- Stick-Slip-Effekt
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Der Stick-Slip-Effekt (von engl. stick „haften“ und slip „gleiten“) bzw. Haftgleiteffekt bezeichnet das Ruckgleiten von gegeneinander bewegten Festkörpern.
Inhaltsverzeichnis
Ursache
Der Effekt kann auftreten, wenn die Haftreibung größer ist als die Gleitreibung. Dabei üben gedämpft gekoppelte Oberflächenteile eine schnelle Bewegungsfolge aus Haften, Verspannen, Trennen und Abgleiten aus. Dies führt materialabhängig zur Anregung von Schwingungen, die von einer resonanzfähigen Oberfläche als Geräusch abgestrahlt werden. Der Effekt verschwindet zumeist, sobald die Reibpartner durch einen Zwischen- beziehungsweise Schmierstoff getrennt werden.
Mechanismus
V sei ein Linearantrieb (Kurbel mit Gewindespindel), R symbolisiert eine Federkonstante und M die auf einer Platte liegende Masse, welche durch den Antrieb horizontal bewegt wird.
Der Antrieb V führt dazu, dass die Feder R gespannt wird, bis die Federkraft die Haftreibungskraft der Masse M auf der Platte übersteigt und diese in Bewegung versetzt.
Dadurch sinkt der Reibwert vom höheren Haft- auf den Gleitreibwert, die Masse M wird durch die sich entspannende Feder so lange beschleunigt, bis die Federkraft kleiner als die Gleitreibkraft wird.
Hierauf beginnt der Prozess von Neuem.
Auswirkungen
Der Stick-Slip-Effekt ist in technischen Anwendungen häufig unerwünscht. Negative Einflüsse durch den Stick-Slip-Effekt können u. a. bei Lagern, Führungen in der Lineartechnik oder anderen Maschinenelementen beobachtet werden. Ist eine Abhilfe durch Schmierung nicht möglich oder sinnvoll, so kann dennoch durch eine schwingungsdämpfende Konstruktion oder die Wahl der Werkstoffe Einfluss genommen werden. Störgeräusche wie das Türknarzen oder- quietschen, Quietschen von Eisen- oder Straßenbahn bei Kurvenfahrt oder Bremsmanövern, Quietschen der Tafelkreide beim Schreiben an der Tafel, ratternde Scheibenwischer auf Autoscheiben oder das „Knarzen“ von Lederschuhen sind allgemein bekannte Folgen dieses Effektes.
Man kann dieses Phänomen aber auch in der Technik beobachten, z.B. in der Pneumatik. Hierbei tritt dies oft beim Ausfahren von Zylinderkolbenstangen auf. Dies ist der Fall, wenn die Steuerung über eine sogenannte Zuluft-Drosselung verfügt.
Allerdings kann der Stick-Slip-Effekt auch erwünscht sein. Bei Streichinstrumenten wie z. B. der Geige wird durch den Stick-Slip-Effekt zwischen Bogen und Saite letztere zum Schwingen angeregt. Kreide hinterlässt dadurch ihre Spur auf der Schultafel (weil beim Haften die oberste Kalkschicht abbricht und die Kalkschichten gegeneinander gleiten) – zuweilen mit quietschenden Nebengeräuschen.
Siehe auch
Literatur
- F.P. Bowden, D. Tabor: The Friction and Lubrication of Solids, Oxford University Press, 2001, 424 p, ISBN 0198507771.
- N.M. Kinkaid, O.M. O'Reilly, P. Papaclopoulos: Automotive disc brake squeal - Journal of sound and vibration, 2003, v. 267, Issue 1, pp. 105-166.
- K. Magnus, K. Popp: Schwingungen: eine Einführung in physikalische Grundlagen und die theoretische Behandlung von Schwingungsproblemen. Stuttgart, Teubner, 2005, 400 S.
- Bo N.J. Persson: Sliding Friction. Physical Principles and Applications. Springer, 2002, ISBN 3540671927.
- Valentin L. Popov: Kontaktmechanik und Reibung. Ein Lehr- und Anwendungsbuch von der Nanotribologie bis zur numerischen Simulation, Springer-Verlag, 2009, 328 S., ISBN 978-3-540-88836-9.
- Ernest Rabinowicz: Friction and Wear of Materials. Wiley-Interscience, 1995, ISBN 0471830844.
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