Systemtheorie (Regelungstechnik)

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Von der ingenieurwissenschaftlichen Systemtheorie werden Konzepte der Gesetzmäßigkeiten technischer Anordnungen abstrahiert. Die Systemtheorie ist eng verknüpft mit dem von Norbert Wiener geprägten Begriff der Kybernetik (Regelungstechnik).

Systeme unterschiedlichster Bereiche — beispielsweise mechanische, elektrische, biologische oder chemische Systeme — können von der konkreten Anwendung unabhängig mit denselben einheitlichen mathematischen Verfahren beschrieben werden. Ingenenieurwissenschaftliches Interesse gilt im Gegensatz zur geisteswissenschaftlichen Systemtheorie nicht Verkomplizierung, Diversifizierung und Personenkult, sondern einer Vereineinheitlichung und Elementarisierung, und damit einer Vereinfachung der Beschreibungs- und Rechenverfahren.

Inhaltsverzeichnis

Mathematische Basis

Differentialgleichungen werden verwendet, um kontinuierliche Systeme in ihrem zeitlichen Verhalten zu beschreiben (Zustandsraumdarstellung).

Mit Hilfe der Laplace- und Fouriertransformation können mathematische Modelle kontinuierlicher, linearer zeitinvarianter Systeme im Frequenzbereich aufgestellt werden (Übertragungsfunktionen).

Man kann auch Systeme behandeln, die in kurzen Zeitabständen regelmäßig abgetastet werden. Solche Abtastsysteme werden im Zeitbereich mit Differenzengleichungen modelliert (diskrete Zustandsraumdarstellung). Im Frequenzbereich wird die Z-Transformation eingesetzt, um diskrete Übertragungsfunktionen zu gewinnen.

Wenn ein System mehrere Ein- und Ausgänge hat, ist es ein Mehrgrößensystem. Um ein solches zu beschreiben, werden Vektor-Differentialgleichungen und - bei Abtastystemen - Vektor-Differenzengleichungen verwendet. Diese Gleichungen werden mit den Methoden der Matrizenrechnung behandelt.

Der wichtigste Teil der Systemtheorie ist die Theorie der linearen Systeme, die mathematisch besonders einfach ist. Bei linearen Systemen gilt das Superpositionsprinzip und das Verstärkungsprinzip. Daraus folgt beispielsweise unter schwachen Voraussetzungen, dass bei Eingabe eines sinusförmigen Signals am Ausgang wieder ein sinusförmiges Signal gleicher Frequenz erscheint, was es erlaubt, das lineare System im Frequenzbereich zu modellieren. Im Zeitbereich genügen im linearen Fall lineare Differentialgleichungen, um das System zu beschreiben.

Anwendung in der Regelungstechnik

Für die Regelungstechnik stellt die Systemtheorie mathematische Methoden zur Verfügung, die erlauben, die Wirkungen von Systemen aufeinander zu beschreiben und zu untersuchen. Besonders wichtig sind dabei geschlossene Wirkkreise, sogenannte Regelkreise. Diese sind unverzichtbare Bestandteile von modernen technischen Geräten, Maschinen und Anlagen und können mit Hilfe der Systemtheorie verstanden werden.

Anwendung in der Elektrotechnik

Eine Anwendung in der Elektrotechnik ist die Untersuchung elektrischer Netzwerke. Diese werden mit mathematischen Modellen abstrahiert und anschließend mit Methoden der Systemtheorie analysiert.

Beispiel

Einfache RC-Glied-Schaltung (Tiefpassfilter)

Es wird mit der Hilfe der Systemtheorie eine RC-Glied-Schaltung untersucht.

Maschengleichung:

Ue(t) − Ua(t) − UR(t) = Ue(t) − Ua(t) − Ri(t) = 0

Bauteilgleichung:

 i(t) = C\frac{dU_a}{dt}

Gruppierung:

 U_e(t) - U_a(t) - RC\frac{dU_a}{dt} = 0
 RC\frac{dU_a}{dt} = U_e(t)-U_a(t)
 \frac{dU_a}{dt} = \frac{1}{RC}U_e(t) -\frac{1}{RC}U_a(t)

Man findet eine Übertragungsfunktion mit Hilfe der Laplace-Transformation:

F(s) = \mathcal{L} \left\{f(t)\right\}=\int_{0^-}^\infty e^{-st} f(t) \,dt.
 \mathcal{L} \left\{ \frac{dU_a}{dt} \right\} = \frac{1}{RC}\mathcal{L} \left\{U_e(t)\right\} -\frac{1}{RC}\mathcal{L} \left\{U_a(t)\right\}
 sU_a(s) - U_a(0-) = \frac{1}{RC}U_e(s) - \frac{1}{RC}U_a(s)

Annahme: Stromfluss nur in der Zeit t > 0:

Ua(0) = 0
 sU_a(s) = \frac{1}{RC}U_e(s) - \frac{1}{RC}U_a(s)
 sU_a(s) + \frac{1}{RC}U_a(s) = \frac{1}{RC}U_e(s)
 (s + \frac{1}{RC})U_a(s) = \frac{1}{RC}U_e(s)
 U_a(s) = \frac{\frac{1}{RC}}{(s + \frac{1}{RC})}U_e(s)

Die Übertragungsfunktion ist:

 G(s) = \frac{\frac{1}{RC}}{(s + \frac{1}{RC})}

Um die gesamte Gleichung für Ua(s) lösen zu können, muss auch Ue(s) im Bildbereich der Laplace-Transformation beschrieben werden:

Ua(s) = G(s)Ue(s)
U_e(s) = \mathcal{L} \left\{1\right\}U_0
U_e(s) = \frac{1}{s}U_0
 U_a(s) = \frac{\frac{1}{RC}}{(s + \frac{1}{RC})}\frac{1}{s}U_0
 U_a(s) = \frac{\frac{1}{RC}}{s(s + \frac{1}{RC})}U_0

Damit die inverse Laplace-Transformation mit den bekannten Korrespondenztabellen durchgeführt werden kann, muss die Gleichung umgeformt werden. Dafür verwendet man hier bspw. die Partialbruchzerlegung:

 \frac{1}{s(s + \frac{1}{RC})} = \frac{A}{s + \frac{1}{RC}} + \frac{B}{s}

Man erkennt zwei einfache Nullstellen.

Das systematisch beschriebene RC-Glied ist ein einfacher Tiefpass 1. Ordnung. Diesen verwendet man beispielsweise in der Nachrichtentechnik um niedrige Frequenzen zu filtern.

Anwendung im Maschinenbau

Anwendung in der Verfahrenstechnik

Bezüge zu weiteren Gebieten

Die Systemtheorie der Ingenieurwissenschaften ist nicht nur auf technische Systeme anwendbar, sondern auch in verallgemeinertem Sinn gültig, siehe auch Systemtheorie im allgemeinen Sinne.

Siehe auch

Literatur

  • Rolf Unbehauen, Systemtheorie Bd. 1, 8. korr. Auflage, Oldenbourg 2002, ISBN 3486259997
  • Günter Ropohl, Eine Systemtheorie der Technik - Zur Grundlegung der allgemeinen Technologie, Carl Hanser Verlag 1979, ISBN 3-446-12801-8

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