlenberg Harm Seeman Kirchengeschworene.

Im Glockenstuhl sind zwei Glocken vorhanden. Die größere der beiden Glocken mit einem Durchmesser von 113 cm stammt aus dem Jahre 1668 und wurde von Hermann Benningk in Hamburg gegossen. Die kleinere, aus Bronze gegossene Glocke wurde 1957 von der Firma Gebr. Brachert aus Kochendorf hergestellt. Sie ersetzte eine am 8. April 1942 zum Einschmelzen für Kriegszwecke abgelieferte Glocke, welche wiederum 1933 als Ersatz für eine am 4. Juli 1917 zum Einschmelzen an die Heeresverwaltung abgegebene Glocke von 1771 angeschafft wurde. Diese war zuvor ein Umguss einer im selben Jahr geborstenen, noch wesentlich älteren Glocke.

Gruftanbau

Wappenschild Ahlefeld am Gruftanbau

Im Gruftanbau von 1719 auf der Südseite wurde Hans Heinrich von Ahlefeldt beigesetzt. Er starb 1720. Hier findet sich eine Wappentafel aus Sandstein. Links zeigt sie das Wappen der Ahlefelds, rechts einen Bären mit erhobenen Tatzen. Darunter steht folgende Inschrift:

C V A (= Cay von Ahlefeldt) S E V A (= Selig Eva von Ahlefeldt)
Hans Hinricus ab Alefeldt
Monumentum hoc
extruxit
Ao 1716
Christianus Filius suus
sibi consiliavit probrietatem

Heute wird die Gruft als Lager und Leichenhalle verwendet. Die verstorbenen Mitglieder der Familie von Kielmannseg, welche das Gut Seestermühe im Jahre 1752 der verschuldeten Familie von Ahlefeld erwarb, werden in einer neuen Familiengruft in unmittelbarer Nähe zum Gutshof beigesetzt.

Innenraum und Kunstschätze

Das Innere der Kirche wird von einer Holzbalkendecke überdeckt. Der Kirchenraum verfügt über eine Ost- und eine Westempore. Der Innenraum der Kirche wurde im Dreißigjährigen Krieg durch die Schweden vollständig verwüstet. Folgende Kunstschätze sind heute vorhanden:

  • Eine Besonderheit stellt der Opferstock dar. Er wird getragen von einer gebückten Lazarusfigur, die aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammt.
  • Der Altar ist der älteste erhaltene Barockaltar im Kreis Pinneberg und stammt aus dem Jahre 1631. Nach der Verwüstung der Kirche durch die Schweden stifteten Bauern aus der Gemeinde das Geld für den neuen Altar, welcher in Hamburg geschnitzt wurde. Entgegen den meisten anderen Altaren dieser Zeit ist die einteilige Ädikula offensichtlich immer schon flügellos gewesen.
  • Die Holztaufe stammt aus dem Jahre 1843/1845 und wurde als Ersatz für eine 1844 abgebrochene steinerne Taufe angeschafft.
  • Die Kanzel an der Nordwand stammt aus dem Jahre 1631 und ist damit die älteste erhaltene Kanzel im Kreis Pinneberg. Mit den geschnitzten Darstellungen der vier Evangelisten ist sie eine Mischung aus Frühbarock und Renaissance.
  • Die Orgel auf der Ostempore vom Orgelbauer Wollin aus Altona stammt aus dem Jahre 1845. Nach irreparablen Mängeln erhielt die Firma Marcussen & Son in Aabenraa 1962 den Auftrag zum Bau einer neuen Orgel, welche nach sechsjähriger Bauzeit am Ostermontag 1968 auf der Westempore eingeweiht wurde. Die alte Orgel auf der Ostempore besteht noch heute, kann aber nicht mehr genutzt werden. Ebenso ist der Blasebalk der alten Orgel auf dem Dachboden des Kirchengebäudes erhalten. Dieser wurde früher von Konfirmanden bedient, welche in dieser Zeit die Lehm- und Reetverkleidungen und die Holztür des Blasebalks mit zahlreichen Schnitzereien und Beschriftungen versehen haben.
  • Über dem südlichen Hauptportal befindet sich ein Pastorenbild von 1691. Das Ölgemälde zeigt Pastor Johannes Michaelis (1642-1692) in schwarzer Amtstracht mit weißem Mühlensteinkragen und brauner Lockenperrücke. Pastor Michaelis amtierte in Seester von 1671 bis 1692.
  • Das Epitaph in der St. Johannes-Kirche zu Seester aus dem Jahre 1655 hängt über dem Nordportal und erinnert an die jung verstorbene Frau von Jacob Meines.
  • Die Grafenloge wurde im 17. Jahrhundert auf der Südseite im Anschluss an die Ostempore errichtet, weil die Grafen von Ahlefeldt nicht zwischen Bauern und Handwerkern, sondern erhoben sitzen wollten. Diese war zunächst nur über die Ostempore zu erreichen. Im 19. Jahrhundert wurde die Grafenloge räumlich von der Ostempore getrennt und ein separater Eingang mit eigener, direkt ins Freie führender Treppe erbaut.

Quellen

  • Kunst-Topographie Schleswig-Holstein ISBN 3-529-02627-1
  • Peter Danker-Carstensen, Gemeinde Seester (Hrsg.): Seester - Geschichte eines Dorfes in der Elbmarsch, zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Kirchspiels Seester, Elmshorn 1994
  • "Eine Zeitreise durch die Kirche zu Seester", Reportage von Meike Kamin, erschienen in den Elmshorner Nachrichten am 1. August 2009

Weblinks

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