Strafzwecktheorie

Strafzwecktheorie
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Die Strafzwecktheorien beschäftigen sich mit der Legitimation und dem Sinn und Zweck (staatlichen) Strafens. Man unterscheidet zwei Arten von Strafzwecktheorien: absolute und relative Theorien. Im deutschen Strafrecht werden beide Strafzwecktheorien unter der Bezeichnung „Vereinigungstheorie“ berücksichtigt.

Inhaltsverzeichnis

Die absolute Straftheorie

Die absolute Theorie sucht nach keinem Strafzweck und ist deshalb absolut. Sie ist zweckfrei, da sie ihre Legitimation einzig und allein aus dem Grund (der Straftat) bezieht. Der Vorteil der absoluten Straftheorie ist, dass sich die Strafe nach der begangenen Tat richtet, frei nach dem Prinzip „Auge um Auge“. Dies kann richterliche Willkür verhindern. Jedoch fehlt der Aspekt der Resozialisierung und Prävention hier vollkommen. Die verhängte Strafe hindert den Täter nicht, weitere Straftaten zu verüben.

  • Die Vergeltungstheorie, unter anderem von Immanuel Kant vertreten, verfolgt einen anderen Ansatz: Sie möchte das durch die Handlung des Täters geschaffene Unrecht durch die Strafe aufwiegen, um die verletzte Rechtsordnung auf diese Weise wiederherzustellen. In ähnlicher Weise verstand Georg Wilhelm Friedrich Hegel die Strafe als „Negation der Negation“.
  • Die (veraltete) Sühnetheorie setzt die Täterpsychologie in den Mittelpunkt, der sich durch Buße wieder mit der Rechtsordnung versöhnen soll. Da Versöhnung allerdings Freiwilligkeit voraussetzt, ist fraglich inwieweit eine staatlich verhängte Strafe einen solchen freiwilligen Akt hervorrufen kann.

Die relative Straftheorie

Die relative Straftheorie hingegen ist präventiv orientiert und unterteilt sich in die Generalprävention und die Spezialprävention (auch: Individualprävention):

  • Die Generalprävention zielt auf die Gesellschaft ab und unterteilt sich weiter in positive und negative Generalprävention:
    • positiv: Die positive Generalprävention soll das Vertrauen der Gesellschaft in die Rechtsordnung stärken.
      • Kritik: Indem der Täter zum Mittel für gesellschaftliche Zwecke gemacht wird, wird seine Menschenwürde verletzt.
    • negativ: Die negative Generalprävention soll die Gesellschaft von der Begehung einer Tat abschrecken, indem ins Bewusstsein gerufen wird, welche Strafen folgen können (Anselm von Feuerbach).
      • Kritik: Es wird bezweifelt, dass härtere Strafen wirklich abschreckender wirken.
  • Die Spezialprävention zielt auf den Täter selbst ab und unterteilt sich ebenfalls in positive und negative Spezialprävention (Franz von Liszt):
    • positiv: Die positive Spezialprävention soll zur Besserung des Täters und seiner Resozialisierung führen. Positive Sanktionen sind z. B. Lob, Belohnung, Auszeichnung.
      • Kritik: Was ist mit völlig resozialisierten Tätern und mit Tätern, die sich nicht resozialisieren lassen?
    • negativ: Die negative Spezialprävention möchte die Allgemeinheit vor dem Täter schützen und den Täter durch Strafe davon abbringen, nochmals eine Tat zu begehen. Negative Sanktionen können z. B. sein: Tadel, Anzeige, Schmerzensgeld, Sicherungsverwahrung.
      • Kritik: Keine Begrenzung des Strafmaßes, so ist fragwürdig, inwieweit der Staat einen Täter über dessen -abgesessene- Strafe hinaus festhalten darf (Sicherungsverwahrung).

Geltendes Strafrecht und Realisierung in der Rechtsprechung

Es gibt seit Jahrzehnten immer wieder empirische Studien, die zu belegen vorgeben, dass Strafandrohung, Strafschwere und objektive Sanktionswahrscheinlichkeit praktisch keinen Einfluss auf das Begehen von Straftaten haben. Dabei wird oftmals übersehen, dass der Einfluss bei jenen Menschen signifikant ausfällt, deren Verhaltensbereitschaft auf ein niedriges Bestrafungsrisiko gerichtet ist, was aber bei soziologischen Untersuchungen nur schwer erfasst werden kann. Diese Studien werden unter anderem mit dem Ziel durchgeführt, dem Rechtsstaat eine Legitimation zur Ausfällung einer Kriminalstrafe zu liefern, dem vielleicht schwersten staatlichen Eingriff.

Die Vereinigungstheorien unterscheiden sich je nach persönlicher Schwerpunktsetzung (Franz von Liszt, Claus Roxin, Eberhard Schmidhäuser, Wolfgang Naucke etc.), wobei die vielleicht überzeugendste Theorie von Roxin stammt: Dabei wird die Strafdrohung des Gesetzes durch seine generalpräventive Wirkung, die Strafverhängung durch seine Vergeltungswirkung und der Strafvollzug durch die spezialpräventive Wirkung (Resozialisierung) gerechtfertigt.

In der Rechtsprechung zeigt sich in Anwendung des § 46 StGB eine Vereinigung dieser Theorien („Vereinigungstheorie“): So ist gemäß § 46 I Satz 1 StGB die Vergeltungstheorie grundlegend; nach Satz 2 desselben Paragraphen ist auch der Aspekt der positiven Spezialprävention zu berücksichtigen. § 47 I StGB stellt für den Ausnahmefall der Verhängung kurzer Freiheitsstrafen auch auf generalpräventive Wirkungen ab.

Anders im Jugendstrafrecht mit seinem pädagogischen Anspruch.

Literatur

  • Peter-Alexis Albrecht: Kriminologie. 2. Auflage, München 2002
  • Peter Zihlmann: Macht Strafe Sinn?. Zürich 2002, Vgl. www.peter.zihlmann.com
  • Helmut Ortner: Freiheit statt Strafe. Originalausgabe, Frankfurt/Main 1981

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