- Stadtfriesisch
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Als Stadtfriesisch wird eine Gruppe von holländisch-friesischen Mischdialekten in verschiedenen Städten der niederländischen Provinz Friesland bezeichnet. Die Dialekte werden meist als niederländische bzw. holländische Dialekte eingeordnet. Ihr Entstehen wird meist mit den politischen Umbrüchen im Jahr 1515 in Verbindung gebracht, einige Sprachwissenschaftler setzen die Anfänge der Entwicklung aber auch deutlich früher an. Die Dialekte haben größtenteils einen niederländischen Wortschatz und eine friesische Grammatik.
Die Bezeichnung Stadtfriesisch ist insofern irreführend, als sie eine Zugehörigkeit zur friesischen Sprache der Provinz Friesland andeutet, die nicht gegeben ist. Dennoch hat sich die Bezeichnung Stadtfries im niederländischen Sprachgebrauch eingebürgert. Auf Stadtfriesisch spricht man von Stadsfrys, Stads oder verwendet die jeweilige Bezeichnung des Ortsdialekts. Nur auf Friesisch hat sich mit Stedsk („Städtisch“) eine Bezeichnung etabliert, die keine Verbindung zur friesischen Sprachen einschließt. Zur Unterscheidung des "echten" Friesischen der bäuerlichen Landbevölkerung von der Sprache der Stadtbevölkerung wurde auch die Bezeichnung Boerenfries („Bauernfriesisch“) dem Stadtfries gegenüber gestellt.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Die folgende Beschreibung bezieht sich auf den Dialekt der friesischen Hauptstadt Leeuwarden.
Wortschatz
Obwohl dieser Dialekt vor allem einen holländischen Charakter hat, bricht oft die friesische Natur des Sprechens durch. So ist es auf Stadtfriesisch, wie auf Friesisch, unmöglich, ein Wort mit v oder z (beide Buchstaben sind in der niederländischen Rechtschreibung stimmhafte Frikative) anfangen zu lassen: ein f oder s wird benötigt. Weiterhin gibt es noch zahllose Wörter, die sowohl im Friesischen als auch im Niederländischen vorkommen, die im Stadfriesischen eine richtige Mischform bekommen haben.
Vergleiche ndl. hebben, fr. hawwe, stfr. hewwe. Rein friesische Wörter gibt es auch, besonders im Bereich des Bauernwesens (die Bauern hatten ja das Friesische behalten) und für Dinge, die sich auf das Alltagsleben beziehen. Vergleiche ndl. gier fr, jarre, stfr. jarre „Jauche“, und ndl. vader, fr. heit, stfr. heit „Vater“. Die Erklärung hierfür ist einfach: das Niederländische war in der Zeit, in der es das Friesische ersetzte, vor allem eine Kontaktsprache mit Kaufleuten und die Sprache der Reichen und Edelleute. In informellen Bereichen drang es also nicht durch.
Übrigens kommen viele Wörter weder mit dem Niederländischen, noch mit dem Friesischen überein: hier handelt es sich um (alte) holländische Dialektwörter.
Grammatik
Diese ist bis auf einige Stellen ganz friesisch. Das Personalpronomen du kommt hierin als dou vor, während es im Holländischen längst verschwunden ist. Auch wird das Partizip Perfekt nicht, wie auf Niederländisch und Deutsch, mit ge- gebildet: make-maakte-maakt („machen-machte-gemacht“), und es bestehen zwei Infinitive, auf -e und auf -en, neben einander. Die Syntax ist ebenfalls mehr Friesisch als Niederländisch, obwohl sich dieses unter zunehmendem Druck des Niederländischen allmählich ändert.
Das Stadtfriesische hat aber die zwei Klassen schwacher Verben, die so typisch für das Friesische sind, nicht erhalten.
Dialekte
Das Stadtfriesische besteht aus verschiedenen, untereinander nicht verbundenen Dialekten. Diese Dialekte werden in Leeuwarden, Sneek, Harlingen, Stavoren, Dokkum, Bolsward, Franeker und seit jüngerer Zeit auch in Heerenveen und Kollum gebraucht. Verwandte Dialekte werden im Terschellinger Dorf Midsland, auf der ganzen Insel Ameland und in Het Bildt (Bildts) gesprochen, die jedoch nicht als Stadtfriesisch bezeichnet werden.
Am meisten weichen der Dialekt von Stavoren, der durch seine Position als Zuiderseehafen insbesondere mehr holländische Merkmale hat, und die Midslander und Amelander Dialekte voneinander ab. Jedoch sind sie alle untereinander zu verstehen.
Die meisten der Dialekte sind im 20. Jahrhundert in den Bereich der „einfachen Leute“ zurückgefallen und haben schwere Imageprobleme. Besonders in Leeuwarden hat dies dazu geführt, dass nur wenige Leute die Dialekte noch benutzen: hier sprechen nur noch etwa 20 Prozent der Bevölkerung noch häufig Stadtfriesisch. Manchmal werden Kinder von zwei stadtfriesischsprachigen Eltern einfach auf Niederländisch aufgezogen. In anderen Orten und Bezirken ist die Situation besser. Auf Ameland soll sogar noch 85% der Jugendlichen den Dialekt noch sprechen.
Literatur
- Cor van Bree: "Stadtfriesisch" und andere nichtfriesische Dialekte der Provinz Fryslân. In: Horst H. Munske (Hrsg.): Handbuch des Friesischen. Tübingen: Niemeyer 2001.
Kategorien:- Niederfränkischer Dialekt
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