Steintransport

Steintransport
Obeliskaufstellung auf dem Petersplatz 1586 mit 48 Seilwinden, 900 Arbeitern und 75 Pferden
200-Tonnenbock aus Carrara Marmor für eine Skulptur
Marmorbahn in Laas vor Schrägaufzug

Der Steintransport hat eine lange Tradition und ist auch heute noch eine gefährliche und schwere Arbeit. Mit der Entwicklung der Maschinen wurde die Transportaufgaben erheblich erleichtert. Die Entwicklung der Transportmittel und -methoden von Naturstein war und ist von den Bauaufgaben und von der Entwicklung der Produktionsmittel abhängig.

Inhaltsverzeichnis

Mensch und Maschine

Zunächst wurden unbehauene und von Menschen transportierbare Steine händisch oder mit Walzen aus Holz und nach der Erfindung des Rades mit hölzernen Schubkarren transportiert. Eine besondere Form des Steintransports war die in Italien praktizierte sogenannte Lizzatura, bei der die Rohblöcke über eine schiefe Ebene an einem Seil befestigt zu Tale befördert wurden. Diese Methode soll im Antiken Griechenland und Italien schon angewendet worden sein. Anschließend wurden die Blöcke auf Ochsenkarren verladen und weiter transportiert. Vor der Erfindung von Maschinen, die mit Wasserdampf, Benzin oder elektrischen Strom angetrieben wurden, war das Bewegen von Naturstein ein menschlicher Kraftakt, häufig unter Zuhilfenahme von Seilwinden. Der Obelisk aus Neros Zirkus wurde 1585 im Auftrag von Papst Sixtus V. von 900 Arbeitern, 90 Pferden und unter Zuhilfenahme von 48 Seilwinden aufgestellt.
Mit der Erfindung der Maschinen gab es in Carrara Ende des 19. Jahrhunderts neben der Marmor-Eisenbahn auch Seilbahnen zum Transport des Carrara-Marmors aus den Bergen. Die Strecke der Marmorbahn, insbesondere die Brückenbauwerke, ist bis zum heutigen Tage erhalten, die Seilbahn nicht.
In Laas gibt es heute (2008) neben der sogenannten Laaser Marmorbahn im Anschluss an den Berg eine Seilwinde, mit der über einen Schrägaufzug Rohblöcke aus Laaser Marmor talwärts befördert.
Heute bereitet es keine allzu großen technischen Probleme bis zu 200 bis 300 Tonnen schwere Rohblöcke zu transportieren.

Heutiger Steintransport

Beim heutigen Steintransport wird hinsichtlich der Befestigung der Rohblöcke in Anschlagmittel und Lastaufnahmemittel im technischen Sinne unterschieden.

Block-, Tranchen- und Plattentransport

Blöcke sind in aller Regel bis zu 3,60 Metern lang, bis zu 1,60 Meter tief und selten bis zu 2,00 Metern hoch. Die Größe der Rohblöcke hängt vom Gesteinsvorkommen, von der Mächtigkeit der Schicht oder Bank wie die Geologen sagen, selbst ab und von der späteren Verwendung bzw. von der Schnitttiefe und -länge der Steinsägen. Als Tranchen bezeichnen Steinmetzen Platten, die stärker als 80 Millimeter sind. Unter dieser Steinstärke wird von Unmaßplatten, die raue ungesägte Kanten haben, gesprochen. Natursteine werden heutzutage global gehandelt. Nachdem die Rohblöcke im jeweiligen Steinbruch gewonnen wurden, können sie mit modernen Transportgerätschaften verladen bzw. verschifft werden. In den nationalen Häfen werden die Rohblöcke mit den vorhandenen Krananlagen im Hafen entladen und mit Lastkraftwagen in die Verarbeitungsbetriebe transportiert.

Sind die Steinblöcke in den Verarbeitungsfirmen angelangt, so werden diese entweder mit Gabelstaplern oder mit Bockkranen abgeladen. In den meisten Fällen werden in den Steinindustriebetrieben Bockkrane eingesetzt, weil diese den geringsten Raumbedarf haben. Die Blöcke aus Naturstein werden in Stahlseile eingehängt und gestapelt. Vor ihrer weiteren Verarbeitung werden die Rohblöcke, falls erforderlich ist, in sogenannte Blockwender eingelegt. Dies wird erforderlich, weil Natursteine eine Lagerung aufweisen, die je nach Schnittrichtung unterschiedliche Texturen (Anordnungen) der Minerale zeigt. Ferner werden Natursteine, die im Freien eingebaut werden, aus Haltbarkeits- und technischen Gründen mit dem natürlichen Lager, wie die Blöcke in ihrer Gesteinsschicht eingelagert sind, aufgesägt.

Steinscheren

Abbildung einer moderner Steinschere

Steinscheren werden beim Steintransport vor allem für die sogenannten Unmaßplatten mit Kranen oder Gabelstaplern eingesetzt. Unmaßplatten sind unformatierte, auf einer Seite polierte Platten mit mehr als 3,00 Metern Länge, mehr als 1,50 Metern Höhe und eine Dicke jenachdem von 2 bis 8 Zentimetern. Damit die polierten Platten nicht von den Scheren zerkratzt werden und eine sichere Haftung in den Scheren haben, sind ihre Auflageflächen gummiert.

Vakuumheber

Vakuumheber finden in vielen Steinmetzbetrieben Verwendung, weil sich damit sowohl glatte als auch raue Steinoberflächen mit speziell für die Steinbranche angefertigten Sauglippen anheben lassen, ohne dass Abplatzungen entstehen können. Der Saughebers erzeugt einen Unterdruck zwischen Saugheber und der Fläche des zu transportierenden Natursteins. Neben diesen einzelnen mobilen Saughebern gibt es besonders angefertigte Saughebergerätschaften, die an Gabelstaplern angebaut werden können, um Unmaßplatten, die flach transportiert bruchgefährdet sind, zu transportieren. Des Weiteren dienen stationäre Saugheber am Ende von Schleifstraßen einem automatisierten Abnahme der Steinplatten aus der Fertigungslinie.

Arbeitssicherheit

Hinsichtlich der Arbeitssicherheit beim Steintransport sind die berufsgenossenschaftlichen Regeln zu beachten. Dazu zählen vor allem der Schutz und Lagerung der Transportmittel, Beachtung der Tragkraft und des zu transportierenden Gewichts sowie beim Einsatz von Saughebern die laufende Überprüfung der Dichtigkeit. Ferner sind die Transportmittel, Hebezeuge (Kran, Gabelstapler) und die Tragmittel (Transporthaken in C-Form und Sicherungsverschluss, Gabelstaplergabel usw.) entsprechend den geltenden Regeln in bestimmten Zeiträumen zu überprüfen.

Historischer Steintransport

Ochsenkarren aus dem Jahre 1938 aus Carrara
Der vorbereitete Lizza (Schlitten) zum Transport

Ochsenkarren

Zumeist wurde der Steintransport mit sogenannten Ochsenkarren bewerkstellt. Es handelte sich um stabile hölzerne Fuhrwerke, die von Ochsengespannen gezogen wurden. Beim größten Steintransport von Menschenhand, einem 300 Tonnen schweren Carrara-Marmorblock, zogen nach dem Transport aus dem Steinbruch mit der so genannten Lizzatura 32 Ochsengespanne auf der Ebene diesen Steinblock zum Hafen in Massa Carrara, um diesen Block nach Rom zu verschiffen. Dort wurde er als Monolith auf dem Forum Italica aufgestellt.

Lizzatura

Die Lizza (it. Schlitten) ist eine antike Methode des Rohblöcketransports aus den Steinbrüchen talwärts. Diese Transportmethode wurde angeblich bereits im Antiken Griechenland und von den Römern der Antike in Carrara zum Transport von Rohblöcken angewendet.
Der Schlitten in Carrara bestand aus drei etwa fünf Metern langen Buchenstämmen auf denen die Ladung (Carica) befestigt wurde. Auf der Lizza ließen sich einzelne Rohblöcke aus Carrara-Marmor bis zu einem Gewicht von 25 Tonnen aufladen. Die Ladung wurde früher mit Hanfseilen auf dem Lizza befestigt und ab 1920 in Carrara mit Stahlseilen. Das Transportseil wurde um einen in Stein eingelassenen Holzpfosten, der in Italien Pin genannt wurde, gewickelt und durch Nachlassen des Seils bewegte sich der Schlitten langsam zu Tal. Der Schlitten glitt auf kleineren eingeseiften Holzstämmen, die Parati genannt wurden. Ein Vorarbeiter, der sich vor der Lizza befand, legte die Parati aus und dirigierte die Arbeitergruppe. Er hatte den gefährlichsten Arbeitsplatz. Zum Transport waren vierzehn Arbeiter, die Lizzatori, erforderlich. In Carrara wurde die Lizza professionell letztmalig in den 1960er Jahren durchgeführt; einmal je Jahr führen Lizzatori in Carrara noch eine Lizza zur Traditionspflege durch.

Seile und Ketten

Seile und Nut
Seile und Bosse

Seile und Ketten zählen zu den Anschlagmitteln. Seile wurden früher aus Hanf gefertigt. Heute bestehen sie aus Kunststoff. Bei den Seilen gibt es sogenannte Endlos-Seile, die in der Praxis als Gurte bezeichnet werden. Da die durch Steinsägen hergestellte Platten teilweise messerscharfe Kanten besitzen, werden auf die Kunststoffseile sogenannten Kantenschützer aufgezogen, die ein Durchschleifen bzw. Durchschneiden verhindern.
Die Ketten haben Kettenglieder aus Eisenmetallen.

Seile und Nut

Natursteine, die behauen waren, konnten bei einem Transport beim Verbau über Kopfhöhe an Seilen befestigt werden. Hierbei mussten U-förmige Nuten an beiden Stirnseiten des Werksteins eingeschlagen werden, die tief und breit genug waren, um Seile aufzunehmen. Die Seile oder ein Endlosseil konnte mit einem Haken gefangen und so transportiert werden. Diese Transportform wurde schon in der Griechischen und Römischen Antike mit Erfolg eingesetzt. Sie werden heute nicht mehr eingesetzt.

Seile und Bosse

Eine andere Transportmoglichkeit erfolgt mittels Befestigungen an drei Punkten (siehe Abbildung). Auf einer Seite wurde eine Vertiefung in den Werkstein eingearbeitet und auf zwei anderen Seite verblieb eine Bosse. Die Bosse verhinderte, dass der zu transportierende Stein unerwünschte Seitenbewegung ausführen konnte. Die Bosse wurde nach dem Versetzen abgeschlagen, damit beim Versetzen weitere Steine dicht anschließen konnten.

Ketten

Beim Transport bei rauen Steinen werden eiserne Ketten zum Transport verwendet, da Seile an den rauen Kanten durchgescheuert werden können.

Steinschere

Skizze einer antiken Steinschere
Steinschere aus dem 19. Jahrhundert

Die Steinscheren zählen zu den Lastaufnahmemitteln.

Historische Steinscheren

Eine Steinschere, wird auch Steinzange, Teufelskralle genannt, diente im Mittelalter zum Steintransport mit Seilen an Kranen. Das Funktionsprinzip der historischen Steinschere aus der Skizze erkennbar. Die Schere greift in zwei vor dem Transport geschlagenen Löcher und beim Anheben der Werksteine wurde die Steinschere kraftschlüssig.
An vielen historischen Bauten sind heute die Transportlöcher an den Außenseiten der Mauern erkennbar. Da viele der heute steinsichtigen historischen Bauten ursprünglich verputzt waren, bildeten die Transportlöcher zur Zeit der Errichtung kein optisches Problem. Heute (2008) sind viele historische Steinbauten steinsichtig geworden und die Transportlöcher sichtbar.

Steinscheren im 19. Jahrhundert

Eine modernere Form der Steinschere befindet sich in der nebenstehenden Zeichnung. Sie fand etwa ab dem 19. Jahrhundert Verwendung. Hierfür wurden schwalbenschwanzförmige Löcher in den Naturstein geschlagen, anschließend wurde die Schere eingelegt und mit einem Stift (C) arretiert. Die Transportlöcher wurden in die Lagerfuge eingeschlagen und waren an den Außenseiten nicht sichtbar.

Wolf

Skizze des großen Wolfs

Ein Lastaufnahmemittel für Werksteine, das seit Jahrhunderten im Einsatz ist, ist der sogenannte Wolf. In den zu transportierenden Stein wurde ein zweiseitig schwalbenschwanzförmiges Loch geschlagen, anschließend Beilagsplatten, genannt Passstücke, und die Metallplatte, der sogenannte Kloben mit Transportring, eingelegt. Das Wolfsloch musste exakt geschlagen werden und nach dem Einlegen des Wolfs mussten verbleibende Hohlräume mit feingesiebtem Sand verschlossen werden. Beim Anheben des Steins verspreizte sich der Wolf in den Stein. Unterschieden wird zwischen dem großen und dem kleinen Wolf und es war mit diesen Gerätschaften möglich Lasten bis zu 2 Tonnen anzuheben.

Den kleinen Wolf gab es mit zwei Passtücken oder mit nur mit einem. Nur durch den schwalbenschwanzförmigen Kolben (der große Wolf hatte einen geraden Kolben) führte der Ring zum Transport. Kolben und Passtücke waren durch eine Verschlussspange unterhalb des Transportrings umschlossen. Die Tiefe des Wolfslochs lag bei etwa 7 cm.

Der große Wolf hat, wie hier abgebildet, zwei asymmetrisch ausgebildete Beilagsplatten und wird nach dem Einsatz mit dem Bolzen und Bügel fixiert. Die Tiefe des Wolfslochs beim Einsatz des großen Wolfs betrug etwa 12 bis 15 cm.

Heutzutage (2008) wird der Wolf nur noch selten verwendet, da ihn Schwerlastdübel verdrängt haben. Bei der Verwendung von Schwerlastdübeln können Schlagbohrmaschinen eingesetzt werden, die den Zeitaufwand minimieren. Die Ausbruchslast des Dübels im Naturstein beim Transport ist sowohl beim Einsatz von Wolf oder Dübel zu ermitteln.

Siehe auch

Literatur

  • G. U. Breymann: Allgemeine Baukonstruktionslehre mit besonderer Beziehung auf das Hochbauwesen. Ein Handbuch zu Vorlesungen und zum Selbststudium, hrsg. von Otto Warth, Die Konstruktionen in Stein, Gebhardt, Leipzig 7. verb. und erw. Auflage 1903.
  • Luciana und Tiziano Mannoni: Marmor, Material und Kultur, Callwey, München 1980, ISBN 3-766-70505-9.
  • Arbeitssicherheitsregeln. (PDF-Datei; 236 kB)

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